Blauer Himmel, weiße Wolken. Vor 75 Jahren wäre für Schweinfurt das Wetter schlecht gewesen: Bomberwetter. „Von Würzburg aus konnte man die Stadt schon in 30, 40 Kilometer Entfernung sehen“, sagt Joe Hall, ehemaliger GI in Schweinfurt, der in Bremen lebt.
Der Amerikaner, dessen Vater in der Air Force gekämpft hat, verkörpert im Fichtel & Sachs-Bunker einen US-Bomberpiloten: zum Gedenkwochenende „73 Jahre Kriegsende in Schweinfurt“.
Was ein zwiespältiges Gefühl sein muss. Die Kugellagerstadt trug dazu bei, dass die NS-Kriegsmaschinerie reibungslos funktionierte – und litt entsprechend unter alliierten Luftangriffen. Während Amerikaner vor allem des Schwarzen Donnerstag gedenken, dem 14. Oktober 1943, mit besonders schweren Verlusten unter den „Fliegenden Festungen“. Es waren mit Sprengstoff beladene Himmelfahrtskommandos, die ihrem Ziel entgegen brummten, in Mount Everest-Höhe, durch Turbulenzen, Sprengwolken, Beschuss der Jäger.
Zerfetzte Flugzeug-Reste zeigen im „Deutschen Bunkermuseum“, was nach einem Abschuss von Freund wie Feind blieb. An den „Black Thursday“ erinnert Pfarrer a.D. Dieter Schorn, mit einem von mehreren Vorträgen.
Es gab sogar ein Bunkerbaby
Museumsleiter Nils Brennecke spricht in der Ausstellung mit manchen Zeitzeugen, am Rande der Führungen: Ein Mann aus dem Grabfeld wurde im „Hochbunker A8“ geboren, ein Bunkerbaby. „Es ist ein positiver Ort“, sagt der Unternehmensberater seinen Gästen, der mit Ehefrau Petra das Objekt in der Ernst Sachs-Straße vor vier Jahren vom Bund übernommen hat: „Menschen haben darin überlebt.“ Für 1022 Zivilisten reichte die Luft offiziell, einen halben Tag lang, im 1941 betonierten Riedel-Bauwerk. In der Realität drängten sich darin bis zu 1800 Menschen. „Der Bunkerwart war Chef im Haus“. Ein Halberstädter ist in diese Rolle geschlüpft, eine Schweinfurterin spielt Krankenschwester. Jeeps, GI?s und Piloten sorgen ebenfalls für Zeitkolorit. An der Bunkertür wurde bei Luftalarm kontrolliert. Es sollte eine gepanzerte Arche für die Volksgemeinschaft sein: „Zwangsarbeiter, Juden hatten keinen Zugang“. Auch unter anerkannten Deutschen gab es Prioritäten: „Die Wolfsschanze, Hitlers Hauptquartier, hatte eine Betondecke von zehn Metern.“ Fürs Schweinfurter Volk reichten 1,40 Meter. Dennoch hielt das Dach einem Direkttreffer stand. Es gab kein Geschrei, hätten die Überlebenden berichtet: „Es war leise wie in einer Kirche.“
Seit 1983 versiegelt
1983 ließ die Bonner Regierung den Würfel als ABC-Schutzbunker versiegeln, Teil eines millionenschweren Programms im Kalten Krieg, das bis 1997 Bestand hatte. Der neue Putz hätte bei Explosionen wohl zum Erstickungstod geführt, in Staubwolken. Auch Türen wurden eingebaut, die hatte es im heißen Krieg nicht gegeben: Manch Insasse hätte im „Dritten Reich“ Gründe gehabt, sich dahinter umzubringen. Der Ausgang zu Fluchttunnel und Vorbunker wurde verschlossen, 150 Tonnen Filtersand in den vierten Stock geschleppt, um atomare Hitze in der Lüftung zu kühlen: „Die Sackträger wurden vom Arbeitsamt vermittelt.“ Schon wegen der Toiletten sei das Gebäude nie wirklich hermetisch abgeschirmt gewesen, wundert sich Brennecke, der auch unterm Jahr Führungen anbietet: durch die Welt der Stahlhelme, Löschsandeimer, Volksgasmasken.
Immerhin: „Seinen Zweck hat der Bunker erfüllt.“ Eine Oberndorferin erzählt, wie eine Bauersfrau den Alten, Frauen und Kindern Essen und Trinken gebracht hat. Wer 2018 entspannen will, für den steht „Bunker Blond“ bereit: Die Bierflasche wird versöhnlich von US-Schauspielerin Ginger Rogers geziert.
Am 17. Aug. 1943 war der erste Angriff auf Schweinfurt, lt. Internet. Da waren doch die Juden längst deportiert.