Vier Wochen vor der alljährlichen Kassenprüfung hatte der Kreisvorsitzende in der Trattoria am Rande der Innenstadt nachgefragt, ob er für diese Sitzung einen Tisch reservieren kann. Er konnte – und hatte nun auch die Zusicherung in der Tasche, einen Platz in der Ecke zu bekommen, damit die Arbeit ungestört erledigt werden kann.
Am festgelegten Termin wurde den Kassenwarten, Revisoren und dem Vorstand ein Tisch zugewiesen. Getränke wurden bestellt und gebracht. Die Prüfung begann.
Als sich bei einer der Teilnehmerinnen nach einer halben Stunde der Magen gerührt und sie bei der Bedienung aus der Speisenkarte bestellt hatte, kam statt der Bedienung ein Kellner, der wissen wollte, ob noch mehrere Essen an den Tisch kommen.
Alle oder keiner
Die Gruppe verneinte mit dem Hinweis auf die Prüfung, zu der man sich zusammengefunden hatte. Daraufhin eröffnete der Kellner, dass dann auch das bestelle Gericht nicht kommen werde, denn entweder würden alle oder keiner essen. Getränke gab es auch nicht mehr, dafür eine halbe Stunde später die Aufforderung zu zahlen und zu gehen.
Auf den Kompromissvorschlag, gleich nach der Kassenprüfung die Rechnung zu begleichen und dann das Haus zu verlassen, ging der Kellner nicht ein. Er holte den Wirt, welcher ebenfalls feststellte, dass man den Tisch brauche und dass die Reservierung ein Fehler gewesen sei.
Des Friedens willen packten die Gäste die nur zum Teil geprüften Ordner, zahlten und verließen die Trattoria. Gleich gegenüber fragten sie in einem Restaurant, ob man hier die Prüfung zu Ende bringen könne. Sofort wurden Tische und Stühle für die Gäste und ihre Unterlagen zusammengerückt. Gegessen wurde hier dann auch: die kostenlose Probepizza.
Die Wirtshaustradition
„Das ist nicht gut gelaufen“, sagt Michael Schwägerl, Bezirksgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes in Unterfranken auf Anfrage dieser Redaktion. Es gäbe Speisegaststätten, da sei der Gast, der nur etwas trinken wolle, nicht erwünscht. Der Wirt habe das Hausrecht, weshalb er auch die Spielregeln gestalte. Glücklich ist Schwägerl über ein solches Tun nicht, denn zu „unserer Wirtshaustradition“ gehöre der Stammtisch, auch der Karten spielende Stammtisch, den etliche Wirte nicht mehr dulden würden.
Es komme halt auf den Einzelfall an, wobei eine Reservierung für eine Kassenprüfung mit der Verpflichtung zur Essensbestellung nicht zusammenpasse, meint der Bezirksgeschäftsführer.
Fragen kostet nichts und vermeidet unliebsame Überraschungen, insbesondere in Restaurants und Gasthöfen, aber auch in den Gasthäusern. Schwägerl empfiehlt den Wirten den Verzicht auf eine Verpflichtung zur Essenbestellung, weiß aber auch, dass schon so manche gesellige Runde den Wirt um einen größeren Umsatz und andere (Essen-)Gäste um den Platz gebracht hat. Wenn sofort die Speisekarte gereicht werde, dann sei für beide Seiten klar, was Gast und Wirt von einander erwarten würden, so der Bezirksgeschäftsführer.
Zum Essen muss man nicht trinken
Dass der Wirt im Fall der geschilderten Kassenprüfung entscheide, wer bleiben darf, wer gehen muss, das bestätigt auch Frank Reppert vom Amt für öffentliche Ordnung im Schweinfurter Rathaus. Gesetzlich ist zwar geregelt, dass niemand, der ein Essen bestellt, auch etwas trinken muss, doch umgekehrt gilt diese Regel nicht.
Edmund Beck, Vorsitzender des Schweinfurter Hotel- und Gaststättenverbandes, spricht von schlechter Kommunikation. Gäste und Wirte müssten mehr miteinander reden, dann gäbe es solche für beiden Seiten unerfreuliche Begegnungen nicht.