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Röthlein
Knapp 600 Unterschriften gegen die geplante Gestaltungssatzung für die Altorte
Die Röthleiner Dorfstraße ist eine der Straßen, deren Anwohner von der geplanten Gestaltungssatzung betroffen wären. Die formulierten rechtsverbindlichen Auflagen darin gefallen vielen betroffenen Eigentümern nicht, und so läuft aktuell eine Petition dagegen.
Foto: Daniela Schneider | Die Röthleiner Dorfstraße ist eine der Straßen, deren Anwohner von der geplanten Gestaltungssatzung betroffen wären.
Daniela Schneider
 |  aktualisiert: 02.03.2024 02:46 Uhr

Der Sitzungssaal ist voll, es brodelt in der Großgemeinde. Der Ärger über die geplante Gestaltungssatzung für die Altorte in allen drei Gemeindeteilen ist groß. Aktuell läuft eine Petition gegen das Vorhaben, und so ist die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange vor dem finalen Satzungsbeschluss ersteinmal auf Eis gelegt, wie Bürgermeister Peter Gehring in der letzten Gemeinderatssitzung verkündete.

Doch worum geht es? Seit einigen Jahren läuft in allen drei Ortsteilen ein städtebaulicher Prozess zur Dorfentwicklung. 2022 wurde nach intensiver Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger das "Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept" (ISEK) auf den Weg gebracht. Anschließend legte der Gemeinderat aufgrund der analysierten städtebaulichen Mängel in den Ortskernen Sanierungsgebiete fest, um im Rahmen der Städtebauförderung Voraussetzungen für Zuschüsse und steuerliche Vorteile zu schaffen – für gemeindliche Maßnahmen, aber auch für Privatleute.

Bis dato regelt das Bauen in den Altorten der Paragraf 34 des Baugesetzbuches unter dem Aspekt, dass sich Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, vorausgesetzt das Einvernehmen der Gemeinde wird erteilt.

Im April 2023 entschied der Gemeinderat dann, zukünftige Baumaßnahmen in den nochmals modifizierten Sanierungsgebieten mit Blick auf die Erhaltung des jeweiligen typischen Ortsbildcharakters per Kombination aus Gestaltungssatzung und Leitfaden zu regeln. Die Ausformulierungen für beide Gestaltungsinstrumente fand, kontrovers diskutiert, in mehreren öffentlichen Ratssitzungen statt; der finale Satzungsbeschluss steht noch aus – momentan ruht der Prozess.

Fassadenfarbe, Fenster- und Hoftorgestaltung

Das Vorhaben hat Brisanz, wie sich nun zeigt, regelt doch die Gestaltungssatzung ab Inkrafttreten rechtsverbindlich die in ihr festgelegten Maßnahmen. In Röthlein sind das unter anderem die Fassadenfarbe, die Fenster- und Hoftorgestaltung. Der Leitfaden dagegen beinhaltet unverbindliche Empfehlungen, deren Umsetzung freiwillig, aber zuwendungsfähig ist.

Das gefällt vielen Eigentümern nicht, und so läuft seit dem 5. Februar eine Petition, die zeigt: weder die Initiatoren noch die mittlerweile knapp 600 Unterzeichnenden wollen eine Gestaltungssatzung, die ihnen rechtsverbindlich vorschreibt, wie sie im Altort zukünftig zu bauen haben.

In der Petition heißt es: "Wir fühlen uns übergangen und nicht zeitnah und umfassend über die geplanten Eingriffe in unser Eigentum informiert" – eine Meinung, die in den aktuell 119 Kommentaren der Petition aus allen drei Ortsteilen vielfach geteilt wird. Viele befürchten dazu, dass das Bauen im Altort nun unattraktiv wird, potenzielle Bauinteressierte durch die eng gestrickte Gestaltungssatzung abgeschreckt werden – es wird gar über den "Untergang des Alt-Dorfes", spekuliert.

Von Bürokratie und Vorschriftenwahn ist die Rede, bis hin zu der Feststellung, "dass Röthlein kaum historischen Altort hat". Kritisiert wird in der Petition auch, dass es erst eine Bürgerversammlung zu dem Thema geben soll, wenn die Gestaltungssatzung endgültig verabschiedet ist.

Unverbindlicher Leitfaden wird favorisiert

Der unverbindliche Leitfaden mit Altortförderung und Sanierungsanreizen wird dagegen durchweg favorisiert und im Flyer als echte Win-win-Situation für alle, in den Kommentaren als "bürgernah und zeitgemäß" beschrieben, weil Entscheidungen nicht einschränkt, sondern flexible Gestaltungen erlaubt wären. Schließlich, schreiben viele Kommentatoren, muss für Baumaßnahmen viel Geld investiert werden, und da möchte man über die "Gestaltung von Haus und Grundstück" selbst frei entscheiden dürfen.

Der Bürgermeister hält im gemeindlichen kostenlosen Amtsboten und auch in der letzten Gemeinderatssitzung dagegen. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, nicht genügend informiert zu haben, verweist auf mehrere öffentliche Sitzungen in 2023 und den Ortsspaziergang durch Heidenfeld im letzten August mit Bürgern, Gemeinderat und Fachplanern, dazu listet er Artikel in der Main Post und im Amtsboten auf.

Das Ratsgremium, stellt Gehring noch einmal klar, hat sich lange und kritisch mit dem Thema auseinandergesetzt, "werde und muss aber die Petition als Bürgerantrag ernst nehmen". Er kritisiert aber auch, dass der an etwa 1500 Haushalte verteilte, mit "reißerischer" Überschrift versehene Flyer weder "Ross noch Reiter" nenne. Tatsächlich findet man die Angaben zu den Initiatoren erst, wenn man den QR-Code oder die Webadresse der Online-Petition anklickt. Zudem wird eine Hausnummer in der Röthleiner Hauptstraße als Briefkastenadresse genannt, für alle, die den Flyer "analog" abgeben wollen.

Doch wie geht es weiter? Es wird wohl weitere Gespräche geben, dazu kündigte Bürgermeister Gehring an, dass er drei ehemalige Gemeinderäte zu Beratungen mit ins Boot nehmen werde, die in den Sanierungsgebieten Eigentum besitzen und langjährige Erfahrungen mitbringen.

Noch hoffen alle Parteien, dass es einen für alle tragbaren Kompromiss gibt. Wie der aussehen soll, werden die nächsten Wochen zeigen.

 
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