
Ein gemeinsames Hochwasserschutzkonzept, das den kompletten Verlauf des Volkach-Bachs sowie dessen Einzugsgebiet umfasst – dieses Ziel verfolgen neun Städte und Gemeinden seit mehreren Jahren. Mittlerweile sind die Planungsarbeiten soweit fortgeschritten, dass die Gemeinden und deren Einwohner wohl noch im Herbst dieses Jahres erste Ergebnisse zu Gesicht bekommen werden.
Diesen Fortschritt berichtet Leandro Mücke, einer der beiden Projektleiter, auf Nachfrage dieser Redaktion. Mücke arbeitet für die Hydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasser und Umwelt mit Sitz in Aachen. Das Büro hatte vergangenes Jahr die Ausschreibung für das zu erstellende Hochwassserschutzkonzept gewonnen. Ein Spezialgebiet des Büros ist es, mittels Rechenmodellen mögliche Hochwasserlagen zu simulieren und daraufhin Schutzmaßnahmen gegen die vom Wasser ausgehenden Gefahren zu entwerfen.
Zunahme des "Jahrhunderthochwassers"
Messlatte für den angestrebten Schutz ist es, die Anwohner der Volkach sowie auch die der Schwarzach und deren Zuflüsse vor den gravierenden Auswirkungen eines sogenannten Jahrhunderthochwassers weitgehend zu bewahren. Ein solches "HQ 100", wie es Fachleute nennen, ist allerdings eine rein statistische Größe: Die Natur hält sich natürlich nicht daran, dass ein Hochwasser solcher Dimension nur in Abständen von 100 Jahren auftritt. Der fortschreitende Klimawandel und die damit einhergehende Zunahme an Starkregen-Ereignissen dürfte Bäche und Flüsse künftig deutlich häufiger zu solchen Dimensionen anschwellen lassen.

Dieses gemeinsame Ziel haben die Städte Gerolzhofen und Volkach sowie die Gemeinden Kolitzheim, Michelau, Dingolshausen, Oberschwarzach, Lülsfeld, Frankenwinheim und Sulzheim spätestens nach den Hochwasserlagen im Juni 2016 erkannt und auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, berichtet Carina Hein. Als Allianzmanagerin der ILE-Region "Steigerwald" hat sie die Aufgaben, die Planungsarbeiten und Beteiligten des Hochwasserschutzkonzeptes zu begleiten und deren Anliegen untereinander und mit allen Beteiligten abzustimmen.
Von der Quelle bis zur Mündung
Das Besondere an den hiesigen Plänen sei es, so Hein, dass alle Volkach-Anrainer nicht nur in einem Boot, sondern an einem Tisch sitzen, um wörtlich betrachtet von der Quelle des Baches im Steigerwald bis zu dessen Mündung in den Main in Volkach ein gemeinsames Konzept zum Schutz der Anrainer zu entwickeln. Hochwasserschutz sowie das Zurückhalten von Wasser ist in der Vergangenheit oft nur in Teilabschnitten eines Gewässers betrachtet worden. Dies hatte zur Folge, dass manche Maßnahmen, die die Hochwasserlage für die eine Gemeinde verbessert hat, am Ende die Lage einer anderen Gemeinden im Unterlauf des Gewässsers womöglich sogar noch verschlimmert hat.

Hochwasserschutzpläne, die ein ganzes Flussgebiet einbeziehen, sollen dies verhindern und dafür sorgen, dass alle Anrainer gleichermaßen profitieren. Zentrale Bedeutung kommt hier der Ausarbeitung eines 2D-Modells zu, das unter Einbeziehung der Topografie des Einzugsgebiets der Volkach die wahrscheinliche Hochwasser-Ausbreitung berechnet. Die dafür notwendigen Basisdaten hatte das Büro ISB ermittelt. Diese enthalten auch Angaben zu besonders kritischen Punkten, etwa baulichen Engstellen am Bachlauf. Diese Daten stehen Hydrotec nun zur Verfügung, erklärt Projektleiter Mücke. Er arbeitet derzeit an der Fertigstellung des 2D-Modells, das flächig auftretende Hangabflüsse in Folge von Starkregen simuliert und Gefahrenpunkte abseits von Gewässern identifiziert. Die Ergebnisse stimmt Hydrotec noch mit dem Wasserwirtschaftsamt ab.
Bürger werden informiert
Mücke rechnet damit, dann im Herbst dieses Jahres das Ergebnis der Modellberechnung den beteiligten Kommunen sowie auch der dortigen Bevölkerung vorstellen zu können. "Die Menschen vor Ort wissen aus ihren Erfahrungen heraus schließlich am besten, ob sich Hochwasser bei ihnen so verhält, wie wir es berechnet haben", sagt der Fachmann. Gegebenenfalls werden die Modelle angepasst. Gerechnet ab der Auftragvergabe im Oktober 2020 hat das Büro insgesamt eineinhalb Jahre Zeit, um ein fertiges Konzept vorzulegen.
Träger des Hochwasserschutzkonzepts ist die Gemeinde Michelau. Geht es später an die Umsetzung der Maßnahmen, sind grundsätzlich alle Anrainer-Gemeinden gefragt, denn diese müssen jeweils alle auf ihrem Gebiet anfallenden Arbeiten auch bezahlen. Um das Verfahren möglichst einfach und vor allem koordiniert ablaufen zu lassen, wäre die Gründung eines Zweckverbands möglich, sagt Allianzmanagerin Hein. In diesem könnten alle Kommunen beteiligt sein, und der Zweckverband könnte als Bauherr die Aufgaben vergeben. Zudem könnte der Zweckverband auch die staatliche Förderung entgegennehmen: 75 Prozent der zuschussfähigen Kosten.
Die restlichen Kosten, die an den Kommunen hängen bleiben, müssten diese sich über einen festgelegten Schlüssel teilen. Infrage käme als Grundlage für eine solidarische Kostenbeteiligung aller Teilnehmer beispielsweise der jeweilige Anteil der Städte und Gemeinden am Einzugsgebiet des Volkach-Bachs, sagt Hein.
Drei Lösungsvarianten
Hydrotec hat laut ihr den Auftrag, mindestens drei mögliche Lösungsvarianten für die Hochwasserabwehr zu erarbeiten. Diese sollen zudem mit einem zweiten Ziel zusammenpassen, die die neun Kommunen verfolgen: die Erstellung eines Bewässerungskonzepts für die Region zwischen Main und Steigerwald. Denn bereits auf den ersten Blick fallen die möglichen Synergien beider grundsätzlich separaten Konzepte ins Auge. Denn was liegt näher, als das Wasser dann, wenn es in viel zu großen Mengen durch die Volkach fließt, aufzufangen und es für Trockenzeiten zum Bewässern von Feldern und Sonderkulturen zu bunkern? Auf diese Weise könnte aus Hochwasser sogar etwas Fruchtbares entstehen.