Dunkelheit breitet sich aus im Stadttheater. Kein Scheinwerfer erhellt die Bühne. Erwartungsvolle Stille ist spürbar. Dann betreten sechs fein gewandete Herren – jeder mit einem Tablet-Notenbuch bestückt, dessen Display die Gesichter mystisch von unten beleuchtet – den Raum und verwandeln das Theater mit dem ersten gesungenen Ton in eine Kathedrale. Die legendären King's Singers sind da und eröffnen das Konzert mit Henry Leys sakralem „A Prayer of King Henry VI“.
Später verwandeln sie die Bühne wahlweise in einen Hühnerstall bei „Handmade Proverbs“ von Töru Takemitsu , in ein erhabenes Plätzchen irgendwo im Walde bei Brahms‘ „Abendständchen“ oder lassen die Freude an Renaissance-Liedern aufleben mit „Innsbruck, ich muss dich lassen“ von Heinrich Isaac. Feinstes Piano und erfrischende Dynamik paaren sie mit perfekter Tonsicherheit und sichtbarer Lust am Singen. Selbst der leicht erkältete Bariton lässt sich die Freude am Singen nicht nehmen.
Wechselnde Besetzungen, nur die Stimmverteilung blieb gleich
1965 gründeten sechs Chorstudenten am King's College in Cambridge ein sechsköpfiges a-capella-Ensemble, seit 1968 nannten sie sich King's Singers. Seitdem begeistern sie mit ihrem einzigartigen Klang und breitem Repertoire weltweit das Publikum. Natürlich mit wechselnden Besetzungen. Nur die Stimmverteilung ist gleich geblieben, der Garant für den einzigartigen Klang: zwei Countertenöre (Patrick Dunachie, Tim Wayne-Wright), ein Tenor (Julian Gregory), zwei Baritone (Christopher Bruerton, Christopher Gabbitas)und ein Bass (Jonathan Howard). Noch bis Mai 1919 sind sie auf Welttournee und feiern ihr 50-jähriges Bestehen.
Mit feinstem britischem Humor bestückt sind die Moderationen in perfektem Deutsch! Unkonventionell und abwechslungsreich ist die Bandbreite ihres Repertoires. Gleichberechtigt stehen zeitgenössische Werke, wie die Auftragskomposition zum Jubiläum „We Are“ von Bob Chilcott (ehemaliger Tenor der King's Singers) neben „Frisch auf!“ des Renaissance-Komponisten Hans Leo Hassler, dass das Ensemble mit köstlichen komödiantischen Einwürfen gestaltet. Pures Vergnügen auch beim Arrangement „ Auf einem Baum ein Kuckuck saß“ – so schön, witzig und unterhaltsam können deutsche Volkslieder klingen.
Zum Schluss Zuckertüten und Raketen
„Die Zuckertüte“ heißt der letzte Programmpunkt. Jetzt rücken die Kings's Singers die Notenpulte zur Seite, bilden Schulter an Schulter stehend einen Halbkreis und eröffnen ein brillantes Vokal-Feuerwerk. Die bunteste und witzigste Rakete zünden sie mit „Honey Pie“ von den Beatles, die edelste und funkelndste mit Billy Joels „Lullabye“. Nach der Zugabe reißt es viele Zuhörer vom Stuhl zu stehenden Ovationen. Doch die Herren haben ihre Mission erfüllt. Freundlichst winkend und lächelnd verlassen sie die nun profan wirkende Bühne mit dem unter dem Oberarm eingeklemmten Laptop-Notenbuch.