
Der Mainausbau, vielmehr noch der Abtransport des Aushubs, beschäftigt seit Wochen die Gemüter in Grafenrheinfeld. Sollte der Umschlagplatz unterhalb der Brücke nach Bergrheinfeld realisiert werden, könnten bis zu 170 Lkws pro Tag durch das Dorf fahren. Momentan ruht alles. Der Grafenrheinfelder Gemeinderat hat den zum Abtransport benötigten Weg zum Feld- und Flurweg umgewidmet. Auch Stammheim und die Schweinfurter Hafenspitze werden immer wieder als Varianten genannt. Eine Lösung steht noch aus. Aber der schleppende Informationsfluss wird von vielen Seiten moniert.
Das ärgert auch eine ganze Reihe von Grafenrheinfelder Müttern. Die Mutterschaft tut an sich nichts zur Sache, und doch ist es die Besorgnis um die vielen Kinder, die die Grafenrheinfelderinnen antreibt. Sie befürchten erhebliche Beeinträchtigungen durch eine weitere Zunahme des Schwerlastverkehrs und fragen sich, wie sich das auf das Leben im Dorf in den nächsten Jahren auswirken wird.
Von einer Bürgerinitiative wollen die Frauen nicht sprechen – noch nicht. Sie wollen aber auch nicht einfach nur dasitzen und abwarten. Nicht alle Frauen sind unmittelbare Anwohnerinnen der geplanten Transportwege entlang der Schweinfurter und Gochsheimer Straße. Doch alle sind sehr besorgt, wie es weiter geht. „Wir wollen nicht untätig zusehen, bis es vielleicht zu spät ist“, sagt Silke Christ-Stock, eine der Initiatorinnen der Bewegung.
Wichtig ist es den Frauen, neben Christ-Stock sind das Doris Weidinger, Daniela Verne, Daniela Scheithauer-Bamberg, Kerstin Schug, Sabine Braun, Ursula Weidinger und Melanie Korb, ganz ohne politische Hintergedanken, Farbe zu bekennen, ehe die Lkws unaufhaltsam durch ihren Ort brettern. Sie sorgen sich um die sichere Überquerung der betroffenen Straßenverläufe, denken an Lärm und Feinstaubbelastung, kurzum: Sie sorgen sich um die Lebensqualität in ihrer Heimatgemeinde.
Selbst Kindern ist die Zunahme des Lkw-Verkehrs aufgefallen. Der Sohn von Daniela Verne beschwerte sich bei ihr bereits über die grünen Lkws, das stößt der Grafenrheinfelderin schon auf. Zwar haben auch die politischen Gruppierungen im Ort ihren Unwillen klar gemacht, doch außer einer Resolution und der aktuellen Durchfahrtssperrung ist keine weitere Aktion bekannt.
Bei einem ersten Treffen diskutierten die Frauen über mögliche Aktionen. Von Unterschriftensammlung bis Demonstration reichen die Überlegungen. Ein erster Schritt ist die Suche nach aussagekräftigen Informationen, verbunden mit einem Gang zum Rathaus und einem Anruf beim Wasserstraßenneubauamt Aschaffenburg, dem Träger des Vorhabens (TdV) Mainausbau.
Im Rathaus empfing Bürgermeisterin Sabine Lutz kurz vor Ostern dann Silke Christ-Stock und Doris Weidinger. Laut Auskunft steht eine Entscheidung wohl erst Ende April an. Die Verwaltung hofft auf eine für alle Seiten einvernehmliche Lösung. Mehr kann sie nach eigenem Bekunden zur Zeit nicht sagen.
Sehr freundlich wurde Sabine Brauns telefonische Anfrage beim Wasserstraßenneubauamt behandelt. Sie erhielt einen Link zur Einsicht in das Planfeststellungsverfahren mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 13. September 2013. Von einem großräumigen Abtransport des Baggerguts per Lkw-Armada steht da übrigens noch nichts. Vielmehr wird dort in der Rubrik „Schutzgut Mensch“ der bevorzugte Abtransport via Wasserweg festgestellt, wie es im Übrigen auch die Planungen des TdV vorsehen. Bei denen wird das „Baggergut in der Regel über den Wasserweg abtransportiert, was zur Vermeidung von Lärm beiträgt.“ Keine Rede also vom großräumigen Abtransport auf dem Landweg. Das wundert die Frauen dann doch und bestärkt sie darin, weiter aktiv Informationen einzufordern. „Besser man hat, als man hätte“, lautet die Devise. Und so stehen alle in den Startlöchern und warten auf die nächsten Schritte.
Sollten diese nicht so ausfallen, wie es sich die besorgten Grafenrheinfelderinnen vorstellen, ist die Gründung einer Bürgerinitiative wohl der nächste Schritt mit dem Ziel, möglichst viele mobil zu machen. Die Riege ist sich einig: Mit dem geplanten Rückbau des Kernkraftwerkes im Nacken werden sie sicherlich nicht tatenlos zusehen, wie immer mehr Lkws auch langfristig durch das ohnehin schon gebeutelte Grafenrheinfeld brettern.