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Grafenrheinfeld
Klangmomente für den Augenblick
Ein sichtlich entspannter Improvisationskünstler nach einem aufreibenden knapp 90-minütigen Konzert: Professor Wolfgang Seifen.
Foto: Daniela Schneider | Ein sichtlich entspannter Improvisationskünstler nach einem aufreibenden knapp 90-minütigen Konzert: Professor Wolfgang Seifen.
Daniela Schneider
 |  aktualisiert: 19.10.2018 02:17 Uhr

Mit einem außergewöhnlichen, wenn nicht gar einzigartigen Konzerterlebnis beendete Musica Sacra die diesjährige Sommerpause. In Zusammenarbeit mit der Katholischen Kirchengemeinde stand zum Jahrestag der Orgelweihe in der Grafenrheinfelder Pfarrkirche die hohe "Kunst der Orgelimprovisation" auf dem Programm. An der 19 Jahre alten Winterhalter "tobte" sich, wie es ein Zuschauer im allerbesten Sinne so treffend auf den Punkt brachte, mit Professor Wolfgang Seifen einer der ganz großen Künstler der freien Orgelimprovisation aus.

Einzigartig ist das Spiel des Titularorganisten der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und einmalig das, was er spielte. Seine kreativen Improvisationen erlebt man so in dieser Art eben nur einmal; das kommt so niemals wieder, ist "weg", wie er nach seinem Auftritt in Grafenrheinfeld erklärte. Sein Spiel ist niemals wiederholbar, grandiose Klänge für den Augenblick, die ein kleiner, aber feiner Kreis von Zuhörern am sonnigen Wahlsonntag in Grafenrheinfeld erleben durfte.

Gerne ließ Seifen sich auf die Idee von Regionalkantor Rainer Aberle ein: Eingebettet in das vierteilige Programm konnten die Zuhörer aus fünfzehn Marienliedern und marianischen Gesängen ihre sechs Favoriten auswählen, über die Seifen improvisieren sollte. Verraten wurden die Favoriten nicht, doch unverkennbar waren die Lieder aus dem Gotteslob, die dann an verschiedenen Programmstellen erklangen; kein Problem für Seifen, der viele Jahre am Wallfahrtsort Kevelaer spielte und die Auswahl gänzlich unvorbereitet in vielfältigen Facetten der "Winterhalter-Orgel" entlockte, ein "schönes Instrument", wie er feststellte.

Das Improvisationskonzert: Ein klangbildgewaltiger Parforce-Ritt, spannend, mitreißend und schwer aushaltbar in seiner emotionalen Intensität. Faszinierende Spielfreude in höchster technischer Perfektion von lyrisch zarten Tönen bis hin zu brausenden barocken Improvisationsklängen, kaum ein Register ausgelassen, überraschend eingesetzt, so wird die Orgel selten gespielt. Sicher im Gefühl lavierte der Organist zwischen den verschiedenen Stilen, von barockem Präludium und Fuge, über heitere Charakterstücke im deutsch-romantischen Stil, klangwuchtiger spätromantischer Phantasie und Doppelfuge bis hin zur Symphonie für die Große Orgel.

Immer wieder erklingen die zuschauergewünschten Marienlied-Improvisationen von "Segne, du Maria" über "Wunderschön prächtige" bis hin zur abschließenden "Rosenkranzkönigin"; wer weiß, was ihm in diesen Momenten scheinbar so mühelos seine schöpferischen Eingebungen gibt. Verschwunden ist diese Improvisation, sobald der letzte Ton verhallt, doch die Erinnerung an das Gefühl, das das Gehörte, Erlebte erzeugt hat, wird sicherlich noch lange nachhallen. Stehende Ovationen waren der Dank für dieses grandiose Erlebnis, das Seifen mit einem eleganten Brahm'schen "Guten Abend, gute Nacht" krönte.

 
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