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Schweinfurt
In der Ausbildung: Im Notfall auch mal Überstunden
Die Auftragsbücher sind voll, Fachkräfte im Handwerk zunehmend Mangelware. Wann können auch Auszubildende für Überstunden herangezogen werden?
Viel zu tun: Müssen jetzt auch Azubis Überstunden machen? Im Gesetz gibt es hierfür klare Vorgaben. Von links: Karriereberater David Niklaus, Ausbildungsmeister Hubert Breunig und Ausbildungsberater Roland Maul.
Foto: Salvador Aquilella | Viel zu tun: Müssen jetzt auch Azubis Überstunden machen? Im Gesetz gibt es hierfür klare Vorgaben. Von links: Karriereberater David Niklaus, Ausbildungsmeister Hubert Breunig und Ausbildungsberater Roland Maul.
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:59 Uhr

Auszubildende sind noch keine Facharbeiter. Ihre Arbeitszeit ist die Zeit, in der die Ausbilder den Azubis Inhalte vermitteln, und sie ist eine Zeit des Lernens. Zu lange Arbeitstage sind belastend und schlechte Voraussetzungen für Lernerfolge.

Doch viele Handwerksbetriebe sind derzeit mehr als ausgelastet. Die Auftragslage ist gut, der Mangel an Fachkräften wird immer deutlicher.Für viele Mitarbeiter und  manchen Azubi stehen Überstunden an. Roland Maul, Ausbildungsberater bei der Handwerkskammer für Unterfranken in Schweinfurt, hat die Erfahrung gemacht, dass Überstunden derzeit in den Betrieben und bei Lehrlingen ein Thema sind. Bei ihm melden sich immer wieder Azubis, die nicht wissen, was rechtlich gilt und wann Überstunden für sie erlaubt sind.

Lernen ist wichtiger als die geleistete Arbeit 

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) enthält wesentliche Grundlagen für die Ausbildung, so Maul. Es regelt, dass in der Ausbildung das Lernen viel mehr Gewicht haben muss, als die faktisch geleistete Arbeit. Grundsätzlich gilt, dass Überstunden während der Ausbildung nur Ausnahme, also weder vorgesehen noch eingeplant sein dürfen. „Die im Tarifvertrag oder im Ausbildungsvertrag vorgesehene Arbeitszeit muss in der Regel ausreichen, damit der Azubi ihm zugeteilte Aufgaben erfüllen kann“, erklärt Karriereberater David Niklaus.

Ob Azubis Überstunden machen dürfen oder müssen, hängt vom Alter ab. So ist deren Arbeitszeit, wenn sie noch keine 18 Jahre alt sind, im Jugendarbeitsschutzgesetz, die der Volljährigen im Arbeitszeitgesetz geregelt. Minderjährige Azubis dürfen demnach keine Überstunden leisten. Ihre Arbeitszeit ist auf acht Stunden täglich und 40 Stunden pro Woche begrenzt. Die Wochenarbeitszeit kann unterschiedlich über die Wochentage verteilt werden. "Wenn an einzelnen Werktagen die Arbeitszeit auf weniger als acht Stunden verkürzt ist, können Jugendliche an den übrigen Werktagen derselben Woche achteinhalb Stunden beschäftigt werden", zitiert Roland Maul das Jugendarbeitsschutzgesetz.

Freizeit als Ausgleich und das möglichst zügig

Regelt ein Tarifvertrag oder der Ausbildungsvertrag kürzere Arbeitszeiten als 40 Stunden pro Woche, gelten diese. Längere Arbeitszeiten, also Überstunden, sind nur unter bestimmten Bedingungen oder in Notfällen erlaubt, wenn volljährige Beschäftigte nicht verfügbar sind. Dann muss der Arbeitgeber aber innerhalb drei Wochen Ausgleich schaffen. Konkret: „Er muss dem Azubi dafür freigeben und das genau so lange, wie die Überstunden gedauert haben“, ergänzt David Niklaus.

Grundsätzlich gilt auch für volljährige Azubis der 8-Stunden-Tag – allerdings mit möglichen Ausnahmen. So dürfen sie dann bis zu zehn Stunden am Tag arbeiten, wenn auch damit innerhalb von sechs Monaten beziehungsweise 24 Wochen dennoch im Schnitt nur acht Stunden werktäglich gearbeitet werden. Es dürfen also nur einzelne Tage sein, an denen Überstunden anfallen. Dafür muss an anderen Tagen kürzer gearbeitet werden.

Das Berufsbildungsgesetz regelt, dass eine über die vereinbarte tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung besonders zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen ist. In welcher Form das geschieht, ist durch eine Vereinbarung im Vertrag zwischen Betrieb und Azubi festgelegt oder steht im Tarifvertrag.

Wenn es Streit gibt, hilft die Handwerkskammer

Gilt kein Tarifvertrag oder enthält er keine Vorgaben zu Überstunden, kann der Ausbildungsbetrieb wählen, ob er die Überstunden vergüten oder durch Freizeit ausgleichen will. "Die Ausbildungsberater der Handwerkskammer für Unterfranken empfehlen den Betrieben, die Überstunden in Freizeit abzugelten", sagt dazu Roland Maul.

Der erste Ansprechpartner für einen Azubi sollte immer der Ausbilder im Betrieb sein. Dieser muss immer ein Auge auf die Arbeitszeiten des Azubis haben und so auch das Thema Überstunden im Blick haben. Kommt es zu Uneinigkeiten, können sich Azubis auch an die Handwerkskammer – genauer gesagt an die Berater wie Roland Maul und David Niklaus – wenden.

 
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