Auch der Abwasserzweckverband (AZV) Obere Werntalgemeinden dreht an der Gebührenschraube. Angesichts steigender Kosten und hohen Investitionsdrucks hat die Verbandsversammlung, die erstmals im neuen Verwaltungsgebäude an der Kläranlage stattfand, eine Erhöhung der Gebühren ab 2024 beschlossen.
Die Schmutzwasserentsorgung kostet künftig statt 2,75 Euro pro Kubikmeter 3,52 Euro im Zeitraum bis 2026. Beim Niederschlagswasser erhöht sich die Gebühr von 30 auf 47 Cent, die Grundgebühr steigt bei Haushalten von 60 auf 90 Euro. Bis 2026 stehen Investitionen von 32,8 Millionen Euro in Kläranlage, Ortsnetze und Sonderbauwerke an – historischer Höchststand. Geplant ist eine Neuverschuldung von 8,2 Millionen Euro, sodass der aktuelle Schuldenberg von 28,6 Millionen auf 35,1 Millionen Euro wachsen könnte.
In den Gebühren eingepreist sind die grob geschätzt sieben Millionen Euro, die der AZV vermutlich für Leitungen im Gewerbegebiet ConnBarracks, auf dem Gebiet der Gemeinden Niederwerrn und Geldersheim, investieren muss. Andererseits gab es bei der Nachkalkulation für den Zeitraum 2019 bis 2022 "Überdeckungen" im Gegenwert mehrerer Hunderttausend Euro, die den Verbrauchern bei der Gebühr zugute kommen.
Ein Drei-Personen-Haushalt zahlt künftig 136 Euro mehr im Jahr
Geschäftsleiterin Daniela Sell verwies darauf, dass seit Start der Einheitsgebühr 2009 rund 25,7 Millionen Euro investiert worden seien, die Schulden sich aber nur um 2,5 Millionen Euro erhöht hätten. Bei einem Drei-Personen-Haushalt in einer 150 Quadratmeter Wohnung rede man bei der neuen Gebühr von einer jährlichen Mehrbelastung von 136 Euro. Die Erhöhung sei moderat, sagte Sell.
Trotz Sparmaßnahmen haben die Preissteigerungen auch beim Neubau des dachbegrünten Bürogebäudes zugeschlagen, vor allem beim Innenausbau. Insgesamt wurde für 3,6 statt 3,1 Millionen Euro gebaut.
Der Euerbacher Verbandsrat Günter Hutter wunderte sich über steigende Kosten beim Niederschlagswasser, trotz Dürre und Trockenheit. Verbandschef Willi Warmuth erinnerte an "punktuell" auftretende Starkregenereignisse. Unabhängig von der Regenmenge habe man einfach Fixkosten. "Wir ersticken an den Zinsen", sagte Matthias Wetterich. Bis Ende 2025 solle der Schuldenstand auf mehr als 47 Millionen Euro steigen. "Wir verlagern die Kosten in die nächste Generation", befürchtet der Oerlenbacher Verbandsrat.
Andere AZV-Vertreter sorgten sich wegen der Finanzierung "auf Pump". Die Abschreibung über 50 Jahre hinweg sei im System vorgegeben, sagte Warmuth. Man dürfe im Ergebnis weder Gewinn noch Verlust erwirtschaften. Die Entscheidung, sich rein über Gebühren zu finanzieren, sei bewusst gefällt worden. Die Bürger seien heute froh, keine Beitragsbescheide für Einzelmaßnahmen mehr zu erhalten, so Simone Seufert.
Auch künftige Generationen werden über Gebühren belastet
Der Aspekt der Gleichbehandlung kam ebenfalls zur Sprache. Ludwig Nätscher verwies auf die Generationengerechtigkeit: Auch künftige Nutzer sollen über die Gebühr Investitionen in Verbandseinrichtungen mittragen. Kanäle würden heute bis zu 70 Jahre, nicht mehr nur 50 Jahre halten, sagte Daniela Sell, das System funktioniere. "Der AZV wird immer fremdfinanziert werden", lautete das Resümee von Bettina Bärmann. Fest steht allerdings auch, dass die Zeit der Nullzinsen erst einmal passé ist.
In 20 Gemeindeteilen werden die Abwässer von 26.000 Einwohnern entsorgt. Jürgen Seufert berichtete als Technischer Leiter von zahlreichen Maßnahmen, darunter der Bau des neuen Gasspeichers. Nach einer Insolvenz wird beim Anlagenbau eine Neuausschreibung nötig. Fast die Hälfte der 212 Kanal-Kilometer ist älter als 40 Jahre. Von den 3,5 Millionen Kubikmeter Wasser, die 2022 gereinigt wurden, waren 953.000 Liter Fremdwasser, etwa aus Drainagen. Durch Arbeiten an den beiden Blockheizkraftwerken war die Eigenstromversorgung niedriger als sonst, sie sank um 29 auf 39 Prozent.
Der Haushalt steigt gegenüber 2022 um sieben Millionen Euro
Bei der Verabschiedung der Gebührensatzung gab es eine Gegenstimme. Der neue Haushalt wurde einstimmig gebilligt. 8,48 Millionen Euro liegen im Verwaltungshaushalt, 13,1 Millionen Euro im Vermögenshaushalt, dem aus dem Verwaltungshaushalt 1,8 Millionen Euro zugeführt werden. Das Gesamtvolumen beträgt 21,6 Millionen Euro. Im Jahr 2022 hatte der Haushalt noch 14,8 Millionen Euro, im Jahr davor 12,3 Millionen Euro umfasst.
Thomas Kundmüller fragte nach neuer Stromspeichertechnik. Auf der Anlage gibt es bereits den Gasspeicher. Vor allem bei der Klärschlamm-Behandlung will der Verband innovative und ökologische Wege gehen. Entsprechende Konzepte werden in Zusammenarbeit mit dem IfE, dem Amberger Institut für Energietechnik, entwickelt. Auch die neue Verwaltungszentrale wurde bewusst in Holz gebaut, mit aktuellen Energiestandards. Am 23. September soll das Gebäude offiziell eingeweiht werden.