Mit einem Marsch durch die Stadt und einer Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz haben am Samstagmittag rund 120 Teilnehmer für die Rechte der Kurden in der Türkei und Syrien demonstriert.
Bei der Veranstaltung des Kulturvereins Solidarität und Kurdistan-Komitees Schweinfurt sprach Jürgen Wilk von einem „Krieg der Erdogan-Administration gegen die kurdische Zivilbevölkerung“, der aufhören müsse. Der Demonstrationszug war von einem starken Polizeiaufgebot begleitet.
Dem 1990 gegründeten Kulturverein gehören überwiegend kurdische Mitglieder an. 2014 gründete sich wegen der Bedrohung der nordsyrischen Stadt Kobane durch den so genannten Islamischen Staat das Kurdistan-Komitee. Beide Gruppen stellten neben Akteuren von DKP, den Linken und der Antifa das Gros der Demonstranten.
Bei ihrem Zug vom Schillerplatz führten sie Plakate mit Aufschriften wie „Freiheit für Abdullah Öcalan“, „Keine Kriminalisierung von Kurden“ und „Weg mit dem türkischen Folterregime“ mit. Das provozierte Reaktionen von in Schweinfurt lebenden Türken, die ihren Unmut lautstark kundtaten. Einige versuchten, Zugteilnehmer zu attackieren. Die von Bereitschaftspolizei und Kripo unterstützte Schweinfurter Polizei, die den Zug mit 60 Beamten begleitete, verhinderte alle Kontaktversuche.
Drei Personen erhielten Platzverweise, vier wurden vorübergehend festgenommen, einer deshalb, weil die Polizei in seinem Rucksack 39 Feuerwerksköper fand.
Die beiden großen Schweinfurter türkischen Moscheen, Ditib und Fatih, hatten sich wegen der erwarteten verbalen Attacken gegen die türkische Regierung eine Gegendemonstration überlegt, auf diese aber in Absprache mit weiteren türkischen Vereinen verzichtet, um keine Gewaltakte zu provozieren. Das erklärten der Vorstandsvorsitzende der Ditib-Moschee, Yasin Yavuz, und die Vorstände der Fatih-Moschee, Ahmed Kacar und Mustafa Akin, bei einer Pressekonferenz am Freitag.
„Wir sind als türkische Gemeinde gegen jeglichen Terror“, sagte Yavuz. Er, der Imam (Prediger), Haydar Erkoc, und die Vertreter der Fatih-Moschee gaben der PKK die Schuld an der Eskalation in der Türkei. „Soll der türkische Staat tatenlos zusehen?“, fragte Yavuz. Akin und der Imam gaben auch der kurdischen Partei HDP wegen ihrer Nähe zur PKK eine Mitschuld an der Entwicklung. Sie habe das ihr entgegengebrachte Vertrauen verletzt, sagte Akin.
„Wir wollen hier in Schweinfurt friedlich miteinander leben“, sagte der Vorsitzende des größten Moscheevereins Ditib, Yasin Yavuz. Auch Wilk vom Kulturverein stellte seiner Rede auf dem Marktplatz voran, dass eine lokale Auseinandersetzung der Volksgruppen nicht Ziel der Kundgebung sei.
Dementsprechend forderte er die Bundesregierung und die EU-Staaten zu politischem Druck auf Erdogan auf, den Vernichtungskrieg gegen die kurdische Bevölkerung zu beenden. Eine Lösung des Kurdenproblems am Verhandlungstisch sei möglich gewesen, „die Chance hat die türkische Regierung vertan“.
Den syrischen Kurden widmete sich der zweite Redner, Oliver Wirz. Er befand sich als Aufbauhelfer im Oktober 2015 einige Zeit in der vom IS befreiten Stadt Kobane. Wirz kritisierte die Grenzschließungen und die Wende in der deutschen Flüchtlingspolitik, geißelte den sich verstärkenden Ausländerhass in Deutschland und bedauerte, dass letztes Jahr 137 Brandanschläge gegen Flüchtlingsheime verübt worden seien, es aber nur zwölf Anklagen gegeben habe. Erfreulich sei, dass die Mehrheit der Deutschen noch immer eine Willkommenskultur pflege und ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe aktiv sei.
Am Rand: Nach Polizeiangaben machten sich rund 20 Teilnehmer der Kundgebung nach deren Ende gegen 14.30 Uhr auf zu einem Infostand der AfD auf dem Georg-Wichtermann-Platz. Es kam zu einer Auseinandersetzung. Die Polizei musste zwei Personen in Gewahrsam nehmen. „Insgesamt verlief aber auch diese Veranstaltung ohne nennenswerte Zwischenfälle“, ist das Fazit der Polizei vom Samstag.