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Schweinfurt
Kampf den Kaffeebechern: Schweinfurt will Mehrwegsystem
Einwegbecher für Kaffee oder Tee zum Mitnehmen sind praktisch, aber nicht umweltfreundlich. Was die Stadtverwaltung in Schweinfurt plant, um das zu ändern.
Eine Mitarbeiterin der Deutschen Umwelthilfe (DUH) baut eine Pyramide aus Pappbechern auf. In Schweinfurt plant die Verwaltung mittelfristig die Einführung eines Pfandsystems für Mehrwegbecher.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert | Eine Mitarbeiterin der Deutschen Umwelthilfe (DUH) baut eine Pyramide aus Pappbechern auf. In Schweinfurt plant die Verwaltung mittelfristig die Einführung eines Pfandsystems für Mehrwegbecher.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:57 Uhr

Die Einen finden sie ganz furchtbar praktisch und bequem, die Anderen halten sie für gedankenlos und Umweltfrevel. Einwegkaffeebecher sind vielen Städten schon lange ein Dorn im Auge, vor allem wenn sie aus Plastik sind.

Die Schweinfurter Stadtverwaltung will mittelfristig die Einwegbecher-Flut eindämmen und ein eigenes Pfandsystem mit eigenen Mehrwegbechern stadtweit einführen. Im Ferienausschuss berichtete Astrid Köhler, Klimaschutzmanagerin der Stadt, über die bisher geführten Gespräche nachdem die Schweinfurter Liste/Freie Wähler und die Grünen derartige Anträge stellten, dass ein Mehrwegbecher-System eingeführt werden soll. Umweltreferent Jan von Lackum findet: "Kaffee zum Mitnehmen ist schlicht überflüssig."

Im November vergangenen Jahres traf man sich mit Handelsverband, Bäcker-Innung, Hotel- und Gaststättenverband und IHK. Es gibt zwei Wege: ein eigenes Pfandsystem mit einem individuell gestaltbaren Stadtbecher oder die Kooperation mit einem Pfandsystem-Anbieter. Überdies möchte die Verwaltung auch eine so genannte "Schweinfurter Erklärung" als freiwillige Selbstverpflichtung aller Beteiligten, auf Einwegkaffeebecher zu verzichten, auf den Weg bringen.

Kaffeebecher zum Mitnehmen sind nicht sonderlich umweltfreundlich, wie dieser überquellende Abfalleimer in Kassel zeigt.
Foto: Uwe Zucchi | Kaffeebecher zum Mitnehmen sind nicht sonderlich umweltfreundlich, wie dieser überquellende Abfalleimer in Kassel zeigt.

Köhler denkt an eine Art Qualitätssiegel für die teilnehmenden Läden, um "nachhaltiges Handeln von Geschäften und Betrieben im Stadtgebiet nach außen erkennbar zu machen." Die Ausgestaltung des Mehrwegsystems ist noch in Arbeit, klar ist nur, dass man nicht nur auf Mehrwegbecher setzt, sondern das Thema Plastikmüll durch Verpackungen ins Visier nimmt. Ohnehin wird es ab 2021 ein EU-weites Verbot für Einwegprodukte aus Plastik wie Einkaufstüten, Einwegbehälter und Einwegbesteck geben.

Verwaltung muss vor allem Bäckereien und Cafés überzeugen

Gleichwohl muss die Verwaltung noch viel Überzeugungsarbeit leisten, denn bisher haben sich nur 20 Firmen der Idee angeschlossen. Es fehlen aber vor allem die Bäckereien und Cafés. Viele haben nämlich bereits ein eigenes Mehrwegbecher-System.

Ulrike Schneider (Schweinfurter Liste/Freie Wähler) befand, "Ziel und Richtung stimmen". Allerdings hinterfragte sie das Vorgehen der Verwaltung, das sie auch aufgrund der bald geltenden EU-weiten Vorgaben als "PR Geplänkel" empfand. Sie forderte die Verwaltung auf zu prüfen, ob man nicht, wie in Tübingen, eine Verpackungs-Steuer auf lokaler Ebene erheben könnte. Jan von Lackum erklärte, das gehe wahrscheinlich, er glaube aber nicht, dass eine solche Steuer effektiv sei, da dann der Preis für alle Getränke erhöht werde. Nach einem kurzen Blick ins Internet während der Sitzung wies er darauf hin, dass die Steuer in Tübingen nicht eingeführt sei, sondern die dortige Verwaltung aufgefordert sei, dies zu prüfen.

Mehrweg-Desaster an den Hochschulen: Wegen Massendiebstahls musste das Studentenwerk in der Cafeteria der Mensa am Hubland in Würzburg wieder Einwegbecher einführen.
Foto: Thomas Obermeier | Mehrweg-Desaster an den Hochschulen: Wegen Massendiebstahls musste das Studentenwerk in der Cafeteria der Mensa am Hubland in Würzburg wieder Einwegbecher einführen.

Marianne Prowald (SPD) befand den Vorschlag der Verwaltung als gut und schlug vor, auch die Vereine mit einzubeziehen. Beim Wallpurgisgericht und beim Mittelalterfest am 14. und 15. September gab bzw. gibt es von Seiten des Bürgervereins zum Beispiel nur Mehrwegbesteck- und Geschirr. Grünen-Stadträtin Ayfer Retschulte hält einen einheitlichen Schweinfurter Becher, der überall abgegeben werden kann, "für einen echten Anreiz." Es habe sich bewährt, dass es keine Plastiktüten in Geschäften mehr gibt, deswegen sei es richtig, weitere Schritte zu unternehmen. Für reizvoll hält sie auch die Etablierung eines Unverpackt-Ladens wie in Würzburg. Christiane Michal-Zaiser (proschweinfurt) wies darauf hin, dass der Begriff  "Schweinfurter Erklärung" einen anderen Kontext habe, nämlich von der Diakonie pro Flüchtlingshilfe. Man solle zumindest klar hinweisen, dass es hier um ein Mehrwegsystem gehe.

Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) betonte, das System könne man nur "mit den Bürgern" einführen. Man habe es selbst in der Hand, im Alltag umweltfreundlich zu handeln. Er glaube, richtig sei es Überzeugungsarbeit zu leisten, nicht Zwang auszuüben.

 
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    Mit McDonalds fing das Unheil an. Am Anfang konnte man die Sachen nur drinnen verspeisen, danach wurde es verpackt zum Mitnehmen. Danach kam McDrive und so weiter. Mit Coffeetogo erreichte der Quatsch den Höhepunkt. Alles nur noch im Schnelldurchgang erledigen und weg mit der Verpackung. Erst wenn das Faß überläuft reagiert die Politik. Dies den Leuten wieder abzugewöhnen dauert lange.
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  • S. K.
    WARUM muss man überhaupt mit
    einem Becher Kaffee durch die Stadt renn???
    und dabei mit dem Wischtelefon rummachen!!!

    nur weils jeder macht...

    setzt euch ins Cafe und unterhaltet euch mit Menschen!
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  • S. G.
    Ich frage mich, warum seit ein paar Jahren jeder Kaffee aus dem Pappbecher trinken und damit durch die Gegend marschieren muss. Wiedermal ein Trend der Amis, den wir nachmachen. Könnte man sich alles sparen. Einfach seinen Kaffee Zuhause, auf der Arbeit oder aus einer Thermokanne trinken. Hat früher auch funktioniert. Problem wäre gelöst.
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  • R. W.
    Guten Morgen!
    Mit viel Hurra würde vor ein paar Jahren das ausnahmslose Rauchverbot in Gaststätten begrüßt, freilich ohne über die Folgen nachzudenken (wie so oft). Nachgeflickschustert würde zunächst mit 25 Euro für weggeworfene Kippen über deren überbordende Zunahme sich man zunächst gewundert hatte. Die hatte vorher der Wirt bzw Cafebesitzer entsorgen müssen. Aber auch der Kaffee zur Zigarette musste fortan mit nach draußen genommen werden. Nun wundert man sich erneut. Am besten wieder irgendwelche Strafen her.
    Überhaupt wundert sich die Politik nur noch was so alles auf sie herein bricht und am meisten wundert sie sich wo die Wähler alle hingekommen sind...
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  • S. L.
    Semistar, das liegt nicht an unserem Staat, der steuert nur dagegen, dass in unserer Gesellschaft die Werte verloren gehen. Wenn ich rauche dann sollte ich meine Zigarette in den Aschenbecher werden egal wo ich bin- draußen oder drinnen, wenn ich meine Kippe auf der Straße entsorge, dann sollte ich dafür Strafe zahlen. Wenn ich der Meinung bin ich muss mein Heißgetränk im Wegwerfbecher auf der Straße trinken, dann sollte mich das richtig Geld kosten. Der Kaffee to go ist erstmal ein gutes Geschäft, (1 Pfund Kaffee = 50 Portionen = 50 Becher) wenn der Müllberg durch die Verwendung von Einwegbechern ansteigt, dann sollten Staat und die Kommunen etwas dagegen unternehmen. Ist der Staat auch daran Schuld, dass die Autofahrer keine Rettungsgasse bilden, dass immer mehr Gaffer gibt, oder dass immer mehr Rettungskräfte tätlich angegriffen werden ? Natürlich nicht, der Staat kann nur darauf reagieren.
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  • N. K.
    Richtig!

    Mit einem Aufkleber an der Eingangstür, einen etwas provozierenden Text enthaltend (zum Beispiel: "Wir handeln umweltbewusst. Bei uns gibt es keine Einwegbecher. Basta!"), könnte ein Anfang gemacht werden.
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