In Europa wollen sie die Etablierten links überholen, im Kampf gegen Trump- und Turbokapitalismus. In Schweinfurt sind sie das soziale Gewissen: So war das Selbstbild der Linken beim politischen Aschermittwoch, mit Hering und roten "Rebel Songs" der DGB-Songgruppe.
Rund 60 Genossen hatten sich in der TVO-Sportgaststätte versammelt. Vor Hauptredner Klaus Ernst übernahm Frank Firsching den Auftakt. Der Fraktionsvorsitzende im Stadtrat begann mit Zeitungsschelte: Die aktuelle Position der Linken in Sachen Landesgartenschau sei nicht wiedergegeben worden. Nach dem Bürgerentscheid sei man für den Bürgerpark: "Im Bereich Bergl, Musikerviertel und demnächst Bellevue gibt es keine Erholungsviertel."
Seitenhieb gegen die AfD
Ein Seitenhieb galt der lokalen AfD. Firsching verwies auf einen SZ-Artikel zu Richard Graupner. Der Polizist sei trotz fehlender Leistungsbilanz ("ein fauler Hund") in den Landtag gewählt worden, ein Sicherheitsrisiko schon durch Trägheit. Firsching deklinierte die Anliegen der Stadt-Linken: Bezahlbarer Wohnraum, Kampf gegen steigende Mieten oder die höchste Kinderarmut in Bayern. Wie könne es sein, dass der OB nichts von den Fahrplanstreichungen der Stadtwerke mitbekommen habe? Er habe bei seinen Aufsichtsratstätigkeiten den "Tiefgang eines Gummiboots", gehöre aus dem Amt entsorgt.
Den Vorsitz des Bundestagsausschusses für Wirtschaft hat die Partei schon erobert: In Person des Vizefraktionsvorsitzenden. Klaus Ernst, MdB, kam geradewegs aus Passau, wo er auf dem Donaudampfschiff "MS Linz" den erkrankten Gysi vertreten hatte. Entsprechend hatte er noch Passauer Dampf auf dem Kessel. Aschermittwoch habe mit Buße zu tun, so Ernst: "Für die CSU müsste man eine Badewanne mit Asche aufstellen, um sie alle durchzuziehen." Da ist der Abgasskandal eines Verkehrsministers Scheuer, oder ein "aufgeblasener Quacksalber" Seehofer: Jeder Schleuser mit Berufsehre fände genug Wege über die bayerische Grenze, wo nicht kontrolliert werde.
Sorgen bereitet Ernst der politische Klimawandel, wenn Faschismus plötzlich als "Fliegenschiss der Geschichte" gelte. Die Europäer müssten Haltung gegenüber Trump zeigen. Strafzölle seien schädlich für die Weltwirtschaft (die mit Niedriglöhnen bezahlten Exportüberschüsse der Deutschen ebenfalls). Die Aufkündigung des INF-Vertrags erhöhe die Kriegsgefahr: Wenn Mittelstreckenraketen in fünf Minuten russische Atomsilos ausschalten könnten, gebe es keine Abschreckung mehr.
Irrer im Weißen Haus
Zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts für Rüstung aufzuwenden, wäre eine Katastrophe, mit Aufträgen für die Rüstungsindustrie statt sinnvollen Investitionen. Vom Iran-Abkommen bis zur Ostsee-Pipeline: Nicht nur wegen des "Irren im Weißen Haus" müsse man von den USA unabhängiger werden. Ein starkes Europa sei ohne Russland nicht denkbar. Nun baue Peter Altmaier mit Steuergeldern Terminals für amerikanisches Fracking-Gas. Bei der gemeinsamen Strategie gegenüber dem wirtschaftsstarken China schaue er hingegen "alt aus, der Maier".
Europafrust hänge auch mit neoliberalen EU-Gesetzen zusammen. In Deutschland werde durch "Klüngelei" Innovation verhindert, Stichwort Dieselaffäre und Wasserstoff-Antrieb.
Dass sich die SPD nun um die Korrektur ihrer sozialpolitischen "Verbrechen" bemühe, sei richtig. Dem steigenden Reichtum, dem "leistungslosen Einkommen" der einen, stünde die wachsende Armut der anderen gegenüber, mit Leiharbeit und Niedrigrente. Um die 17 Milliarden Euro Vermögen der Schaeffler-Chefin zu verdienen, müsse ein Normal-Verdiener 375 000 Jahre lang arbeiten. Selbst der Riesenschwamm Scolymastra joubini, das älteste Tier der Welt, werde nur 10 000 Jahre alt, flachst Ernst: "Bezahlt die Leute anständig". Ein Genosse hält die "linke" bayerische Verfassung hoch, am Ende gibt es stehende Ovationen.