„Yippie, wir drehen einen Superheldenfilm“, sagt der 12-jährige Tamio. Gemeinsam mit anderen Kindern und Jugendlichen aus der Jugendhilfeeinrichtung Haus Marienthal nimmt er an einem zweitägigen Medienprojekt teil. Das Thema lautet „Aktiv gegen Vorurteile“. Die zwölf Jugendlichen haben sich in zwei Gruppen aufgeteilt, eine für Video-, die andere für Radiobeiträge.
„Unsere Kinder werden häufig als sogenannte Heimkinder selbst mit Vorurteilen konfrontiert. Deshalb ist uns das Thema sehr wichtig“, sagt Diana Ullrich vom Haus Marienthal. Nach den zwei Tagen werden die Ergebnisse vorgestellt und anschließend auch auf der hauseigenen Website veröffentlicht.
Bayernweites Projekt
Das Institut für Medienpädagogik (JFF) bietet das Medien-Projekt in ganz Bayern an. Die Münchner Medienpädagogin Elke Michaelis ist deshalb extra nach Schweinfurt gekommen und übernimmt die Radio-Gruppe. „Durch unser technisches Equipment können wir die Kinder begeistern und somit bringen wir ihnen wichtige Themen nahe“, so Michaelis. Demnach gehe es vor allem darum, die Kinder zu ermutigen, reflektiert mit Vorurteilen umzugehen. Sowohl mit eigenen, als auch mit Vorurteilen gegenüber anderen Menschen. „Die Jugendlichen haben sich entschieden, eine Umfrage zum Thema zu machen“, sagt Michaelis über die Arbeit ihrer Gruppe. Dafür gehen sie mit richtigen Mikrofonen auf die Straße und befragen Menschen.
„Viele geben uns ehrliche Antworten und es macht großen Spaß“, sagt die 13-jährige Emilia. Nachdem die Jugendlichen genügend Stimmen eingefangen haben, werden die besten Aufnahmen ausgesucht. „Jetzt müssen wir die richtigen Tonspuren noch mit einem Computerprogramm schneiden“, erklärt Kevin, während er mit anderen Jungs vor einem PC sitzt.
Medien als attraktives Werkzeug
Der Würzburger Medienfachberater vom Bezirksjugendring Unterfranken Lambert Zumbrägel sitzt im Raum nebenan und betreut die Videogruppe. Nach ein paar technischen Übungen sind die Jugendlichen dabei, eine Geschichte für den Dreh zu erarbeiten. „Ich bin total überrascht, wie gut die Jugendlichen hier schon filmen können“, sagt Zumbrägel. Im Stuhlkreis sitzen die jungen „Filmemacher“ und sammeln Ideen. Dabei bringen sie auch ihre eigenen Erfahrungen mit ein. „Als ich aus meiner Pflegefamilie ins Heim kam, wurde ich deswegen immer gehänselt, nur weil ich im Heim war“, sagt ein Kind in die Runde. Eine andere Jugendliche erzählt von Mobbing aufgrund blonder Haare. „Vielleicht überlegt ihr euch mal eine Geschichte zu Blondinen“, schlägt Zumbrägel vor. Der 12-jährige Tamio hat daraufhin die Idee, die Geschichte mit einem Superhelden zu kombinieren.
Über Medien zu Inhalten kommen
„Es geht hier in erster Linie nicht um Medien an sich, sondern um Inhalte“, sagt Zumbrägel. Die Medien seien aber für Kinder „hochattraktiv“ und so könne ein gelungener Zugang zum Thema Vorurteile geschaffen werden. Mit dem Tablet werden die Geschichten dann aufgenommen und bearbeitet. Dazu stehen die Jugendlichen selbst als Schauspieler vor der Kamera, versuchen sich als Kameramann oder Kamerafrau, sorgen für die richtige Beleuchtung und bearbeiten die Materialien im Anschluss. Unser Ziel ist, dass die Jugendlichen die Lösungsansätze aus den eigenen Videos auf die Realität übertragen können“, so Zumbrägel. Demnach sollen die Beiträge als Hilfe dienen, später selbst besser mit Vorurteilen umgehen zu können.
Am Ende der zwei Tage treffen sich die Gruppen und präsentieren sich ihre Ergebnisse. Der 12-jährige Tamio ist begeistert. „Für mich ist das eine spannende Erfahrung, weil ich selber mal bei einem Filmdreh mit echten Prominenten dabei sein möchte.“ Ein echter Kinofilm mit Superhelden ist es zwar noch nicht geworden, echte Superhelden gegen Vorurteile, wie es sich Tamio gewünscht hatte, sind aber durchaus mit dabei. Was genau in den Beiträgen zu sehen und zu hören ist, konnten die Jugendlichen noch nicht verraten. Zu sehen sind die fertigen Radio- und Videobeiträge aber in Kürze auf der Website vom Haus Marienthal und der Homepage des JFF-Instituts für Medienpädagogik.