
Ein Fest nicht in, sondern an der Disharmonie soll es werden. Ein Sommerfest, aber ein besonderes. Werner Enke ist der Initiator. Er ist gelernter Schriftsetzer und Drucker. In seiner vor zehn Jahren in der Disharmonie eingerichteten Werkstatt kann man setzen und drucken. Seit kurzem ist, weil Enke als Rentner mehr Zeit hat, viel mehr los im „Laboratorium für Handsatz und Versuchsanstalt zur Bewahrung des Buchdrucks“, wie WerkDruck in Langfassung heißt. Zum ersten Mal findet dort am 23. Juni ein Johannisfest statt, das zu besuchen sich mehrfach lohnt: Man lernt Vieles rund um die Schwarze Kunst kennen, trifft auf Setzer und Drucker und kann ein letztes Mal die Ausstellung „Druckwerke aus WerkDruck“ im Veranstaltungssaal der Disharmonie betrachten.
Sommersonnenwende, Geburtsfest und Johannisfeier der Drucker und Setzer
Am 24. Juni ist Sommersonnenwende. Auch die Kirche beansprucht den Termin als Geburtsfest von Johannes dem Täufer. Die Schriftsetzer und Buchdrucker feiern ebenfalls einen Johannes, es ist ihr Ahnherr Johannes Gänsfleisch, so der weniger bekannte Name des „Erfinders der hochwohllöblichen Buchdruckerkunst“.
Enke hat die Veranstaltung auf den Freitag davor gelegt: Das „ermöglicht das Hineinfeiern“, wie er beim Gespräch mit der Redaktion betont.
Was wird geboten? Los geht es um 16 Uhr. Der Besucher kann nicht nur Bier (oder Limo) trinken, sondern eigenhändig seinen Bier- respektive Limodeckel drucken. Gedruckt wird auf einem Boston-Tiegel und einem Korrex-Zylinder für den Handabzug. Die Arbeit an den Maschinen muss jeder selbst ausführen – freilich unter Anleitung.
Damit das Fest nicht zum Arbeitseinsatz wird, spielen die „Trichtergsichter“ auf (um zirka 18 Uhr). Auch die „Disharmoniker“, der Chor der Disharmonie, tritt erstmals in die Öffentlichkeit. Sogar ein Werk, das extra für das Fest komponiert wurde, kommt dabei zum Vortrag.
Wer mit der Bleilaus nichts anzufangen weiß, wird sie kennenlernen
Dem „Quadräteln“, das den Jüngern der Schwarzen Kunst bekannt sein dürfte, kann man wieder einmal frönen. Und für die Besucher, die nicht vom Fach sind, könnte das Forschen nach der Bleilaus interessant werden.
Zur Geschichte: Früher wurde das Johannisfest traditionell vom Grafischen Bildungskreis der Gewerkschaft Druck und Papier veranstaltet und schon immer als Familienfest gedacht. Die Beschäftigten in den Druckereien Schweinfurts hatten einen gewerkschaftlichen Organisierungsgrad von über 90 Prozent. Die Veranstaltungen des Bildungskreises waren also auch gut besucht.
Enke weist darauf hin, dass das Johannisfest vor WerkDruck eine Veranstaltung für alle sein wird, obwohl sicher Leute aus dem Druckhandwerk hier besonders der Nostalgie frönen können und ehemalige Kollegen treffen werden. Die Kollegen sind auch aufgefordert, Erinnerungsstücke aus der damaligen Zeit mitzubringen, etwa Fotos aus dem Betriebsalltag, Gewerkschaftszeitungen oder – wichtig – den Gautschbrief!
Von Bleibuchstaben und Buchdruckmaschinen
Das alles passt zu WerkDruck, wo noch ganz unzeitgemäß mit Bleibuchstaben und alten Buchdruckmaschinen gearbeitet wird. Sowohl auf dem zu druckenden Bierdeckel, als auch in oben erwähnter „Disharmoniker-Komposition“ kommt der Spruch von Georg Christoph Lichtenberg vor: „Mehr als das Gold, hat das Blei die Welt verändert. Und mehr als das Blei in der Flinte, das im Setzkasten.“
Eingeladen sind auch Schüler der Montessori-Schule, die das Arbeitsfeld Druck besucht haben. Dort leitet Enke die Schuldruckerei. Die Kinder könnten bei den Druckaktionen am Fest wertvolle Hilfe sein und den Erwachsenen zeigen, was am Korrex -Handzylinder zu tun ist.
Dieses kulturelle Kleinod, die Buchdruckwerkstatt in der Disharmonie, zu fördern und zu erhalten, hat sich der Förderkreis WerkDruck vorgenommen. Die Förderer der Druckkunst unterstützen mit 25 Euro jährlich die Unterhaltungskosten der Werkstatt zu finanzieren. Jeder Förderer wird im Gegenzug über alle Aktivitäten informiert, bei der Offenen Werkstatt (jeden Mittwoch ab 19 Uhr) bevorzugt und er bekommt eine Jahresgabe. Jetzt aber erst Mal das Johannisfest am 23. Juni, bei dem keiner dürsten, hungern oder sich langweilen wird.