Hey, was war denn das? Bravorufe nach dem ersten Stück beim Schweinfurter Nachsommer? Ein hingerissenes Publikum, das mit entzückten Gesichtern zehn Songs lauschte, Sirenenklängen gleich? Das Hamburger Kaiser Quartett zelebrierte in der Kunsthalle die eigene Krönungsfeier mit kurzweiligen, anregenden Arrangements statt veralteten Hymnen. „Four Kings One Kaiser“ hieß das Programm und heißt die brandneue CD, die sie nach dem Konzert massenhaft unters Volk brachten.
Das klassisch besetzte Quartett mit Adam Zolynski und Jansen Folkers (Violine), Bratschist Ingmar Süberkrüb und Cellist Martin Bentz überraschte musikalisch mit Eigenkompositionen und einem raffinierten Genre-Mix „im Spannungsfeld zwischen Philip Glass, Giorgio Moroder und Daft Punk“. Locker, leicht, launig moderierten die vier Musiker im Wechsel, die gerade überall begehrt sind und übrigens am Dienstagmorgen, 24. September, im ZDF-Morgenmagazin auftreten.
Die Matinee war der vierte Gig innerhalb von 36 Stunden. Von der Elbphilharmonie über die Reeperbahn, wo sie nachts um 1 Uhr ihre Musikkoffer packten, reisten sie in ihren schicken, italienischen Anzügen direkt in die Kunsthalle. Keine Ermüdungserscheinungen waren zu hören. Sondern packende Songs, die in der halligen Akustik eine fesselnde Intensität entwickelten. Zwischen der noch uneröffneten, extrem spannenden Ausstellung „Schwerkraft – Fliehkraft“ mit farbintensiven Gemälden von Hartwig Ebersbach und monumentalen Bildhauerobjekten von Dietrich Klinge präsentierten sie des Kaiser-Quartetts neue Töne.
Die Songtitel entstehen zufällig, so Süberkrüb, sind oft Arbeitsnamen, die übernommen werden. Die „Hausaufgabe“ entstand vor 20 Jahren beim Studium in Boston. Pizzicato-Techniken sollten vertieft werden, heraus kam eine melancholische, jazzige, tangoartig betörende Weise. „Freitag“ klang wie aus der Zeit gefallen mit bannender Dichte. Das treibende, aufwühlende, erregte Werk „Vorsprung“ ist nach klassischem Vorbild komponiert mit Thema, Kontrapunkt und Durchführung. Bei diesem „rhythmischen Gemetzel“ fiel es sogar der „Moorleiche“, einer vor dem Quartett liegenden Bildhauer-Skulptur, schwer ruhig zu bleiben und nicht zu tanzen.
Das Kaiser Quartett zupft, streichelt, schrammelt die Saiten, bearbeitet sie mit Plektrons, trommelt auf den Korpussen, entwickelt eine unglaubliche Magie und Poesie. Das Motto des Nachsommers „Grenzüberschreitungen“ konnte nicht besser vertont werden. Stehend applaudierte das Publikum und freute sich über eine Zugabe.