
Es gibt kein schlechtes Wetter, höchstens schlechte Kleidung, sagt eine bekannte Redensart. Was aber wäre passend für einen Salsa-Abend am Kessler Field, wenn karibische Rhythmen auf den deutschen verregneten Sommer treffen? Die Sonne am Freitagabendhimmel scheint über ein Publikum in Wind- und Regenjacken, wärmende Decken auf den Stühlen. Im Rahmen des Schweinfurter Kultursommers mussten die Besucher ihre Planungen auf feuchtkaltes Wetter ausrichten.
Aber auf der Bühne lodert das Feuer: Rot gekleidet das Quintett, das sich aus dem Qrquesta Salsamania heraus formiert hat, die Scheinwerfer bringen weitere Farben ins Spiel. Und Bandleaderin Eva Tilly startet mit einem verjazzten Einstieg: "No comment" heißt das selbst geschriebene Stück, da passen ausgezeichnet die lateinamerikanischen Rhythmen zum Jazz, der inzwischen doch oft eher als kopflastig-intellektuell verspielt gilt. Tilly hat die Band im Jahr 1993 gegründet, und alle Mitglieder seien dem Salsa verfallen, erklärt die Pianistin, daher auch der Name.
Es wurde mitgetanzt
Die laue Sommernacht, das leise Plätschern der Wellen am Strand, die Tanzfläche in bunte Lichter getaucht, all das fehlte am Kesslerfiel. Und so sprang der Funke nicht so richtig über ins Publikum, obwohl sich zahlreich Tanzende zwischen den Stühlen und am Rande mitschwingen ließen von der Musik. In festem Schuhwerk bewegten sie sich durchaus sinnlich und gekonnt zu den Rhythmen.
Und die Musiker spielten hervorragend, besonders in den Soli trat großartig Christoph Lewandowski an der Trompete hervor, aber auch Trumpet Rafael Palacios aus Ecuador (Bass) und der blonde Kubaner José Angel Barberena (Percussion) ebenso wie die deutschamerikanische Tilly am Piano überzeugten mit ihrem musikalischen Können.

Die wunderbare Stimme der Sängerin Mireya Coba Cantero aus Kuba drang leider nicht so in den Vordergrund, wie es zu wünschen gewesen wäre. Vielleicht hat die klamme Luftfeuchtigkeit ja auch auf die Technik eingewirkt, denn irgendetwas schien nicht richtig ausgesteuert zu sein. Die Bandleaderin bat mehrfach um "mehr Saft" auf diesem oder jenem Mikrofon. Nach der Pause wurde das besser.
Tanz in roten Stöckelschuhen
Zur Kleidung gehören auch die Schule, rote Stöckelschuhe – wer findet das sexy? Wenn eine Frau, sitzend, mit dem Fuß lasziv einen solchen Schuh in ihre Optik mit hineinnimmt, mag das ja wirksam sein. Die arme Sängerin jedoch musste den ganzen Abend darauf nicht nur stehen, da entstehen einfach Schmerzen. Alle, die jemals in solchen Schuhen standen, wissen das.
Coba Cantero tanzte auch noch darin, den ganzen Abend, da werden Hüftschwünge zur körperlichen Anstrengung und später, wenn das Adrenalin des Auftritts vorbei ist, schmälern die Schuhe den Genuss des gelungenen Auftritts.
Die Melancholie des Gewesenen
Es war kein Abend für lateinamerikanische Leidenschaften, die von großen Dramen leben. Die Liebe, der Hass, die Trauer, die Sehnsucht und die Verzweiflung, die Eifersucht und all das, was die explosive Mischung des karibischen Lebensgefühl ausmacht und nach dem sich der durchschnittliche Mitteleuropäer vielleicht sehnt, war vielleicht auch durch die langen Corona-Zeiten unterkühlt? Liebe, Drama, Wahnsinn – wer braucht das heute noch?
Als Folklore ist das vielleicht noch schön, die Melancholie des Gewesenen schwingt vielleicht noch mit bei der Erinnerung an corazon, ans Herz, an die sinnlichen Begegnungen beim Tanz und an die Lust des Augenblicks.