
Die gute Nachricht: Es interessieren sich viele Menschen für das Thema interreligiöser Dialog. Es interessieren sich auch viele für die Frage, inwieweit Integration und Religion zusammengehören. Oder überhaupt für das Thema Integration oder für eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema Flucht und Asyl.
Die schlechte Nachricht: Es sind immer fast die gleichen Leute, die man bei solchen Veranstaltungen wie der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Wie kann interreligiöser Dialog gelingen?“ in der Rathausdiele trifft. Veranstalter sind das evangelisch-lutherische und das katholische Dekanat.
Wer aufgeschlossen und bereit ist, sich mit einem Thema auseinandersetzten, wer diskutieren will, nach Lösungen sucht, der geht logischerweise anders vor, als jemand, dem es um Hass und Vorurteile geht. Ohne die grundsätzliche Fähigkeit, andere Meinungen erstmal auszuhalten, wird es schwer, zum Dialog zu kommen.
Moderiert von Main-Post-Redakteur Mathias Wiedemann, entsteht ein Gespräch über Erfahrungen, Einschätzungen, Überzeugungen. Es diskutieren Gabriele Lautenschläger, Beauftragte für interreligiösen Dialog im Bistum Würzburg, Rainer Oechslen, Beauftragter für den interreligiösen Dialog und Islamfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, und die Juristin, islamische Theologin und Religionswissenschaftlerin Hamideh Mohagheghi, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Paderborn.
Empathie und Interesse fördern – schon bei Kindern, fordert Hamideh Mohagheghi. „Warum nicht alle paar Wochen interreligiösen Unterricht?“ Warum sich nicht mal in die Religion des anderen hineinversetzen mit der Gewissheit, wieder herauszukommen? Interkulturelle und interreligiöse kulturelle Kompetenz sind aber auch wichtig für Theologen, Lehrer und Erzieher.
Rainer Oechslen sieht einen grundsätzlichen Mangel an politischer Bildung. Gabriele Lautenschläger beobachtet, dass gerade Menschen, die selbst religiös entwurzelt sind, Probleme mit religiösen Menschen haben. „Diese Menschen sind durch das Fremde verunsichert.“
Bis die polnischen Zuwanderer im Ruhrgebiet dazugehört haben, hat es zwei Generationen gedauert, sagt ein Zuhörer. Wie kann ein aufeinander Zugehen in der Breite zustandekommen? Wie und wie schnell werden Flüchtlinge und Einheimische einander voll akzeptieren? Man brauche Lösungen, die schon in fünf Jahren wirken, glaubt der Fragesteller. „Wenn man die Frage so stellt, ist sie unlösbar“, antwortet Oechslen. „Pegida geht nicht weg, weil wir drüber schimpfen. Wir müssen was Positives dagegensetzen.“
„Die Flüchtlingsfrage ist ein Marathon, kein Sprint“, meint Gabriele Lautenschläger. „Warum sollen wir daran nicht wachsen, eine stärkere Identität finden für einen säkularen Staat?“ Jeder kleine Schritt ist wichtig, wenn er in die richtige Richtung geht, sagt Hamideh Mohagheghi. Sie bekommt viel Applaus, als sie sagt: „Wir müssen den neuen Menschen zeigen, wie es hier geht.“ Kulturelle Unterschiede müsse man klar ansprechen. „Als Mensch die Not der Menschen wahrnehmen, aber diese Menschen auch in die Pflicht nehmen“, fordert die gebürtige Iranerin. Das Schlimmste wäre, sie einfach rumsitzen zu lassen, ohne Perspektive.
Die Angst vor dem Fremden, ein Kulturschock-Gefühl: Das gibt es auf beiden Seiten, meint Lautenschläger. „Wir wollen gemeinsam unter den Bedingungen unseres Landes zusammenleben.“ Von Gabriele Lautenschläger, die als Kleinkind mit ihren Eltern aus der DDR geflohen ist, kommt ein schöner Satz: „Ich war mit vier Jahren ein Flüchtlingskind, Ich habe erfahren, wie das ist, wenn die Leute einen nicht wollen.“
„Es kommt doch alles auf den Einzelnen an“, fasst Mathias Wiedemann zusammen. Begegnungen, Menschen, die Brücken bauen können, sind wichtig, da sind sich alle einig. „Wir brauchen Orte, wo man einfach mal zwanglos zusammenkommen kann“, sagt Diakonie-Chef Jochen Keßler-Rosa.
Es wird schon viel getan, auch das wird deutlich. „Aber wir müssen noch mehr tun“, sagt Bürgermeisterin Sorya Lippert, selbst in der Flüchtlingshilfe engagiert.