
Drucker sein ist kein trockenes Handwerk. Vor allem dann nicht, wenn man die Lehrjahre erfolgreich hinter sich gelassen hat. Dann wird man traditionell „gegautscht“ und das ist eine recht nasse Angelegenheit.
Bei WerkDruck in der Kulturwerkstatt Disharmonie neben der Disharmonie hatte zu Ehren des Ahnherren und Erfinders der „hochwohllöblichen Buchdruckerkunst“ Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg, am Freitag zum traditionellen Johannisfest eingeladen. Typografische Einrichtungen von WerkDruck wurden erläutert und vorgeführt, das „Selbst-Hand-Anlegen“ an den mindestens ebenso altehrwürdigen Druckmaschinen war ausdrücklich erlaubt. Werkdruck wird ausschließlich und ehrenamtlich von dem gelernten Drucker und Setzer Werner Enke als Leiter geführt. Die Einrichtung wurde geschaffen, um die alte Setz- und Druckkunst zu bewahren. Angeboten werden regelmäßig Workshops im Setzen und Drucken.
Taufakt für die Jünger der schwarzen Kunst
Höhepunkt des Festes war unzweifelhaft die Gautsch-Zeremonie, die von der Firma „Rudolph Druck“ ausgerichtet wurde. Das Gautschen ist sozusagen der Taufakt mit dem die Jünger Gutenbergs in den Kreis der Zunftgenossen aufgenommen werden. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeichnet Gautschen den ersten Entwässerungsschritt nach dem Schöpfen des frischen Papiers. Die frischgebackenen Mitarbeiter des grafischen Gewerbes, die Gäutschlinge, würden sich vielleicht über Entwässerung freuen – Aber Nein – sie werden so richtig nass gemacht.
Unter Aufsicht des Gautschmeisters, den Werner Enke vortrefflich mimte, wurden die jungen Leute zunächst von den „Packern gepackt“ und auf den Korrigierstuhl gesetzt. Darauf ein riesiger nasser Schwamm. Es folgt – und auch das ist nur ein Vorgeschmack – ein großer Eimer kaltes Wasser über den Kopf. Zum Finale dann das Bad im großen Holzfass – Dreimal untergetaucht und somit buchstäblich ins kalte Wasser des Erwerbslebens geworfen.
Wer das überstanden hat erhält den Gautschbrief oder das Gautsch-Diplom. Zumindest früher ging es nass weiter, wenn auch inwendig, denn die überstandene Prozedur wurde ausführlich mit Bier begossen. Der Legende nach mitunter eine ganze Woche lang. Anna Helmbrecht (Buchbinderin), Bastian Klüh (Drucker), Nataliya Kuchma (Druckerin), Roccina Kofahl (Buchbinderin), Andreas Nickel (Drucker) und Udo Rippstein (Setzer) werden diesen Tag in nasser Erinnerung behalten.
Fehler und Unsauberkeiten werden buchstäblich abgewaschen
Warum so viel Wasser, wo doch Drucker ihre Erzeugnisse lieber trocken halten sollten? Auch das erklärt sich aus der Tradition. „Am Ende der Lehrzeit und zu Beginn der Gesellenzeit, werden alle restlichen Fehler und Unsauberkeiten abgewaschen, ihr werdet zu Jüngern der schwarzen Kunst, was mit dem Gautschbrief bezeugt wird“. Schlechte Gewohnheiten aus der Lehrzeit, so will es der Brauch, werden also getilgt. Kaum aus dem Fass entstiegen wird den Gäutschlingen ein Bier, eine Zigarre und ein saurer Hering gereicht.
Dass dieser Brauch am Leben erhalten wird, ist der Druckerei-Rudolph eine Herzensangelegenheit, wie in der zur Erinnerung eigens herausgegeben Gautsch-Zeitung nachzulesen ist. So war dies die fünfte Gautschfeier in 22 Jahren. 2014 wurden zuletzt für junge Mitarbeiter des grafischen Gewerbes in Schweinfurt ein Gautschfass aufgemacht.