In der Reihe „Kleine Stadtgeschichte“ des Regensburger Verlags Pustet ist eine Schweinfurter Ausgabe erschienen. Wir stellen das Buch abschnittweise in einer Serie vor. Folge 13: Krise und Boom III: Industriegeschichte 1945-1980, Teil eins. Zu 80 Prozent waren die Industrieanlagen nach dem Krieg zerstört. Die Alliierten verlangten Entschädigungen für die Kriegsverluste, wollten das militärische Potenzial der Deutschen vernichten. Demontage hieß das Zauberwort. Die Amerikaner waren der Meinung, Kugelfischer sei in Friedenszeiten entbehrlich. Das Unternehmen wurde deshalb zum Reparationsbetrieb erklärt. Der Maschinenpark sollte abgebaut und an die Siegermächte übergeben werden.
Das war ein Schock. Das Schicksal mehrerer tausend Arbeiter und ihrer Familien stand auf dem Spiel. Georg Schäfer und seine Mitarbeiter kämpften gegen dieses „Todesurteil“. Zwei Jahre lang war ungewiss, was mit Kufi passieren würde. Dann änderten die Amerikaner ihre Ansichten über den Wiederaufbau Westeuropas. Sie wollten Monopole verhindern. Ohne Kugelfischer hätte VKF eine Monopolstellung bekommen. Deswegen hielten die Amerikaner zwar an den Demontageplänen fest, gleichzeitig wurden VKF und andere verpflichtet, der Firma Maschinen zu überlassen, damit diese weiterproduzieren konnte.
Der Aufschwung, der nach dem Ende des Krieges einsetzte, fußte wesentlich auf Produktionsmethoden, die in den 1930-er Jahren und während des Krieges entwickelt worden waren. Das Know-how war noch da. Ein entscheidender Faktor beim Wiederaufbau. Die Mitarbeiter packten auch beim Aufräumen und Instandsetzen der Anlagen mit an. Da spielte es keine Rolle, dass die Unternehmen dafür kaum mehr als eine symbolische Entlohnung zahlen konnten.
Im Lauf des Jahres 1948 kehrten Willy Sachs und die Brüder Schäfer in ihre Firmen zurück. Nach dem Krieg waren wegen der NS-Verwicklungen bei F&S und Kugelfischer Treuhänder an die Stelle der Eigentümer getreten. Georg Schäfer übernahm wieder die Führung seiner Firma, Willy Sachs übernahm den Vorsitz im Aufsichtsrat. Auch offiziell hatten die Direktoren die Leitung des Unternehmens.
Die Schweinfurter Industrie war kriegswichtig gewesen. Wie sich zeigte, war der Bedarf an Wälzlagern, Motoren, Kupplungen und Stoßdämpfern auch in Friedenszeiten groß. Von 1949 bis 1953 verdreifachte sich der Umsatz auf 380 Millionen Mark. Schweinfurt galt als bester Devisenbringer Unterfrankens. Nach Wolfsburg war das Gewerbesteueraufkommen das zweithöchste in Deutschland. 18 000 Menschen arbeiteten 1953 in den drei Großbetrieben. Ende der 1960er-Jahre waren es 30 000. Es herrschte Vollbeschäftigung.
Gastarbeiter aus der Türkei und Südeuropa wurden angeworben, um den Arbeitskräftebedarf zu decken.
In der nächsten Folge geht es um die goldenen Jahre der Industrie und die wirtschaftswunderliche Lebensfreude.