Am letzten Wochenende des Autokino-Konzertsommers bekam Schweinfurt noch einmal hohen Besuch. Kool Savas, der "King" des Deutschraps gab sich auf der Bühne auf dem Volksfestplatz die Ehre. Als graue Eminenz des Genres schwebt der 45-Jährige etwas über den Dingen. Während jüngere Kollegen oft mit einer kriminellen und gefährlich anmutenden Attitüde und diskriminierenden Texten um Aufmerksamkeit buhlen, macht Savas einfach sein Ding. Aus der Ruhe scheint ihn nach über zwei Jahrzehnten Hip-Hop ohnehin nichts mehr zu bringen. Außer vielleicht der Volksfestplatz bei über 30 Grad Hitze. "Ich hätte lieber Regen", sagt er vor dem Auftritt hinter der Bühne. Scherzhaft war diese Aussage nicht gemeint. Der gebürtige Aachener wirkte ein wenig wie ein Eisbär, den man in die Wüste geschleppt hat.
Aber es gab ja einen Job zu erledigen. Und dann war er voll da. Hitze hin, Hitze her. Um die 130 Autos standen fein aufgereiht vor der Bühne und den zwei riesigen Videoleinwänden. "Seid ihr eigentlich auch Oberfranken?", fragte er das Publikum. Aus dem Gemurmel aus den Autos wurde der Künstler nicht unbedingt schlauer. "Wir sind Franken. Das ist am wichtigsten.", lautete Kool Savas' Resümee zum kurzen Geographie-Crashkurs. Das "wir" ist begründet. Dem Deutschrapper gehört ein Bauernhaus in der Nähe von Bamberg. Dort zieht er sich, wie derzeit auch wieder, seit Jahren regelmäßig zurück, um in seinem Studio vor Ort Musik aufzunehmen. Mittlerweile habe er sogar angefangen "Franke zu werden", findet er: "Ich esse Obazda, Brezel, Weckla. Alles was so dazugehört." Das rollende "R" würde auch bald noch dazukommen, kündigt er an: "Dann muss ich jeden Song noch einmal aufnehmen".
Auch ohne rollendes "R" bot der Wahl-Franke seinen Fans ein starkes Programm, querbeet durch die eigene Discographie. Seine letzten drei Alben wurden jeweils Nummer-eins-Hits in den deutschen Charts. Auch das kommende Album, das in dieser Woche veröffentlicht wird, soll wieder ganz oben in den Hitlisten angreifen.
Noch lange bevor er für die Hip-Hopper zum "King" und für unzählige junge Musiker zum Vorbild wurde, stand schon einmal Schweinfurt auf seiner Tour-Kalender. Vor 20 Jahren soll das gewesen sein, so seine Erinnerungen, die er am Freitagabend mit seinen Fans teilte. An den "miesesten Punker-Backstage" erinnert er sich, genauso wie an einen Angriff von "Leuten aus München" auf seine Crew. "Die haben meine Texte damals zu ernst genommen", erzählt er und lacht. Diesmal, bei seinem dritten Auftritt in Schweinfurt, blieb alles friedlich.
Den Titel "King of Autokinos" holt er jedenfalls nicht
Kool Savas zeigte auf der Bühne, warum er immer noch den Thron im deutschen Rap für sich beansprucht. Darauf, dass direkt vor ihm keine verschwitzte Menge, sondern in weitem Abstand nur etliche Blechkarossen standen, ging er nur beiläufig ein. Ansprüche auf den Titel "King der Autokinos" meldete er mit seiner Show auf dem Volksfestplatz jedenfalls nicht an. Einem Rapper der alten Schule werden es die Zuschauer verzeihen, dass er sich nur bedingt auf die neuen Gegebenheiten einlässt.
Blinker links, Blinker rechts, Warnblinklicht an, Scheibenwischer an – solche Kommandos kamen Kool Savas nicht über die Lippen. Das durfte auch niemand ernsthaft erwartet haben. "Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ihr trotz Kurzarbeit euer hart erarbeitetes Geld für das Konzert ausgegeben habt", sagt er zum Abschluss: "Hoffentlich stirbt von uns keiner dieses oder nächstes Jahr. Nächstes Mal komme ich hoffentlich wieder unter normalen Umständen nach Schweinfurt-City." Vielleicht dann sogar mit einem rollenden "R".