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HASSFURT
Lachen, wo man weinen müsste
ger
 |  aktualisiert: 21.04.2013 17:20 Uhr

Claus von Wagner brachte es bei seinem Auftritt beim Kulturamt Haßfurt auf den Punkt: „Die Banken suchen nicht das passende Produkt für ihre Kunden, sondern den passenden Kunden für ihr Produkt.“ Treffsicher legt der Kabarettist in seinem Programm „Theorie der feinen Menschen“ den Finger in die Wunden, die die Finanzwirtschaft hinterlassen hat. Und das Publikum in der ausverkauften Rathaushalle lachte, obwohl es eigentlich den Saal mit seinen Tränen hätte fluten lassen müssen.

Den ganzen Abend lang spielte Claus von Wagner eine großartige Theaterrolle und gab seinem bösen und teils zynischen „Stück“ auch den passenden äußeren Rahmen: den Tresorraum der Deutschen Bank. Dort findet sich der Kabarettist als Claus Neumann für eine Nacht eingesperrt. In der Zeit bis zum automatischen Öffnen der Tür am nächsten Morgen möchte er eine Lobesrede auf seinen verstorbenen Vater, einen Wirtschaftsprüfer, schreiben. „Obwohl ich über Finanzmärkte und meinen Vater am wenigsten weiß.“

Während er die Korrespondenz seines Vaters mit dessen Geschäftspartner Dr. Gump sichtet, kommt er peu a peu dahinter, dass sich die beiden von einer Bank haben bestechen lassen. Im Gegenzug haben sie die Unbedenklichkeit einer Anlage bescheinigt, mit der die Anleger Milliarden verloren haben.

So ziehen sich die Machenschaften von Wirtschaftsprüfern und Banken, der unbändige Wille nach mehr Wachstum, die „Erfordernisse der Märkte“ und die Gier der Menschen nach Geld durch das Programm. „Es gibt die normale Welt und die Finanzwelt, die einen großen Einfluss auf unser Leben hat“, sagt von Wagner, und gleich darauf festzustellen: „Was für eine coole Sau, aber kühl im negativen Sinn, muss doch Angela Merkel sein, um den Leuten zu sagen: Das Geld der Kleinanleger ist sicher.“ Denn das Geld sei ja nur solange sicher, solange es nicht alle Anleger gleichzeitig von der Bank abheben wollten. „Früher hatte das Geld einen Gegenwert in Gold. Heute steht auf dem US-Dollar: In God we trust (Auf Gott vertrauen wir). Das ist dasselbe, als wenn man auf den Euro schreiben würde: Himmel, hoffentlich geht das gut.“ Für Claus von Wagner ist Geld „nicht viel mehr als eine Illusion“.

Ein großes Ärgernis sind für ihn Derivate: „Das ist die organisierte Suche nach dem größten Deppen“, schimpfte der Kabarettist, der die kompliziertesten Vorgänge in der Finanzwirtschaft immer wieder mit ganz einfachen, bildhaften Geschichten dem Publikum näherbrachte und Derivate mit Pferdewetten verglich. „Allerdings wissen Sie nicht, welches Pferd läuft, ob überhaupt ein Jockey darauf sitzt, wann es läuft, wohin es läuft oder ob es überhaupt läuft!“

Die Banken, die mit solchen Derivaten handeln, Zahlen „foltern“, bis sie der gewünschten Rendite entsprechen, die ihre Kunden so lange nerven, bis sie ihr Geld risikoreich anlegen, und Wirtschaftsprüfer dafür bezahlen, dass diese bestimmte Derivate als eine geeignete Geldanlage einstufen, nahmen ebenfalls einen breiten Raum an diesem Abend ein. „Wir sind das Plankton für die Kredithaie“, echauffierte er sich. Er macht sich für einen anderen Umgang mit Geld stark und gab am Ende keine Anlagetipps, „obwohl ich immer gerne danach gefragt werde“. Vielmehr hätte er alternative Banken empfehlen können – doch aus dem Publikum fragte niemand danach. So gab er seinen Zuhörern mit auf den Weg: „Gehen Sie am Montag in ihre Bank und fragen Sie dort laut: Wo ist mein Geld, wenn ich nicht da bin? Wenn Ihnen die Antwort nicht gefällt oder wenn Sie keine Antwort bekommen, wechseln Sie doch die Bank!“

 
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  • P. D.
    Zahlen zu OTC-Derivaten (unregulierte Over the Counter Geschäfte)
    [Querschüsse]

    Die Deutsche Bank selbst hat eine unglaublich aufgeblähte Bilanzsumme.
    Auf einen Euro Eigenkapital kommen beinahe 100 Euro Schulden.
    Von ihren Geschäftskunden wird (zu Recht) eine solide Eigenkapitalbasis
    von mind. 30% gefordert.

    Ex-IWF-Chefökonom hält Ackermann für gefährlich
    Scharfe Kritik am Deutsche-Bank-Chef: Der frühere IWF-Chefökonom Simon Johnson hält Josef Ackermann für "einen der gefährlichsten Bankmanager der Welt". Seine hohen Renditeziel ermögliche allein der deutsche Steuerzahler - weil er notfalls für eine Pleite des Riesengeldhauses hafte.
    [Manager Magazin]

    Eine globale Gefahr namens Deutsche Bank
    http://www.tagesschau.de/wirtschaft/banken294.html
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