zurück
Zeilitzheim
Klimagewinner Silvaner trotzt jeder Witterung
Vom Steigerwald bis hinunter zur Mainschleife: die Winzer stehen für die Weinlese in den Startlöchern. Ein Rückblick auf ein äußerst arbeitsreiches Jahr.
Mit dem Refraktometer bestimmt Julian Ziegler das Mostgewicht der Trauben in Oechsle, um dann letztendlich den besten Termin für die Lese zu finden. Die Silvaner-Träubel in der Steillage am Stammheimer Eselsberg mit Blick auf den Main will er möglichst noch drei Wochen hängen lassen, um ihnen von der Spätsommersonne noch den letzten Schliff mitgeben zu lassen.
Foto: Dominik Dorsch | Mit dem Refraktometer bestimmt Julian Ziegler das Mostgewicht der Trauben in Oechsle, um dann letztendlich den besten Termin für die Lese zu finden.
Dominik Dorsch
Dominik Dorsch
 |  aktualisiert: 22.09.2021 03:08 Uhr

Das Weinjahr 2021 bescherte den Winzerinnen und Winzern in der Region bis dato vor allem eines: viel Arbeit. Umso wichtiger ist es, in den nächsten Wochen den richtigen Zeitpunkt für das Einfahren der Ernte abzupassen.

Der Fränkische Weinbauverband erwartet eine normale Menge. Die prognostizierten kühlen Nächte vor der Lese seien optimal für frische, feinfruchtige Frankenweine mit ausgeprägtem Aromen- und Säurespiel, wie der Verband auf Anfrage der Main-Post mitteilt. "Wir erwarten einen Weinjahrgang ganz im Sinne der Weingenießer. Besonders beim Silvaner rechnen wir mit einer sehr guten Qualität", betont Frankens Weinbauverbandspräsident Artur Steinmann.

Schwierigkeiten beim Pflanzenschutz

Während die vergangenen Jahre zumeist von Trockenheit geprägt waren und der Ernteerfolg mitunter auch von externer Bewässerung entscheidend beeinflusst wurde, mangelte es heuer durch die vielen Regentage nicht an der natürlichen Wasserversorgung der Rebstöcke. Allerdings bestätigen alle befragten Winzerbetriebe einen hohen Aufwand beim Pflanzenschutz. Die besondere Schwierigkeit habe darin gelegen, die nur kurzen Zeitfenster zwischen den Regentagen dafür zu treffen, erklärte Winzer Martin Mößlein aus Zeilitzheim. Seinem Vater Reiner, dem Senior-Chef im Weingut Mößlein, sei dies nicht zuletzt aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Weinbau mit seinen Mitarbeitern bestens gelungen, sagte er stolz.

Auch wenn für die Weinerzeuger das Jahr kein einfaches war, blicken sie erwartungsfroh dem Jahrgang 2021 entgegen. In vielen Betrieben sind die Reserven aufgebraucht. Vielerorts, wie hier am Zeilitzheimer Heiligenberg, ist eine gute Ernte zu erwarten.
Foto: Dominik Dorsch | Auch wenn für die Weinerzeuger das Jahr kein einfaches war, blicken sie erwartungsfroh dem Jahrgang 2021 entgegen. In vielen Betrieben sind die Reserven aufgebraucht.

Die Dauerbegrünung und eine Saat-Blühmischung je Zeile im Wechsel regulierten den Wasserhaushalt und sorgten überdies dafür, dass ein gefahrloses Befahren der Weinberge ohne Erosion, sowie auch ohne Bodendruck und Verdichtungen trotz der Feuchtigkeit jederzeit möglich war, so Mößlein im Rückblick.

In den Weinbergen des Weingutes Mößlein hat sich das Begrünungsmanagement zwischen den Zeilen in diesem Jahr wieder voll ausgezahlt. Trotz der häufigen Feuchtigkeit konnten die Flächen wie hier am Zeilitzheimer Heiligenberg gefahrlos mit dem Traktor befahren werden.
Foto: Dominik Dorsch | In den Weinbergen des Weingutes Mößlein hat sich das Begrünungsmanagement zwischen den Zeilen in diesem Jahr wieder voll ausgezahlt.

Hoher Infektionsdruck

"So willkommen wie die ausgiebigen Niederschläge dieses Jahres zum Auffüllen der Wasserreserven in den Weinbergsböden waren, so problematisch waren sie für die Gesunderhaltung der Rebe", schreibt das Deutsche Weininstitut (DWI) auf seiner Homepage. Die außergewöhnlich feuchte Witterung hätte einen enormen Infektionsdruck durch den "Falschen Mehltau" (Peronospora) mit sich gebracht, was in allen Anbaugebieten auch zu merklichen Schäden führte und Ertragseinbußen zur Folge haben wird.

Der „Falsche Mehltau“, auch Peronospora genannt, ist eine häufig auftretende Pilzkrankheit, welche sich auf der Blattoberseite der Weinreben zeigt und auch auf die Trauben übergehen kann. Die Blätter färben sich braun bis grau und sterben nach und nach ab. Vorbeugend oder spätestens mit Befall muss verstärkt Pflanzenschutz betrieben werden, um Ernteausfälle zu vermeiden. Hier im Bild wurde gerade noch rechtzeitig gehandelt, sodass sich die Ausbreitung des Pilzes in Grenzen hielt.
Foto: Dominik Dorsch | Der „Falsche Mehltau“, auch Peronospora genannt, ist eine häufig auftretende Pilzkrankheit, welche sich auf der Blattoberseite der Weinreben zeigt und auch auf die Trauben übergehen kann.

Der Fränkische Weinbauverband erkannte durch das viele Wasser allerdings auch noch einen positiven Nebeneffekt: die große Zahl an blühenden Pflanzen im Weinberg hätte mit Sicherheit der Biodiversität gedient, heißt es dort. Der Silvaner als Frankens Leitrebsorte habe einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er ein Klimagewinner ist und deshalb besonders gut zu seiner Heimat passt, so der Pressereferent des Verbandes, Michael Bock. Denn nachdem er in der Vergangenheit schon die trockenen Sommer mit viel Sonne im Vergleich zu anderen Rebsorten fast problemlos vertragen hatte, konnte er jetzt auch mit viel Regen und hoher Feuchtigkeit im Boden außerordentlich gut umgehen. Der Silvaner zeigt sich also witterungsunabhängig und -resistent.

Viel Handarbeit

Dies erfreut auch den jungen Winzer Julian Ziegler aus Stammheim, der nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung zum Weintechniker Mitte des vergangenen Jahres in den Familienbetrieb eingestiegen ist. Er und sein Vater Christian konnten so mit vereinten Kräften die hohe Arbeitslast in diesem Jahr noch gut bewältigen. In seinem Lieblingsweinberg auf dem Eselsberg oberhalb des Mains hat er die Trauben mit großem Aufwand per Hand geteilt, damit sie noch lockerbeeriger hängen und die Rebe ihre ganze Kraft, die Nähr- und Aromastoffe konzentrieren kann. Seinen ersten eigenen "Top-Silvaner" will er schließlich im Holzfass ausbauen. Möglichst drei Wochen wolle er die Trauben noch hängen und reifen lassen, so Ziegler. Oberstes Gebot sei für ihn die "Traubengesundheit". Je nach Witterung könnte die Lese unfreiwillig vorgezogen werden müssen, was sich aktuell aber noch nicht absehen lasse, sagte er.

Nicht so sehr das Mostgewicht, sondern vielmehr das Aroma und die Säure seien ausschlaggebend für den Lesezeitpunkt, erklärte Winzer Florian Loos aus Dingolshausen seine Philosophie. "Auf Grund der biologischen Bewirtschaftung sind unsere Beeren auch nicht zu prall gefüllt, so dass wir keine Angst vor Fäulnis durch gegenseitiges Abdrücken der Beeren haben", so Loos. Das Tageszeitenklima (tagsüber recht heiß und nachts angenehm kühl) sei diesbezüglich besonders entscheidend. "Sehr zufrieden" ist man im Dingolshäuser Weingut daher aktuell mit der Reife der Beeren und hat deshalb schon die ersten Trauben geerntet. Alle Weinfreunde könnten sich auf einen "fruchtigen Jahrgang" freuen, kündigt Florian Loos an.

Sehr wuchskräftige Reben

Aufgrund des vielen Regens seien die Reben sehr wuchskräftig, "was ein erhöhtes Arbeitsaufkommen in Regenpausen erforderte", so der Rückblick aus dem Weingut Barth aus Michelau, wo man zeitweise mit 17 Personen zum Helfen im Weinberg im Einsatz war. "Durch Zusammenspiel von Strategie, Nachtarbeit und dem Anbau von resistenten Rebsorten konnten wir den Schaden durch die Peronospora bis auf zwei Weinberge im Steilhang in Schach halten", so Brigitte Barth.

Die Rotweinsorten sind heuer wie hier im Bild der Dornfelder schon sehr gut durchgefärbt. Erfreulich ist auch, dass das Lesegut in der Region ganz überwiegend gesund dasteht. Zu beobachten gilt es allerdings noch, inwieweit die Kirschessigfliege noch im Stande ist, die prallen Beeren zu beschädigen.
Foto: Dominik Dorsch | Die Rotweinsorten sind heuer wie hier im Bild der Dornfelder schon sehr gut durchgefärbt. Erfreulich ist auch, dass das Lesegut in der Region ganz überwiegend gesund dasteht.

Nach den erheblichen Frostschäden bei der letzten Ernte wird der 2021-er Jahrgang im Weingut Barth schon bald für die Vermarktung benötigt. Ähnlich geht es auch vielen anderen Betrieben, die ihre Reserven längst aufgebraucht haben. Im Weingut Loos rechnet man heuer sogar mit dem doppelten Ertrag im Vergleich zum Vorjahr.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Zeilitzheim
Dingolshausen
Stammheim
Michelau
Gerolzhofen
Dominik Dorsch
Artur Steinmann
Bewässerung
Biodiversität
Deutsches Weininstitut
Ernte
Frankenweine
Fränkischer Weinbauverband
Michael Bock
Niederschlag
Pflanzenschutz
Weinbau
Weinberge
Weingärtner
Weinstöcke
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top