Eigentlich war Hermann Schneider, er war ja schon über 60, im Jahr 2000 schon auf dem Sprung in die Rente. Rentenantrag und die Vorbereitung auf einen ruhigeren Lebensabschnitt waren genehmigt und in trockenen Tüchern. Doch manchmal kommt es eben anders als man denkt. Karl Gerhardt, heute 66, der schon als Schuljunge gerne im Lkw von Hermann Schneider mitgefahren ist, hatte 1999 seine Firma „Gerhardt Transport“ in Marktsteinach gegründet und war ein Jahr später damit nach Schonungen gezogen.
So stieg Hermann Schneider, auch ein Schonunger, statt in den Ruhestand wieder ins Lkw-Führerhaus ein um als erster Fahrer Karl Gerhardt beim Aufbau seiner Firma, die 2009 nach Röthlein wechselte, zu unterstützen. Am Wochenende wurde er nun 80 und er fährt immer noch. Seit 1958 tut er das nun und wenn es ein gutes Beispiel dafür gibt, das Arbeit, wenn sie mit Lust und Leidenschaft erledigt wird, jung hält, dann ihn.
„Der Lkw ist sozusagen mein Wohn- und mein Schlafzimmer“, meint er. Das bleibt nicht aus, wenn man rund 170 000 Lkw-Kilometer (meist innerhalb von Deutschland) im Jahr abspult. Das sind mehr als vier Erdumrundungen pro Jahr, in 60 Jahren dürften das dann so an die 250 Erdumkreisungen gewesen sein, wenn man die reine Kilometerleistung rechnet. Kein Wunder dass die langjährige Lebensgefährtin sich manchmal wünscht „sein Lkw zu sein“, wie Hermann Schneider schmunzelnd einräumt.
Vom robusten Diesel zum High-Tech-Fahrzeug
Seit 1958 fährt er Lkw. „Der erste war ein Büssing, so ein robuster Diesel“, erinnert er sich. Kein Vergleich mit den High-Tech-Fahrzeugen von heute. Gut 170 000 Euro kostet so ein MAN, wie ihn Hermann Schneider im Wechsel mit dem Chef fährt. Übrigens das Premium-Fahrzeug der Firma Gerhardt, denn ein bisschen Extra-Bequemlichkeit darf es schon sein im Fahrzeug, das dem ältesten Fahrer und dem Chef vorbehalten ist.
„So lange kann man seine Arbeit nur machen, wenn man seinen Beruf liebt“, ist sich der Jubilar mit 80 Lebensjahren und 60 Berufsjahren „auf dem Buckel“ sicher. Das I-Tüpfelchen auf diese außergewöhnlich lange Berufslaufbahn, die jeden Gigaliner um Längen schlägt, ist die Tatsache, dass er in all diesen sechs Jahrzehnten in keinen nennenswerten Unfall verwickelt wurde. „Hie und da ein Kratzer, das ist normal, aber von richtigen Unfällen bin ich verschont geblieben“.
Einmal fuhr aber wohl gleich eine größere Zahl von Schutzengeln im Führerhaus mit. Hermann Schneider fuhr hinter einem langsamer fahrenden Truck und überlegte zu überholen. „Irgendetwas sagte mir, tu es nicht, bleib hintendran“. Und er war gut beraten auf dieses Gefühl zu hören, denn wenig später durchbrach ein Lkw von der gegenüberliegenden Fahrbahn kommend die Leitplanke und fuhr auf den vor ihm fahrenden Laster auf, dessen Fahrer den Unfall nicht überlebte. Hätte Hermann Schneider wie geplant zum Überholen angesetzt, hätte es wahrscheinlich sein Fahrzeug getroffen.
In technischer Hinsicht immer am Ball geblieben
Mit den hohen technischen Anforderungen, die heute das Lkw-Fahren mit sich bringt hat er keine Probleme. „Man muss immer am Ball bleiben und ich bin ja immer gefahren“, meint er. Auch gesundheitlich ist mit 80 Lenzen alles im grünen Bereich, die erforderlichen Gesundheitschecks waren kein Problem. „Und er braucht immer noch keine Brille“, ergänzt sein Chef Karl Gerhardt, der mit ihm in all den Jahren zu einem eingespielten Team zusammengewachsen ist.
Und was macht ein altgedienter Trucker in seiner knappen Freizeit? „Würmer baden“ antwortet Hermann Schneider spontan und er meint damit das Angeln und das dort nicht das Ergebnis zählt, sondern die Ruhe und Entspannung, die man bei diesem Hobby finden kann. Vielleicht bekommen die Würmer jetzt ein bisschen häufiger Gelegenheit für Badefreuden. Jetzt – mit 80 – wird er etwas kürzertreten, ans Aufhören denkt er aber noch nicht und das freut auch seinen Chef der gerne „mehr von seiner Sorte“ hätte. Zum Geburtstag gab es neben einem „Fresspaket“ auch ein Lkw-Modell aus Eiche. Genauso unverwüstlich wie der Trucker Senior der Firma Gerhardt.