Die Wertschätzung die Bayerns größtes Jugendgefängnis in Ebrach bundesweit genießt, ist groß. Anlässlich des Jubiläums „60 Jahre Jugendstrafvollzug in der Justizvollzugsanstalt Ebrach“ hielt so die Bundesarbeitsgemeinschaft der Jugendanstaltsleiter und Jugendrichter als sogenannte besondere Vollstreckungsleiter ihre 50. Praktikertagung in Ebrach.
Die hohe Wertschätzung brachte auch Friedrich Waldmann, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft und Leiter der JVA Herford, zum Ausdruck, indem er feststellte: „Was hier an Arbeit geleistet wird, kann sich wirklich sehen lassen. Es zeugt vom Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
Letztmals tagte die BAG 2006 in Bayern
Ein weiteres Indiz: Die letzte Tagung der BAG in Bayern hatte bereits 2006, also vor vielen, vielen Jahren, in der JVA im oberbayerischen Laufen-Lebenau an der Grenze zu Österreich stattgefunden. Ebrachs Gefängnisleiter Gerhard Weigand brachte deshalb seine Freude darüber zum Ausdruck, dass die 50. Fachtagung mit dem Jubiläum in Ebrach einherging. Die Tagungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Jugendanstaltsleiter und Jugendrichter gehen im jährlichen Wechsel in einem anderen Bundesland über die Bühne. Zuletzt war man 2017 in Nordrhein-Westfalen, 2016 in Thüringen, und 2015 im Saarland zusammengekommen.
33 Gefängnisleiter und Jugendrichter kamen
Der Teilnehmerkreis der Tagung setzt sich, wie erwähnt, aus Jugendanstaltsleitern und besonderen Vollstreckungsleitern – damit sind die Jugendrichter gemeint, die in erster Linie für die jeweilige JVA über die Entlassung der Gefangenen entscheiden – aus der gesamten Bundesrepublik zusammen. Nach Ebrach waren 33 von ihnen gekommen, die alle im aktiven Dienst als Anstaltsleiter oder Richter stehen.
Die Tagung stand diesmal mit Blick auf das in der ehemaligen Zisterzienserabtei Ebrach untergebrachte Jugendgefängnis unter dem Motto „Jugendvollzug 4.0 – Zukunftsthemen in historischer Umgebung“.
Eröffnung durch Justizminister Bausback
Die Begrüßung nahm Ebrachs JVA-Leiter Gerhard Weigand im historischen Kaisersaal des ehemaligen Klosters vor. Offiziell eröffnet wurde sie von Bayerns Justizminister mit einem Abendessen im Seminarzentrum der JVA Ebrach. Dass Winfried Bausback den Tagungsteilnehmer seine Ehre erweis, wertete Friedrich Waldmann als „Signal“, welche Bedeutung Winfried Bausback der Tagung beimisst. Der BAG-Sprecher unterstrich: „Das ist nicht selbstverständlich, dass der Justizminister persönlich kommt.“
Bayerns Justizminister wiederum stellte heraus, wie sinnvoll in seinen Augen dieser bundesweite Austausch ist, weil Vollzugsangelegenheiten zum einen Ländersache sind und zum anderen jedes Bundesland seit 2006 ein eigenes Vollzugsgesetz besitzt. So ist insgesamt ein landesinterner Fachaustausch weder auf Anstalts- noch Gerichtsebene hinreichend gewährleistet. Gerade deshalb sei es auf der Suche nach den Best-Practice-Erfahrungen, also den besten Lösungsansätzen in der Praxis wichtig, zu sehen, wie es um die Umsetzung in anderen Bundesländern bestellt ist, so Winfried Bausback.
Breite Themenpalette
Schwerpunktmäßig beschäftigte sich die Tagung mit Themen wie „Medienangebote für junge Menschen in Haft und Arrest – zwischen Bücherwelten und Cyberspace“, die „Bedeutung der digitalen Bildung für die Berufsausbildung in den Jugendvollzugsanstalten“, „Ethik im Justizvollzug“ oder „Angebote der Psychohygiene“. Ferner ging es vor allem um die „Evaluation der sozialtherapeutischen Behandlung im Jugendvollzug – Metaanalysen zum Jugendvollzug“ und die „Evaluation der Qualifizierungs- und Behandlungsmaßnahmen im bayerischen Jugendvollzug“.
Abgerundet wurde das Programm mit Besichtigungen der Justizvollzugsanstalten Ebrach und Würzburg inklusive der dortigen Jugendarrestanstalt, als auch mit Abstechern in die Ebracher Klosterkirche, die Würzburger Residenz, auf den Baumwipfelpfad Steigerwald und in das Steigerwald-Zentrum in Handthal.
Die Ursprünge der heutigen Bundesarbeitsgemeinschaft gehen auf die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen (DVJJ) und den 1. Jugendgerichtstag im Jahre 1909 zurück. Im Vordergrund stehen die Förderung der Jugendhilfe im Allgemeinen und die der Fürsorge für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene im Besonderen. Die Vereinigung hat dabei das Ziel, die mit der Jugendkriminalität zusammenhängenden Fragen unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen zu erörtern und in diesem Zusammenhang nach Lösungen zu suchen.
Bundesweite Arbeitsgemeinschaft
Die aktiven Jugendanstaltsleiterinnen und –leiter sowie besonderen Vollstreckungsleiterinnen und –leiter aus den einzelnen Bundesländern hatten sich 2013 als eigene Bundesarbeitsgemeinschaft selbstständig gemacht. Seitdem handelt es sich nur noch um eine mit der DVJJ kooperierende Arbeitsgruppe.
Strafvollzug in historischer Umgebung
Friedrich Waldmann zeigte sich voll des Lobes über die JVA. Für den Außenstehenden sei es überwältigend, weil schwer vorstellbar, dass sich hinter den klösterlichen Gemäuern und dem beeindruckenden Gebäudeensemble ein Haus des Jugendstrafvollzugs verberge. Das müsse man deshalb selbst gesehen haben. Der BAG-Sprecher: „Andererseits liegen Kloster und Erziehung sehr dicht beieinander. Insoweit passt das dann hier wieder.“