Willkommen im Mutterschiff aller Honky-Tonks“, jubelt Damian Steuer von der Bühne im Rathausinnenhof. Der Lead-Sänger von Jam Delay, der den Hamburger Funk- und Soul-Nuschler Jan Delay covert und dabei verständlicher singen kann als das Original, ist begeistert.
Doch das Schweinfurter Mutterschiff des in dutzende Städte exportierten Kneipenfestivals hat am vergangenen Samstag ein wenig Schlagseite bekommen. Ralf Hofmann, Chef der veranstaltenden Blues-Agency, hat in einer ersten Bilanz ein Viertel weniger Besucher ausgemacht als im vergangenen Jahr, als 13 000 Gäste die Straßen gesäumt haben.
Von der Fußball-WM erschöpfte Partygänger, die Hitze, die Spontanbesucher eher abgeschreckt haben dürfte, ein großes Angebot von Konkurrenzveranstaltungen am vorletzten Wochenende vor den Sommerferien. Das alles könnte zusammengespielt haben, analysiert Hofmann. Da passen ungewohnte Pannen irgendwie ins Bild: Der Hitzekollaps eines Musikers beendet den Auftritt von „High Five“ vorzeitig. Eine Band hat den Termin verschusselt, Ersatz ist nur unter großen Mühen und mit zweistündiger Verspätung herangekarrt. Dennoch: An der Qualität des kulturellen Angebots hat es aus Hofmanns Sicht nicht gelegen; das sei „großartig“ gewesen, die Neulinge wie der Stadtstrand, „s'Türmle“ und „Naples“ ebenso.
Ohnehin geht es darum, dass jeder beim Flanieren zwischen den Bühnen und Kneipen seine eigene persönliche Perle entdeckt. Anne Haigis vor dem „Sax's“ etwa, die vor begeisterten Kennern eine exquisite Version von „Walzing Matilda“ bietet. Etwa „Bad Penny“ in der Alten Reichsvogtei, die in einer gefühlten Endlosschleife und zu später Stunde ungebrochen motiviert die irische Folk-Rock-Tradition pflegen inklusive „Whiskey in the Jar“.
Pocht aus der Hauptbühne im Rathaushof das Herz des Honky-Tonks, so findet sich auf dem Gelände der Roth-Brauerei das Epi-Zentrum: Dort regiert der Heavy-Metal. Diesmal ist zwischen oberarmtätowierten Blondinen und Motorrad-Kutten ein bisschen mehr Platz als sonst, doch die Brauereimitarbeiter kommen trotzdem beim Heranschaffen des flüssigen Nachschubs mächtig ins Schwitzen. Ein paar Schritte weiter südlich am Marktplatz lässt sich die Handy-Generation von Hip-Hop beschallen, schlürft Cocktails im Sommerkleidchen und checkt die neusten Nachrichten in den Sozialen Medien.
Und wer sich kein Eintrittsbändchen für die abgesperrten Bereiche leisten will, sitzt bei über 20 Grad um Mitternacht in den Cafés, Lokalen oder auf den Bankreihen auf dem Marktplatz und genießt die Atmosphäre. Großstädtisch gelassen geht es bei aller Betriebsamkeit zu. Auch die Polizei hat einen ruhigen Abend: eine Handvoll konfiszierter Joints, ein Wildpinkler, eine Schlägerei – das war's schon.
Insofern ist auch Ralf Hofmann zufrieden. In den nächsten Tagen werden er und seine Partner vor allem aus der Gastronomie die Veranstaltung analysieren, um die Ursache des Besucherrückgangs zu ergründen. Sie wollen den Termin überdenken und neue Ideen entwickeln. Ist der Schwund Anlass, das Großereignis grundsätzlich in Frage zu stellen? Hofmann sagt: „Nein.“
Aber HonkyTonk tue ich mir seit Jahren nicht mehr an. Weder in Schweinfurt, noch sonstwo.
Klar, prima organisiert, guter Sound, freundliches Personal, genügend Klos usw. gar keine Frage, aber das hat halt alles seinen Preis...
Das Honky Tonk wird es künftig schwer haben, bei den vielen Stadtfesten, Umsonst und draußen etc. die es überall umsonst oder viel günstiger gibt (Auch Rakoczy in KG kostet nur 2 Euro Eintritt) und auch gut organisiert sind.
Und die Meute rennt halt nun mal da hin, wo alle hin rennen. Diese Zeiten scheinen fürs Honky Tonk vorbei zu sein.