Der Klimawandel mit Hitzewellen und Starkregen-Ereignissen macht sich im Landkreis Schweinfurt besonders bemerkbar. Landwirte kämpfen mit der Trockenheit. Einen Beitrag, den Boden dauerhaft besser dafür zu wappnen und gleichzeitig das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Atmosphäre im Boden zu binden, liefert Terra Preta. Die Schwarze Erde, die schon die Amazonas-Indianer kannten, wird von der jungen Firma Terra Magica mit Sitz in Grafenrheinfeld produziert und vertrieben. Mit dem Ziel einer großen Anlage in der Region.
Das "schwarz" im Namen verdient diese Erde tatsächlich. Schließlich ist der Boden mit Pflanzenkohle, also Holzkohle, und mit Kompost versetzt, was die Farbe der humusreichen, konzentrierten Mischung erklärt.
Faszinierendes Thema Pflanzenkohle
"Das Thema Pflanzenkohle war für mich einfach faszinierend", blickt Gunter Häckner zurück auf die Firmengründung 2018 im Schweinfurter Gründerzentrum Gribs. Die vielen positiven Eigenschaften beeindruckten den Elektroingenieur, der sich schon jahrzehntelang mit erneuerbaren Energien beschäftigt, unter anderem Vorstand der Energiegenossenschaft Oberes Werntal ist und in der Umweltbildung tätig war.
"In Südamerika ist Terra Preta als altes Wissen verewigt", so der Oberwerrner. "Aber auch deutsche Bodenkundler haben sich mittlerweile wissenschaftlich damit beschäftigt".
Pflanzenkohle ist aufgrund ihrer besonders porösen Struktur in der Lage, wie ein Schwamm bis zur fünffachen Menge ihres Eigengewichtes an Wasser und den darin gelösten Stoffen aufzunehmen und zu halten. In der Terra Preta-Mischung ist sie dafür verantwortlich, dass weniger mineralische und organische Nährstoffe aus dem Boden ausgewaschen werden, daher beispielsweise auch weniger Nitrat ins Grundwasser gelangt. Gemischt mit der kompostierten Biomasse entsteht ein humusreicher, konzentrierter Bodenverbesserer, noch dazu ein torffreier.
Wissenschaftlich in Studien nachgewiesen ist von Terra Preta die Wasserhaltekapazität, die Anhebung des pH-Wertes des Bodens, die geringe Nährstoffauswaschung und die Wuchsverbesserung, fasst Häckner zusammen.
Noch wichtiger ist für ihn aber der Aspekt, dass die "Schwarze Erde" Kohlendioxid dauerhaft im Boden bindet. Damit könne sie einen Beitrag zur Senkung des CO²-Gehalts in der Atmosphäre leisten, könne einen Baustein zum sogenannten "Klimaschutz 2.0" darstellen.
Aufbauend auf den Vorarbeiten des früheren Firmenbesitzers lassen Gunter Häckner und sein Mitgesellschafter Norbert Schmäling, der Gartenpraktiker im Team, nach eigenem Rezept die Terra Preta mit Kompost aus einer regionalen landwirtschaftlichen Anlage sowie mit Pflanzenkohle mischen. Ein Lager wurde dafür Mitte 2019 in einer Halle in Grafenrheinfeld angemietet.
Die Pflanzenkohle wird derzeit allerdings aus Ostbayern geliefert. "Weil es hier noch keine große Pyrolyseanlage gibt". Diese zu errichten ist eines von Häckners Zielen.
Kohle muss schadstofffrei sein
Die Kommunen hätten in der Regel den Zugriff auf große Grüngutmengen, erläutert er. Aber die Pflanzenkohle, die man im großen Stil für die Terra Preta produzieren müsste, habe in der Herstellung einen gewissen Preis. Denn man brauche dazu die Anlagentechnologie mit Investitionskosten im einstelligen Millionen-Bereich.
Auch die Kosten für den Eingangsstoff müssten hinzugerechnet werden. "Wir wollen ja kein belastetes Billigholz aus Osteuropa". Wenn Kohle in den Boden komme, müsse sie schadstofffrei sein, dokumentiert und zertifiziert. Der Kunde wolle Sicherheit haben.
Käfer- und Schadholz, wie es derzeit in Unmengen anfalle, wäre eigentlich gut zu verwenden. Und den Forstbesitzern in ihrer verzweifelten Situation wäre geholfen. "Aber es gibt nicht genügend Anlagen", konstatiert der Geschäftsführer. Und: Man müsse auch einen Absatzmarkt schaffen.
Pflanzenkohle wird durch Pyrolyse von organischem Material bei hohen Temperaturen und unter Ausschluss von Sauerstoff gebildet. Dabei wird Energie erzeugt, umweltschonend und sogar "kohlenstoff-negativ". Neben CO² werden dabei auch weitere klimaschädliche Gase reduziert.
Wärme und Strom
Eine große Pyrolyseanlage erzeugt große Mengen Wärme, eine sogenannte Holzvergasungsanlage darüber hinaus auch Strom. "Man braucht einen passenden Abnehmer dazu", weiß Häckner. Er verweist auf das Beispiel Stockholm, das auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt ist, inklusive Kreislaufgedanke und Wertschöpfung in der Region. Seit Jahren werde Terra Preta bei den Stadtbäumen der Erde beigefügt, mit großem Wachstumserfolg. Für die städtische Pyrolyseanlage werde eigenes Grüngut verwendet, die entstehende Wärme ins Fernwärmenetz eingespeist.
Auch wenn CO²-Speicherung im Boden als Möglichkeit eines "Klimaschutzes 2.0" gewürdigt wird, für Häckner ist dennoch der "Klimaschutz 1.0" vorrangig: Weniger Energie verbrauchen.