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SCHWEINFURT
Krebs kann man nicht aushungern
Ursula Lux
Ursula Lux
 |  aktualisiert: 09.04.2017 03:28 Uhr

Was kann ich über das Schulmedizinische hinaus noch tun, um Krebs zu bekämpfen oder die Nebenwirklungen der Behandlung zu lindern? Diese Frage, so Psychoonkologin Doris Göb, sei bei ihr in der Psychosozialen Krebsberatungsstelle immer wieder Thema. Sie hat sich deshalb einen Fachmann zu Hilfe geholt. Dr. Christoph Stoll, Onkologe und Chefarzt in der Klinik Herzoghöhe Bayreuth, referierte vor über 50 Betroffenen über „Komplementärmedizin“.

Dabei stellte er von Anfang an einiges Wesentliche klar. Es gehe um Heilverfahren, die die schulmedizinische Behandlung begleiten und unterstützen, nicht um Alternativmedizin, die versuchen, die schulmedizinische Behandlung zu ersetzen. Und es gebe keine Patentrezepte, die Wirkungen seien je nach Krebsart sehr unterschiedlich. Was bei Brustkrebs helfe, könne bei einer anderen Art von Krebs sogar schädlich sein, so der Mediziner. Eine weitere Rolle spiele auch das Stadium der Erkrankung. Will jemand vorbeugen, ist der Krebs schon da, wie wird er gerade therapiert? Alles Fragen, die unbedingt mit dem behandelten Arzt besprochen werden müssten.

Dann präsentiert Stoll eine Komplementärmedizin, die wohl jeder kennt, die aber selten als „Medizin“ bezeichnet wird. „Das Beste, was man in jeder Situation tun kann, ist gesunde Ernährung und Bewegung.“ Bei Brustkrebs beispielsweise zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass eine fettreduzierte Ernährung nach der Primärtherapie das Risiko einer erneuten Erkrankung um 24 Prozent verringert. 30 Prozent der Krebserkrankungen wären durch eine vernünftige Ernährung wie beispielsweise die Mittelmeerküche vermeidbar.

Aber auch hier bezieht Stoll klar Stellung: „Es gibt keine Krebsdiät.“ Diese Diäten würden immer wieder propagiert, aber „man kann den Krebs nicht aushungern“, egal mit welcher Diät auch immer. Sein Unterstützungsmittel der Wahl ist eindeutig die Bewegung: „Jeder Schritt zählt.“ Bewegung verringert die Nebenwirkungen und verbessert das Überleben, propagiert der Arzt. Zwei Stunden zügiges Spazieren gehen pro Woche verringere die Sterblichkeit bei Brustkrebs nach zehn Jahren um 30 Prozent. „Das ist wissenschaftlich bewiesen, aber wir wissen nicht genau, warum“, erklärt Stoll. Auch schon während der Behandlung sei Bewegung das Mittel der Wahl, allerdings „nicht übertreiben“.

Je nach Allgemeinzustand müsse man eben langsam anfangen. Die Ausdauerbewegungen haben einen höheren Stellenwert, können aber durchaus mit Krafttraining unterstützt werden.

Die Mistel verbessert die Lebensqualität

Ein nach wie vor beliebtes Mittel zur Unterstützung der Krebsbehandlung ist die Mistel. Sie kommt aus der anthroposophischen Medizin des 19. Jahrhunderts und habe damals gegenüber anderen aggressiven Methoden durchaus ihre Berechtigung gehabt, so Stoll. Wissenschaftlich nachweisbar sei aber keine direkte Wirkung auf den Krebs. Zwar stimuliere die Mistel das Immunsystem, dies wirke sich aber nicht auf den Tumor aus und auch eine Verminderung der Nebenwirkungen sei nicht nachweisbar. Allerdings sorge die Mistel „vielleicht für eine Verbesserung der Lebensqualität“. Aber auch hier plädiert der Arzt dafür, dass Sport effektiver sei als die Mistel.

Stoll warnt auch vor Nahrungsergänzungsmitteln. Vitamine und Spurenelemente aus der Nahrung seien richtig und wichtig. Zugeführt durch Nahrungsergänzungsmittel seien sie jedoch meist wirkungslos, manchmal je nach Krebsart und Behandlungsstadium sogar gefährlich. Auch hier rät er zum Gespräch mit dem behandelten Arzt. Einzige Ausnahme: Vitamin D, dies sei bei antihormonellen Therapien, häufigen Kortisongaben und langen Zeitphasen ohne Bewegung und frischer Luft angezeigt. Auch bei den Nachwirkungen von Therapien empfiehlt der Onkologe eher natürliche Mittel: Joghurt gegen Durchfälle, Ingwer bei Übelkeit und Erbrechen, bei chronischer Erschöpfung Bewegungstraining, Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen Ölen und nicht aus der Kapsel sowie Ingwer. Vor dem in der Alternativmedizin empfohlenen Amygdalin warnt der Mediziner nachhaltig. Das Mittel ist auch als Vitamin B 17 im Handel. „Es gibt kein Vitamin B 17“, betont Stoll und mahnt: Das Amygdalin ist ein Blausäurederivat, das nicht nur die Tumorzellen schädigt. Es habe auch schon zu Todesfällen geführt. „Dinge, die nichts bringen, schaden höchstens ihrem Geldbeutel und Ihnen“, so sein Schlussappell.

 
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