20 Jahre werden es bald, dass Dr. Volker Döring seine staatlich anerkannte Wildtierauffangstation für den Landkreis Schweinfurt in Gerolzhofen ehrenamtlich betreibt. Doch das Aufkommen und der Zulauf werden immer größer. Zu gewissen Stoßzeiten flattern fast zu jeder Tages- und Nachtzeit regelmäßig neue „Patienten“ buchstäblich herein. So steckt der seit 1986 in Gerolzhofen praktizierende Tierarzt mittlerweile in einem Dilemma. Einerseits will er in Not geratenen Wildtieren nach besten Kräften helfen, doch andererseits „explodiert uns die Geschichte langsam zeitlich und finanziell unter dem Hintern“, wie er betont.
Und noch etwas liegt ihm am Herzen. Nicht jedes Jungtier, das in freier Wildbahn gefunden werde, müsse in den Lohmühlenweg gebracht werden, denn die Eltern seien mit Sicherheit in der Nähe. Somit reiche es im Normalfall, den Vogel, Igel, Hase oder das Rehkitz einfach ins nächste Gebüsch zu tragen.
„Finger weg von Jungtieren“
Dörings dringender Appell: „Finger weg von Jungtieren, außer sie sind verletzt oder krank.“ Gerade die Feldhasenaufzucht sei äußerst problematisch und arbeitsintensiv.
Tatkräftig und engagiert unterstützt wird der Gerolzhöfer Fachtierarzt für Zoo-, Gehege- und Wildtiere bei der Betreuung der in der Auffangstation aufgenommenen Schützlinge von seinen Tierarzthelferinnen Manuela Lommel und Nina Niedermeier, seiner Frau und von Oskar Metzner. Bei ihm in Schwebheim werden die meisten der in Gerolzhofen genesenen Greifvögel wieder ausgewildert.
Volker Döring: „Obwohl es immer schwieriger wird, das Ganze noch neben der Arbeit in der Tierarztpraxis hinzubekommen, macht es uns Spaß und wir machen das gerne. Das Dumme ist nur, dass wir unsere Arbeit so gut wie gar nicht honoriert und bezahlt bekommen, während sich der Landkreis für seine bestens bekannte Auffangstation rühmt.“
Der gebürtige Darmstädter beklagt: „Wir bekommen nur den Futterkostenzuschuss vom Landratsamt von etwa 300 Euro im Jahr. Das verbrauchen wir manchmal allein in zwei bis drei Wochen. Wir brauchen kein Bundesverdienstkreuz, was wir brauchen, ist Kohle!“ Deshalb auch die Organisation unter dem Dach des Vogelschutzvereins Schweinfurt.
Wenn man die Kosten für die Spezialfuttermittel für die verschiedenen Tierarten, wie gefrorene Küken, Mehlwürmer, Ziegenmilch und mehr, für Strom und Wasser sowie für die Unterbringung in den Käfigen zugrunde legt und obendrein berücksichtigt, dass Tiere immer wieder verarztet, sprich medikamentös behandelt, geröntgt oder operiert werden müssen, summiert sich der finanzielle Aufwand für die Station auf rund 5000 Euro, schätzt Döring.
Hinzu kommt eben der zeitliche Aufwand für die liebevolle Pflege und das Füttern der Tiere sowie das Saubermachen der Käfige. Das belegt ein aktueller Blick in die Wildtierauffangstation: Die vier jungen Rotschwänzchen müssen ebenso wie die Amsel tagsüber jede Stunde gefüttert werden, der Junghase wie auch der nestjunge Mäusebussard alle zwei bis drei Stunden. Die zwei Rehkitze „Klopfer“ und „Bambi“ bekommen alle zwei Stunden ihre Ziegenmilch mit der Flasche.
Während die Tiere im Normalfall möglichst schnell wieder aufgepäppelt und frei gelassen werden, ist die Schneeeule „Else“ mittlerweile Dauergast. Bei ihr waren gleich beide Flügel gebrochen. Sie ist nun schon seit vier Jahren hier, da sie niemand haben will. Besser sieht es für die Blaumeise aus. Ein halbes Jahr wird es dauern, bis die Schwungfedern des gebrochenen Flügels nachgewachsen sind und sie wieder in die Freiheit entlassen werden kann.
Frischling an der Ausgeh-Leine
Und auch der wenige Wochen alte, zehn Kilogramm schwere Wildschwein-Frischling „Rudi Rüssel“, der sich in eine Garage in Michelau-Sudrach verlaufen hatte, hat bei Hugo Grünewald in Dingolshausen eine neue Heimat gefunden. Dort lebt er in trauter Eintracht mit einem ausgemusterten, 300 Kilogramm schweren Alt-Eber und zieht die Blicke auf sich, wenn er mit Hugo Grünewald oder den Kindern an der Leine spazieren geht.
Jederzeit in gute Hände abzugeben wären auch fünf Landschildkröten, darunter die etwa 35 bis 40 Jahre alte Susi. Und jede Menge Zebrafinken.
Man sieht: Das Spektrum der Patienten umfasst die ganze Palette heimischer, aber immer wieder auch exotischer Tierarten, darunter Schlangen und anderes Getier. Nur wenn keine Aussicht auf Heilung besteht, müssen die Tiere erlöst und eingeschläfert werden.
Umso mehr freuen sich Döring und sein Team, wenn sich – wie dieser Tage – ein junger Turmfalke, der mit gebrochenem Flügel eingeliefert und operiert worden war, nach achtwöchiger, erfolgreicher Behandlung wieder frei gelassen werden kann.
Der durch die Doku „Menschen, Tiere und Doktoren“ des Fernsehsenders VOX bundesweit bekannt gewordene Tierarzt: „Das sind dann bei aller Arbeit und Mühe, die wir mit den Tieren haben, für uns immer wieder die schönsten Momente!“
Spenden für die im Vogelschutzverein Schweinfurt organisierte Wildtierauffangstation Gerolzhofen können auf das Konto mit der Nummer 8 275 810 bei der Sparkasse Schweinfurt (BLZ 793 501 01) eingezahlt werden.