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SCHWEINFURT
Jazz from outer Space
Großpietsch, Dominik
 |  aktualisiert: 16.10.2015 03:28 Uhr

Zwei Hocker, ein Notenständer, zwei Mikros und ein paar Drehregler. Schon beim Blick auf die Bühne in der Disharmonie kommen beim geneigten Jazz-Fan ein paar Zweifel auf. Hier soll an diesem Abend die beliebte Crossover-Musik gespielt werden? Ein kurzer Griff zum Programmheft beruhigt dann aber auch wieder die Gemüter. Doch wo sind die Bläser, Streicher und Schlagzeuger, die einer Combo das „gewisse Etwas“ verleihen? Keine Angst, Rudi Neuwirth, der im schicken Anzug auf die Bühne schreitet, hat sie alle dabei. Das Kuriose: Sie sind in seinen Stimmbändern versteckt.

Doch das ist nicht die einzige Überraschung. Vom Fleck weg wird der Zuhörer in eine Welt katapultiert, in der sich die Anhänger von Psychedelic Rock-Bands wie Jefferson Airplane pudelwohl gefühlt hätten. Wie ein Chemie-Professor mixt Neuwirth allerhand Töne, Melodien und Soundeffekte, die bunt brodelnd eine Sog-Wirkung entfalten. Der Gitarrist Andreas Willers, der sich in feiner Forscher-Manier oftmals zurückhält, kommt immer dann mit neuen Impulsen um die Ecke, wenn sie das Publikum gerade nicht erwartet. So schräg dieses Szenario auch ist: Es ist ein wunderbarer Kontrapunkt zu dem, was der Mainstream zu bieten hat.

Bunter Ritt durch die Musikstile

Auch wenn die Session bisweilen von den kunterbunt wirkenden Arrangements lebt, profitiert der Freestyle-Turbo des Stimmvirtuosen und seinem technisch beschlagenen Companion auch davon, dass immer wieder abgewandelte Jazz-Klassiker wie „In a Silent Way“ von Miles Davis oder „Well You Need?nt“ von Thelonious Monk als Drehzahlbegrenzer fungieren und an das eigentliche Motto des Abends erinnern.

Neuwirth und Willers haben sich im Laufe ihrer lang währenden Laufbahn als Musik-Chemiker immer wieder neue Impulse geholt, die sie in ihrem eigenen Labor dann komplett neu arrangiert haben. Dass die Farbe des neuen Serums am Ende komplett egal ist, mag einerseits verstörend wirken, macht aber auch den ganz besonderen Reiz aus. Die Strukturformel dieses „Jazz from outer Space“ ist bei genauerem Hinhören im Grunde genommen ein Ritt durch all die Crossover-Musikstile, die seit Jahrzehnten rund um den Globus begeistern.

Auch die Protagonisten wissen mit ihren psychedelisch anmutenden Klangwelten zu überzeugen. Sie nutzen den Raum, den sie sich als Duo auf der kleinen Bühne geben können, bis ins kleinste Detail aus. Wenn auch etwas unorthodox: Dass Andreas Willers seine E-Gitarre unter anderem mithilfe von Geigenbogen und Blechscheibe bearbeitet, während Rudi Neuwirth eine blaue Kaffeetasse als Klangverstärker nutzt, macht die farbenfrohe Forschungsreise durch die Jazz-Welt in einer skurrilen Art und Weise perfekt.

 
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