Robert Stöcker hört auf. Seit Anfang 2006 sammelte der heute 83-Jährige ausgediente Tintenpatronen, Tonerkartuschen, CDs, DVDs, Blu-Ray Discs und alte Kupferkabel für den guten Zweck. Seine Garage in der Bleichstraße war oft bis unters Dach vollgestopft mit den Hinterlassenschaften der elektronischen Welt.
Nun ist Schluss. Altersgründe zwingen den eifrigen Sammler, die Aktion zum 31. Dezember 2018 einzustellen. Schon seit einiger Zeit hat er innerhalb der Kolpingfamilie, unter deren Dach die Aktion lief, nach einem Nachfolger gesucht. Doch es fand sich niemand für diese zeitaufwändige Arbeit. Außerdem gibt es keinen Ort, wo das eingesammelte Material bis zur nächsten Lieferung zwischengelagert werden kann. Stöcker, ein treues Mitglied der Kolpingfamilie, hat sich vom Leitbild dieses Verbands inspirieren lassen. Unter dem Motto "Verantwortlich leben – solidarisch handeln" ging er sein Projekt an.
Genaue Dokumentation
Der Sammler hat seine Tätigkeit von Anfang an genau dokumentiert. Schriftverkehr mit den Abnehmerfirmen, Preislisten und eine exakt geführte Aufstellung aller gesammelten Gegenstände füllen mehrere Aktenordner. Die Abnehmerfirmen forderten genaue Angaben über alle gelieferten Teile. Vor Kurzem haben sie diese Forderung fallen lassen und übernehmen das selbst. Das wäre schon eine Entlastung für Stöcker, doch es ändert nichts an seinem Entschluss aufzuhören.
Als Robert Stöcker vor rund 15 Jahren anfing mit dem Sammeln, hatte er noch keine Ahnung vom Markt für Eletronikschrott. "Ahnung zu haben ist aber wichtig, denn die Rücknahmepreise der zertifizierten Entsorgungsfirmen ändern sich ständig und manchmal deutlich", sagt Stöcker. Das Studieren der monatlich herausgegebenen Rückkauflisten im Internet gehörte deshalb schon bald zum Grundrüstzeug Robert Stöckers. Gut zu wissen war für ihn auch, dass die Abnehmer nur Produkte von Original-Herstellern und keine Kopien akzeptieren. Solche fanden sich trotzdem zuhauf im Sammelgut. "So war ich manchmal nur Verwalter von wertlosem Müll. Manchmal war in den Boxen auch echtes Dreckzeug", blickt Stöcker zurück.
Mit Gummihandschuhen und Mundschutz
Er meint damit, dass aus manchen Behältern das Pulver lief, das bekanntlich gesundheitsschädlich ist. So arbeitete er beim Sortieren immer mit Gummihandschuhen, manchmal sogar mit Mundschutz.
Rund 35 Sammelboxen hat der Gerolzhöfer in Geschäften, Banken, Kindergärten, Schulen und Betrieben auch außerhalb Gerolzhofens sowie an öffentlich zugänglichen Stellen wie der Verwaltungsgemeinschaft oder dem Pfarrer-Hersam-Haus aufgestellt. Die Boxen hat ihm einst Schreiner Bernhard Hacker gezimmert, beschriftet hat sie Stöcker selbst. Der gelernte Einzelhandelskaufmann hat die Sammelbehälter in regelmäßigen Abständen oder wenn sie voll waren, geleert. "Dabei bin ich sicher mehrere tausend Kilometer gefahren", schätzt der Sammler.
17 Tonnen Erdöl gespart
In diesen Boxen kamen im Laufe der Jahre rund 8,5 Tonnen Elektronikschrott zusammen. Obwohl für Robert Stöcker die Verwendung des Erlöses für gute Zwecke im Vordergrund stand, hat er durch seine Sammeltätigkeit auch der Umwelt einen enormen Dienst erwiesen. Zur Herstellung von einem Kilo Patronen oder Kartuschen sind nämlich zwei Liter Erdöl nötig. Durch das Recycling von Stöckers Sammelgut wurden also 17 Tonnen Öl eingespart. Dazu kommen rund 20 Tonnen Kohlendioxid, die beim Verbrennen von Elektronikschrott entstanden wären. Beim Recyclen von Kartuschen und Patronen werden diese gereinigt und neu befüllt.
Pro Jahr sind zwischen 800 und 900 Euro an Erlös für den Schrott zusammengekommen. Das Geld ging zum Teil über die Kolping-Stiftung an die Rumänien-Hilfe, an das Ziegenprojekt von Kolping in Kenia (Hilfe zur Selbsthilfe), an die Krebshilfe, an die Pfarrei oder an andere Hilfsprojekte.
Auch die Bio-AG half mit
Ganz allein hat Robert Stöcker das Projekt allerdings nicht gestemmt. Immer wenn die Garage voll genug war für eine neue Lieferung, half ihm ein Kolping-Mitglied beim Verpacken. Mehrmals taten das auch Schüler der Realschule Gerolzhofen, genauer die Bio-AG, die Lehrerin Barbara Stumpf leitet. Das Verpacken dauerte immer eineinhalb bis zwei Tage. Dann holten die Abnehmerfirmen die Kartons kostenlos ab, die meist zwischen 150 und 200 Kilogramm wogen.
In diesen Tagen wird der 83-Jährige die Sammelboxen zum letzten Mal leeren und dann abbauen. Noch einmal wird er beim Inhalt die Spreu vom Weizen trennen, und alles Wiederverwertbare zur letzten Lieferung zusammenstellen. Dann wird es das Angebot nicht mehr geben, das auch für den Verbraucher ziemlich bequem war. Jetzt bleibt ihm nur noch, sich bei allen Spendern und Helfern zu bedanken.
Leergut nicht in die schwarze Tonne
Wer jetzt leere Kartuschen oder Patronen entsorgen will, sollte das auf keinen Fall über den Hausmüll (Schwarze Tonne) tun. Denn auf diesem Weg gehen wertvolle, wiederverwendbare Materialien verloren. Rund 80 Prozent aller Behälter werden wegen falscher Entsorgung immer noch nicht recyclt. Robert Stöcker empfiehlt deshalb seinen bisherigen "Zulieferern", alles, was sie bisher in die Sammelboxen geworfen haben, in einen Wertstoff-Container auf der Kompostanlage des Landkreises in Gerolzhofen zu bringen. Weitere Optionen für Private: die Rücksendung an den Hersteller, die Rücksendung an den Verkäufer oder die Sendung an Entsorgungsfachbetriebe gegen Vergütung, so wie es bisher Robert Stöcker bisher getan hat.