
Das Weinjahr 2021 bescherte den Winzerinnen und Winzern in der Region bis dato vor allem eines: viel Arbeit. Umso wichtiger ist es, in den nächsten Wochen den richtigen Zeitpunkt für das Einfahren der Ernte abzupassen.
Der Fränkische Weinbauverband erwartet eine normale Menge. Die prognostizierten kühlen Nächte vor der Lese seien optimal für frische, feinfruchtige Frankenweine mit ausgeprägtem Aromen- und Säurespiel, wie der Verband auf Anfrage der Main-Post mitteilt. "Wir erwarten einen Weinjahrgang ganz im Sinne der Weingenießer. Besonders beim Silvaner rechnen wir mit einer sehr guten Qualität", betont Frankens Weinbauverbandspräsident Artur Steinmann.
Schwierigkeiten beim Pflanzenschutz
Während die vergangenen Jahre zumeist von Trockenheit geprägt waren und der Ernteerfolg mitunter auch von externer Bewässerung entscheidend beeinflusst wurde, mangelte es heuer durch die vielen Regentage nicht an der natürlichen Wasserversorgung der Rebstöcke. Allerdings bestätigen alle befragten Winzerbetriebe einen hohen Aufwand beim Pflanzenschutz. Die besondere Schwierigkeit habe darin gelegen, die nur kurzen Zeitfenster zwischen den Regentagen dafür zu treffen, erklärte Winzer Martin Mößlein aus Zeilitzheim. Seinem Vater Reiner, dem Senior-Chef im Weingut Mößlein, sei dies nicht zuletzt aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Weinbau mit seinen Mitarbeitern bestens gelungen, sagte er stolz.

Die Dauerbegrünung und eine Saat-Blühmischung je Zeile im Wechsel regulierten den Wasserhaushalt und sorgten überdies dafür, dass ein gefahrloses Befahren der Weinberge ohne Erosion, sowie auch ohne Bodendruck und Verdichtungen trotz der Feuchtigkeit jederzeit möglich war, so Mößlein im Rückblick.

Hoher Infektionsdruck
"So willkommen wie die ausgiebigen Niederschläge dieses Jahres zum Auffüllen der Wasserreserven in den Weinbergsböden waren, so problematisch waren sie für die Gesunderhaltung der Rebe", schreibt das Deutsche Weininstitut (DWI) auf seiner Homepage. Die außergewöhnlich feuchte Witterung hätte einen enormen Infektionsdruck durch den "Falschen Mehltau" (Peronospora) mit sich gebracht, was in allen Anbaugebieten auch zu merklichen Schäden führte und Ertragseinbußen zur Folge haben wird.

Der Fränkische Weinbauverband erkannte durch das viele Wasser allerdings auch noch einen positiven Nebeneffekt: die große Zahl an blühenden Pflanzen im Weinberg hätte mit Sicherheit der Biodiversität gedient, heißt es dort. Der Silvaner als Frankens Leitrebsorte habe einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er ein Klimagewinner ist und deshalb besonders gut zu seiner Heimat passt, so der Pressereferent des Verbandes, Michael Bock. Denn nachdem er in der Vergangenheit schon die trockenen Sommer mit viel Sonne im Vergleich zu anderen Rebsorten fast problemlos vertragen hatte, konnte er jetzt auch mit viel Regen und hoher Feuchtigkeit im Boden außerordentlich gut umgehen. Der Silvaner zeigt sich also witterungsunabhängig und -resistent.
Viel Handarbeit
Dies erfreut auch den jungen Winzer Julian Ziegler aus Stammheim, der nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung zum Weintechniker Mitte des vergangenen Jahres in den Familienbetrieb eingestiegen ist. Er und sein Vater Christian konnten so mit vereinten Kräften die hohe Arbeitslast in diesem Jahr noch gut bewältigen. In seinem Lieblingsweinberg auf dem Eselsberg oberhalb des Mains hat er die Trauben mit großem Aufwand per Hand geteilt, damit sie noch lockerbeeriger hängen und die Rebe ihre ganze Kraft, die Nähr- und Aromastoffe konzentrieren kann. Seinen ersten eigenen "Top-Silvaner" will er schließlich im Holzfass ausbauen. Möglichst drei Wochen wolle er die Trauben noch hängen und reifen lassen, so Ziegler. Oberstes Gebot sei für ihn die "Traubengesundheit". Je nach Witterung könnte die Lese unfreiwillig vorgezogen werden müssen, was sich aktuell aber noch nicht absehen lasse, sagte er.
Nicht so sehr das Mostgewicht, sondern vielmehr das Aroma und die Säure seien ausschlaggebend für den Lesezeitpunkt, erklärte Winzer Florian Loos aus Dingolshausen seine Philosophie. "Auf Grund der biologischen Bewirtschaftung sind unsere Beeren auch nicht zu prall gefüllt, so dass wir keine Angst vor Fäulnis durch gegenseitiges Abdrücken der Beeren haben", so Loos. Das Tageszeitenklima (tagsüber recht heiß und nachts angenehm kühl) sei diesbezüglich besonders entscheidend. "Sehr zufrieden" ist man im Dingolshäuser Weingut daher aktuell mit der Reife der Beeren und hat deshalb schon die ersten Trauben geerntet. Alle Weinfreunde könnten sich auf einen "fruchtigen Jahrgang" freuen, kündigt Florian Loos an.
Sehr wuchskräftige Reben
Aufgrund des vielen Regens seien die Reben sehr wuchskräftig, "was ein erhöhtes Arbeitsaufkommen in Regenpausen erforderte", so der Rückblick aus dem Weingut Barth aus Michelau, wo man zeitweise mit 17 Personen zum Helfen im Weinberg im Einsatz war. "Durch Zusammenspiel von Strategie, Nachtarbeit und dem Anbau von resistenten Rebsorten konnten wir den Schaden durch die Peronospora bis auf zwei Weinberge im Steilhang in Schach halten", so Brigitte Barth.

Nach den erheblichen Frostschäden bei der letzten Ernte wird der 2021-er Jahrgang im Weingut Barth schon bald für die Vermarktung benötigt. Ähnlich geht es auch vielen anderen Betrieben, die ihre Reserven längst aufgebraucht haben. Im Weingut Loos rechnet man heuer sogar mit dem doppelten Ertrag im Vergleich zum Vorjahr.