In diesem Jahr wurde das Patrozinium der Gernacher St.-Aegidius-Kirche in besonderer Weise gefeiert: alle waren eingeladen, Tiere mit in den Gottesdienst zu bringen – oder zumindest vor das Gotteshaus. Denn das Pony hätte schwerlich Platz zwischen den Kirchenbänken gefunden.
Ein braver Hund aber durfte diesmal in der Kirche Platz nehmen. Er verhielt sich sehr ordentlich: kein Laut war von ihm zu hören. Pfarrer Thomas Amrehn segnete die Tiere und bedankte sich bei den Tierhaltern, die ihre Tiere mitgebracht hatten.
In seiner Predigt verwies der Seelsorger auf das Vorbild des Heiligen Aegidius: Er habe sich, um das Jahr 620 geboren, als reicher Kaufmann aus seiner griechischen Heimat in ein einsames Gebiet in Frankreich zurückgezogen. Dort habe er sich, so die Legende, von der Milch einer Hirschkuh ernährt.
Einen Pfeil, den der Westgotenkönig auf das Tier geschossen habe, habe der Heilige aufgefangen und der Hirschkuh auf diese Weise das Leben gerettet. Der König habe ihm daraufhin den Grund für ein Kloster geschenkt. Diesem Kloster soll der Heilige der Legende bis zu seinem Tod um das Jahr 720 als Abt vorgestanden haben.
Der Rückzug in die Einsamkeit sei für den Heiligen keine Abkehr von der Welt gewesen, sondern die Hinwendung zu einem Ort des Nachdenkens, der unmittelbaren Verbindung mit der Natur. Das Leben in enger Verbindung zur Natur habe die Persönlichkeit des Heiligen ausgemacht. Diese enge Verbindung wieder mehr in den Blick zu nehmen, sei die Botschaft des Patrons der Gernacher Kirche für unsere Zeit, sagte Pfarrer Amrehn.
Schon im Alten Testament spielten die Tiere eine große Rolle: Gott rettete nicht nur den Menschen aus der Sintflut, sondern auch die Tiere. In der Konzentration auf die Frage des Verhältnisses Gottes zu den Menschen habe die christliche Theologie und die Wissenschaft im Mittelalter die Tatsache, dass auch die Tiere Gottes Geschöpfe sind, aus den Augen verloren. So sei der Ausbeutung von Mensch und Tier Vorschub geleistet worden. Die Leidensfähigkeit verbinde Mensch und Tier – das hätten schon unsere Vorfahren festgehalten. „Das müssen wir heute wieder besser in den Blick nehmen, auch im ländlichen Bereich“, forderte der Pfarrer.
Aegidius habe den Pfeil aufgefangen, der das Tier töten sollte: Genau so seien wir heute aufgerufen, immer neue Antworten darauf zu suchen, wie wir uns richtig ernähren, wie wir dafür mitsorgen können, dass unnötige Experimente, die Tieren Schmerzen zufügen, vermieden werden.
„Das ist Gottesdienst“, so der Priester. Es gelte, darauf zu achten, wie wir in unserem Leben den Bezug zur Natur verbessern können.
Erstmals bekannte dann am Schluss des Gottesdienstes die Kirchengemeinde in Gernach ihren Glauben in einer kleinen Prozession mit dem Allerheiligsten. Die Musikkapelle Gernach unterstützte dabei den Gesang.
Nach dem Gottesdienst, an dem auch die Fahnenabordnungen der Feuerwehr und des Frauenbundes teilnahmen, waren alle eingeladen, bei einem Glas Sekt oder Wein und einem Stück Gewürzkuchen den Heiligen Aegidius noch ein bisschen zu feiern und die Gemeinschaft zu genießen.