"Es ist ein schöner Termin", stellte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel in der Kunsthalle fest. In dem Fall bereitete ihm Schenken Freude: Der Bezirk hat der Kulturhochburg der Stadt 31 Kunstwerke aus der Sammlung des Jakob-Riedinger-Hauses in Würzburg überlassen. Die Bezirkseinrichtung für körperbehinderte Menschen ist umgezogen und konnte, auch aus konservatorischen Gründen, die durchweg hochkarätigen Sammlerstücke nicht mitnehmen. Nun wurden sie im Beisein von Oberbürgermeister Sebastian Remelé, Andrea Brandl, Leiterin der Kunsthalle, und Jan Soldin als deren wissenschaftlicher Mitarbeiter übergeben: bei einer kleinen "Ausstellung in der Ausstellung", umrahmt vom großstädtischen, "neusachlichen" Realismus des Berliner Malers Volker Stelzmann.
"Man hat Kunst als Verbesserung der Lebensqualität gesehen." Jan Soldin lobte den Ansatz des Jakob-Riedinger-Hauses, wo oft Menschen untergebracht sind, die durch Schlaganfälle oder Unfälle geistige Handicaps erlitten haben. Das Wohnpflegeheim ist 2019 umgezogen vom Frauenland in einen Neubau am Heuchelhof. Aber auch lokale Kunstschaffende wurden jahrzehntelang durch den Bezirk unterstützt mit Ankäufen: Abstraktes Nachkriegs-Informel, neofigurative Tendenzen, gesellschaftspolitische Themen und die "örtliche Avantgarde" der Kulturlandschaft Mainfranken – all das spiegelt sich in der Sammlung wider.
Kunst als geistiges (Über-)Lebensmittel: Das Thema war hochaktuell, zwischen neugierigen Besuchern der Stelzmann-Ausstellung, die das Zeitfenster nutzen wollten, in denen die Inzidenzwerte eine Museumsöffnung zulassen. Vier Künstler standen in der Halle für das große Ganze. Curd Lessig ist insgesamt mit drei Landschaftsgouachen vertreten. Der bildende Künstler (und Gründer des Berufsverbands Ober- und Unterfranken) hat viel zu Glasfenstern und Kirchenmalerei beigetragen.
Der Brückenschlag zwischen "Kunst und Kirche" ist ein Thema, das Andrea Brandl besonders am Herzen liegt. Herbert Holzheimer, ein Absolvent der Holzschnitzerschule Bischofsheim, ist für sie ein "Grenzgänger im Experimentieren", zwischen Malerei und Bildhauerei. Helmut Booz steuert abstrakte Blautöne bei, mit einer "Meditation in Reims", der Kathedralenstadt in der Champagne. Zwei Graphiken von Christian Mischke glänzen bei der Präsentation auf dem Glastisch. Der ehemalige Studienreferendar des Humboldt-Gymnasiums ist Dotzel besonders bekannt für seine Variationen übers Ginkgoblatt: Symbol des Überlebens und der Beständigkeit. Namen wie Herbert Janouschkowetz, Herbert Mehler oder Bruno Braun finden sich ebenfalls in der Sammlung.
Sebastian Remelé erinnerte an die traditionsreiche Zusammenarbeit zwischen Bezirk und Stadt: gerade in der Kulturförderung, mit Finanzhilfen, Sachspenden, dem Kooperationsnetzwerk "Kunst geht fremd". Nun darf sich das ehemalige Sachsbad über erneuten Kunstzuwachs freuen: "Für diese qualitätvolle Auswahl bleibt dem Bezirk nur zu danken". Ein gemeinsamer Rundgang durch die Ausstellungsräume schloss sich an.