Große Hoffnung haben die ver.di-Frauen Schweinfurt auf die EU. "Es gibt so viele Themen, die dank der EU vorankommen. Gerade für uns Frauen. So hatte Nicolas Schmit in der bisherigen Kommission für ein einheitliches und hohes Niveau der gesetzlichen Mindestlöhne in der EU, der Tarifbindung und Lohntransparenz gekämpft“, sagt die Vorsitzende der ver.di-Frauen Kathi Petersen. Nun stellt sich die Frage, wie es in der EU nach der Wahl im Juni weitergeht. Dazu luden die ver.di-Frauen zum Kaminabend mit der SPD-Europaabgeordneten Maria Noichl ein, schreibt ver.di Schweinfurt in einer Mitteilung, aus der diese Informationen stammen.
"Unser Blick ist kämpferisch, aber auch betrübt", so Maria Noichl. Die Sozialdemokratin schilderte ihre Ziele für die kommenden fünf Jahre. "Wir haben viel vor beim Thema Gleichstellung. Wir wollen insbesondere Gewalt gegen Frauen endlich besiegen. Leider müssen wir sehen, dass die Zahlen weiter steigen. Frauen werden in ihrem Sozialraum angegriffen. Das ist besonders perfide, weil sich Frauen in ihrer Familie, in ihrem Freundeskreis, an ihrem Arbeitsplatz, eigentlich sicher fühlen. Gleichzeitig ist aber gerade hier die Gefahr am größten", so die Expertin für Frauenpolitik. Die EU habe in der letzten Legislaturperiode vieles geschafft. Daran gelte es weiterzuarbeiten.
Gleichstellung in der EU wird schwerer
Mit Blick auf die Europawahl, bei der quer durch alle Mitgliedsländer rechtsradikale und rechtsextreme Parteien erfolgreich waren, wurde deutlich: Es wird in Zukunft schwerer für mehr Gleichstellung in der EU. "Sinnbildlich steht dafür auch die Kommission. Während bis 2024 fast gleich viele Frauen und Männer das Kollegium bildeten, hat sich das Bild radikal verschlechtert. Nun haben wir 16 Männer und elf Frauen", schildert Noichl. Und noch schlimmer sei, dass sich kaum ein Land an das Verfahren hielt. "Abgesprochen war, dass jedes Land eine Frau und einen Mann vorschlägt. Das Parlament hätte dann alle Kandidatinnen und Kandidaten befragt und so wäre eine gute neue Kommission zustande gekommen", so Noichl. Das wurde aber nicht eingehalten.
Kritik an der neuen EU Kommission
Schockiert waren die ver.di-Frauen über die Zuständigkeiten der neuen EU Kommissare. "Es kann nicht sein, dass wir Bereiche teils doppelt und dreifach inhaltlich abdecken, aber es keine Kommissarin oder Kommissar für Arbeit und soziale Rechte gibt", so ver.di-Geschäftsführerin Marietta Eder. Europa müsse für gute Arbeit stehen und für hohe Standards zum Schutz der Menschen. Nun ist niemand mehr zuständig. "Das ist eine katastrophale Aufteilung der Kommissionspräsidentin von der Leyen", kritisiert Eder scharf.
In der EU ist üblich, dass jedes Land eine der Kommissionspositionen besetzen kann. Leider gibt es immer mehr Regierungen, die sich rechts verorten. "Im Parlament sind diese in drei Fraktionen zersplittert", erklärt Maria Noichl. „Sie sind sich nicht einig und im Unklaren, wie sehr sie die EU ablehnen“, sagt die Europapolitikerin. Die verheerende Konsequenz aus den Wahlergebnissen und der Abweichung alter Gepflogenheiten: Raffaele Fitto, von einer postfaschistischen Partei aus Italien, soll stellvertretender Kommissionspräsident werden.
Die Sozialdemokratin Maria Noichl kritisiert diesen Vorschlag scharf: "Die Konservativen rund um Ursula von der Leyen und Manfred Weber hätten mit uns, als zweitstärksten Fraktion, und Liberalen und Grünen ein starkes Zeichen für Demokratie setzen können. Stattdessen setzen sie auf Antieuropäer und Postfaschisten. Deshalb werde ich gegen das gesamte Kollegium der Kommission stimmen", so Maria Noichl. Nach einer spannenden Debatte stellten die Anwesenden aber auch fest: Der Gegenwind werde stärker. Gleichzeitig lohnt es sich, für Europa zu kämpfen. "Wir brauchen eine starke EU, auch wegen der weltpolitischen Lage, aber auch, weil sie unseren Alltag besser machen kann", so Kathi Petersen abschließend.