„Occupy Wall Street war gestern, heute ist occupy Schwebheim.“ Mario Söllner, Vorsitzender des die Kirchweih ausrichtenden TSV kennt das schon. Am Sonntagmorgen noch vor dem Festgottesdienst sind die Bänke in der ersten Reihe rund um den Plan mit Decken und Kissen belegt.
Auch Rainer Ludwig kann ein Lied davon singen. Er gehört zu dem Team, das am Morgen die Biertischgarnituren säubert und alles wieder festfähig macht. „Da muss man ganz schön aufpassen, dass alle Tische wieder so stehen wie immer“, jeder „Schwamer“ habe seinen Stammplatz erklärt er und zeigt auf einen älteren Herrn. „Da kommt der Heiner, der sitzt schon 21 Jahr auf dem Platz.“
Heuer, da sind sich die Veranstalter einig, war es „ganz extrem“, schon um 9 Uhr seien fast alle Bänke in der ersten Reihe belegt gewesen. Ab der dritten Reihe sind die Plätze dann für die nicht ganz so „Kirchweih-Narrischen“, erklärt Bürgermeister Hans Fischer. Und er weiß auch einen guten Grund für den Run auf die ersten Plätze. „Wenn du dich von hinten durchkämpfen musst ist der Walzer ja schon halb rum, bis du auf der Tanzfläche bist.“
Auch Katja Möhring hat sich ihren Platz ganz vorne belegen lassen. Sie schickte ihren Sohn Fabio früh zum Plan. „Selbst wir als Schwebheimer haben uns fei lang überlegt, wo man sich da noch Plätze reservieren darf“, erzählt sie. Also bekam Fabio die Anweisung ,„je näher am Ausgang umso besser.“ Ihr Mann Marc-Peter ist beeindruckt. „In jedem Hotel würden sie die Badetücher von den Liegen schmeißen, hier in Schwebheimer aber funktioniert's.“
Am Plankehrertisch haben sie ihre Decken und Kissen schon am Vorabend im Weinstand deponiert und „heut früh, während der Kirch hat der Jimmy die Bänk dann reserviert“, berichtet Harald Bayer. Das ist eben eine der Traditionen, die schon immer so waren. Eine ältere Schwebheimerin, sie sitzt auch ganz vorne erinnert sich noch an ihre erste Kirchweih als sie 1955 nach Schwebheim zog. Damals hat's g'heißen zur Kerm brauchst du ein neues Kleid„ und da ist sie extra nach Schweinfurt gefahren um sich das zu kaufen. Ein neues G‘wand braucht auch der Bürgermeister jedes Jahr, aber er muss die Auswahl nicht selber treffen. “„ir muss es net g'fallen nur passen“, erzählt er lachend. Lore Köhler erinnert sich an ihre Kindheit. Ihre Familie hat am Kirchplatz gewohnt und die Schausteller haben in ihrem Elternhaus Wasser und Strom geholt. „Das hat dann für uns immer eine Freifahrt auf dem Karussell gegeben.“
Viele der Traditionen, auch der inoffiziellen, haben sich über Generationen erhalten. Die Kirchweihweisheiten überdauern die Zeit ebenso. So kann sich der Bürgermeister Hoffnung auf einen neuen Gemeindebürger machen, denn der Kranz am Planbaum hängt ein bisschen schief. „Und das ist ein Zeichen dafür, dass eins der Planmädli schwanger wird“, witzelt Fischer.
Weißt du wohin ich geh, in Schwam auf der Kerm da ist es so schö“, singt Adolf Herda ins Mikrophon. Auch das gibt es schon seit über 50 Jahren. Jedes Jahr zur Kerm dichtet der Dirigent des Schweinfurter Musikvereins ein neues Lied.