Präventive Hilfe, um Eltern in der Erziehungsfähigkeit zu stärken, ist eine Säule der Jugendhilfe am Landratsamt. Die andere ist erzieherische Hilfe bei den Kindern selbst, wo andere Angebote nicht mehr möglich sind. Immer häufiger brauchen Kinder dabei eine intensive Betreuung, die aber auch kostenintensiv ist.
9,5 Millionen Euro wird der Landkreis Schweinfurt voraussichtlich im nächsten Jahr für seine Jugendhilfe aufwenden, ein Prozent mehr als in diesem Jahr. Das Gesamtergebnis des Haushaltsplans für 2019 soll mit 5,8 Millionen Euro um 3,64 Prozent über dem geplanten Ansatz in diesem Jahr liegen. Hinter solchen Zahlen, die Jugendamtsleiter Udo Schmitt in der Sitzung des Kreisausschusses für Jugend und Familie im Landratsamt vorstellte, verbergen sich zahlreiche Förderungen für Eltern und Kinder, aber auch individuelle Schicksale.
Eindrücklich hatte vor der Vorstellung des Haushaltsplans der Leiter der Allgemeinen Sozialen Dienste, Rainer Becker, dem Gremium geschildert, wie sich die Jugendhilfe im "Spagat zwischen individuellen Betreuungsformen und den Kosten" bewegt. Zwar würden nach wie vor Kinder aus schwierigem Umfeld auch in Pflegefamilien untergebracht. Aber immer mehr bräuchten professionelle Hilfe bis hin zur spezialisierten Heimerziehung und intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung.
Mehr Kinder hochgradig psychisch auffällig
Waren früher materielle Not der Eltern, Erziehungsunfähigkeit, familiäre Krisen oder körperliche Gewalt Gründe für eine Heimunterbringung, so gebe es inzwischen mehr Kinder mit hochgradig psychischen Auffälligkeiten. Kinder, die weder gruppen- noch steuerungsfähig seien, die auch Gewalt gegen Familienmitglieder oder Erzieher ausübten. Meist hätten diese Kinder eine längere Vorgeschichte, beginnend mit der Familiensituation.
In diesem Jahr sei das Jugendamt unter 40 betreuten Kindern auch für vier bis fünf solcher sogenannter "Systemsprenger" zuständig, die differenzierte Angebote der Einrichtungen bräuchten, speziell auf sie zugeschnitten. Solche seien aber auch bundesweit kaum noch zu finden.
Die Kosten für diese Heimunterbringungen seien abhängig vom Betreuungsschlüssel, von der Qualifikation des Personals und von Zusatzangeboten wie einer hausinternen Beschulung. Einige unerwartete Fälle wie in diesem Jahr erhöhen von daher die Ausgaben im Haushalt, was in 2018 auch 600.000 Euro mehr bedeutete. Angesichts des Alters dieser Kinder von erst zwölf oder 13 Jahren dürfe man, so Becker, eine Finanzierbarkeit der kostenintensiven Hilfe aber gar nicht infrage stellen.
Haushalt einstimmig beschlossen
Vorgesehen sind im Jugendhilfe-Haushalt für 2019 für die Heimerziehung 2,8 Millionen Euro, für die Vollzeitpflege 1,9 Millionen Euro. Für stationäre Eingliederungshilfe für seelisch Behinderte sind 1,4 Millionen Euro veranschlagt. Geplant ist auch die Errichtung einer neuen heilpädagogischen Tagesgruppe an der Heideschule mit Kosten von 470.000 Euro.
Einstimmig einverstanden zeigten sich denn auch die Ausschussmitglieder mit dem Haushaltsentwurf, der an den Kreistag weitergeleitet wird und dort noch beschlossen werden muss.
Zu den präventiven Hilfen, mit denen die Erziehung in der Familie gefördert wird, zählt auch der neue "Elterntalk", ein Projekt der Aktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle Bayern. Es ist ein Gesprächsangebot von Eltern für Eltern, von "Experten in eigener Sache", die sich privat oder in öffentlichen Räumen treffen, um über Erziehungsthemen wie Medien, Konsum und Suchtvorbeugung zu sprechen.
Eltern werden zu Moderatoren
Für die Projektpartner im Landkreis Schweinfurt stellten Kreisjugendpflegerin Andrea Handwerker und vom Diakonischen Werk Monika Hofmann dem Gremium den "Elterntalk" vor, der seit Juli läuft. Dabei können sich Eltern zu Moderatoren weiterbilden lassen, um die Gesprächsführung bei diesem Erfahrungsaustausch zu leiten. Regionalbeauftragte dafür mit je acht Wochenstunden sind für den nordwestlichen Landkreis Kerstin Stauch, für den südwestlichen Susanne Bartsch. Die Strukturen dieser Treffs müssen sich langsam aufbauen, das niederschwellige Gesprächsangebot müsse durch Multiplikatoren, wie die Ausschussmitglieder, erst noch bekannt werden, so Hofmann.
Um zu klären, ob und wie die vielen Erziehungs- und Unterstützungsangebote bei den Familien ankommen und wohin der Landkreis bei der Familienbildung will, wir derzeit eine Elternbefragung durchgeführt. Laut Kerstin Spörlein von der Koordinierenden Kinderschutzstelle wurden dazu 11 600 Familien im Kreis angeschrieben, bislang haben an der Online-Befragung 780 Familien teilgenommen, eine Rücklaufquote von 6,6 Prozent.
Als erstes Zwischenergebnis nannte Spörlein, dass 75 Prozent der Befragten die Angebote der Familienbildung gar nicht kennen. Gesucht würden diese zuerst über Gemeindeblätter sowie Flyer, dann über die Gemeindehomepage oder Familienwebsites oder Apps. Diese auszubauen sei eine mögliche Folge der Befragung.
Nach der Bedarfsanalyse, bei der auch Experten noch befragt werden, soll bis Ende 2019 ein Konzept zur Familienbildung erstellt werden. Landrat Florian Töpper unterstützte die strukturierte Herangehensweise.