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Handthal
Hirschkäfer: Forscher suchen im Raum Gerolzhofen nach den großen Käfern mit dem prägnanten Geweih
Die Krabbler gelten als bedrohte Tierart. Mit Hilfe der Einwohner vor Ort möchten Forscher jetzt herausfinden, wo es in der Region Hirschkäfer gibt. Dazu sammeln sie Daten im Internet.
Ein Blick ins Bildarchiv dieser Redaktion zeigt, dass es im Raum Gerolzhofen in den zurückliegenden Jahren immer wieder Aufnahmen von gefundenen Hirschkäfern gab. Dieses Prachtexemplar  wurde beispielsweise im Mai 2013 in Schallfeld abgelichtet.
Foto: Lothar Riedel | Ein Blick ins Bildarchiv dieser Redaktion zeigt, dass es im Raum Gerolzhofen in den zurückliegenden Jahren immer wieder Aufnahmen von gefundenen Hirschkäfern gab.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 27.04.2023 13:01 Uhr

Hirschkäfer erreichen eine Länge von bis zu neun Zentimetern und zählen damit zu den größten heimischen Käferarten – und sie stehen als stark gefährdete Spezies unter gesetzlichem Schutz. Ihren Namen verdanken sie ihrem geweihartigen Oberkiefer, der besonders bei den Männchen deutlich ausgeprägt ist. Damit ist der Hirschkäfer auch für Laien leicht zu erkennen.

Darauf bauen das Biodiversitätszentrum Rhön (BioZ) im Bayerischen Landesamt für Umwelt, die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und der Verein Hirschkäferfreunde Nature Two. Um sich ein genaues Bild von der Verbreitung des Hirschkäfers in Franken zu machen, rufen sie die Menschen hier dazu auf, gesichtete Hirschkäfer auf einer Online-Plattform (siehe Infobox) zu registrieren. Das bürgerwissenschaftliche Projekt geht bis zum 31. August 2022. Die im Internet veröffentlichteKarte mit den bisher gemeldeten Fundorten zeigt bereits rund ein Dutzend bestätigte Hirschkäfer-Sichtungen in Unterfranken. Ein Fundort liegt in Handthal.

Der Screenshot der Webseite www.hirschkaefer-suche.de (vom 12. Mai 2022) zeigt die dort eingetragenen Fundorte von Hirschkäfern in Franken. Ein Fundort liegt direkt in Handthal.
Foto: Screenshot Michael Mößlein | Der Screenshot der Webseite www.hirschkaefer-suche.de (vom 12. Mai 2022) zeigt die dort eingetragenen Fundorte von Hirschkäfern in Franken. Ein Fundort liegt direkt in Handthal.

Im Interview mit dieser Redaktion erklärt Sebastian Vogel als Käfer-Fachmann des BioZ, welche Bedeutung den Hirschkäfern zukommt, weshalb der Bestand der imposanten, einst weit verbreiteten Tiere heute akut gefährdet ist und wie jeder mithelfen kann, deren Überlebenschancen zu verbessern.

Frage: Früher kannte den Hirschkäfer wohl jedes Kind oder hatte selbst schon einmal einen gesehen. Wie selten sind diese Käfer mittlerweile? Woran lässt sich das ablesen?

Sebastian Vogel: Die Roten Listen Bayerns und Deutschlands stufen den Hirschkäfer in die Kategorie 2 (stark gefährdet) ein. Das ist eine der höheren Gefährdungskategorien. Kategorie 3 heißt "gefährdet", 1 "vom Aussterben bedroht" und 0 "ausgestorben". Nach einem Negativtrend Mitte der 90er Jahre können die Bestände des Hirschkäfers im Vergleich zu anderen gefährdeten Arten heute aber eher als stabil angesehen werden, wobei gezielte Schutzmaßnahmen weiterhin von Bedeutung sind. Der Hirschkäfer kann zudem als sogenannte Leit- oder Schirmart angesehen werden: Werden seine hohen Ansprüche an den Lebensraum erfüllt, profitieren davon auch zahlreiche weitere Arten mit ähnlichen Ansprüchen. Das ist auch ein Grund, warum die Art europaweit durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie geschützt ist.

Interviewpartner Sebastian Vogel vom Biodiversitätszentrum Rhön ist ein Fachmann für Hirschkäfer.
Foto: Bayerisches Landesamt für Umwelt | Interviewpartner Sebastian Vogel vom Biodiversitätszentrum Rhön ist ein Fachmann für Hirschkäfer.
Woran liegt es, dass das Vorkommen von Hirschkäfern heute so eingeschränkt ist?

Vogel: Die heutige Gefährdung des Hirschkäfers beruht vor allem auf Veränderungen seines Lebensraums. Dabei handelt es sich weniger um aktuelle Veränderungen als historisch bedingte Entwicklungen unserer Landschaft.

Welche Voraussetzungen gelten, dass ein Lebensraum für Hirschkäfer geeignet ist?

Vogel: Hirschkäfer benötigen offene, besonnte Strukturen und kommen deshalb häufig an Waldrändern, auf Streuobstwiesen oder in Gärten vor, weniger im Waldinneren. Eine Ausnahme bilden hier Mittelwälder, von denen es deutschlandweit in Franken noch am meisten gibt. In diesen Lebensräumen muss es dann noch geeignetes Totholz mit intensivem Erdkontakt geben, zum Beispiel liegende Baumstämme oder Wurzelstöcke. Dabei werden vor allem die Eiche, aber auch andere Laubbaumarten und in selten Fällen Nadelbäume mit einem gewissen Durchmesser und Fäulegrad besiedelt. Hirschkäfer brauchen außerdem bis zu acht Jahre für ihre Entwicklung vom Ei zum fertigen Käfer, so lange muss das Totholz als Larvennahrung vorhanden sein. Das sind alles Faktoren, die das Gefährdungsrisiko des Hirschkäfers hochtreiben, wie eine Untersuchung der Technischen Universität München zeigen konnte. Die erwachsenen Tiere nehmen zuckerhaltige Säfte aus Baumwunden oder überreifem Obst auf – Energie, die sie für ihre Fortpflanzungsfähigkeit benötigen. Auch solche Strukturen müssen gegeben sein.

Totholz im Wald ist ein Lebensraum, wo sich neben zahlreichen weiteren Lebewesen auch Hirschkäfer wohl fühlen.
Foto: Marion Eckert | Totholz im Wald ist ein Lebensraum, wo sich neben zahlreichen weiteren Lebewesen auch Hirschkäfer wohl fühlen.
Worauf kann jeder von uns achten, um Hirschkäfern das Überleben zu erleichtern?

Vogel: Fast jeder kann etwas für den Hirschkäfer tun, insbesondere Gartenbesitzer. Alte oder abgestorbene Obstbäume müssen nicht zwingend entfernt werden, sondern können mit ihrem Totholz einen wichtigen Lebensraum bilden, nicht nur für den Hirschkäfer. Hirschkäfer selbst können übrigens keinen Baum zum Absterben bringen, sie nutzen und recyceln nur, was die Natur ihnen bietet. Auch Brennholzpolter mit Bodenkontakt können als Brutstätte dienen. Eine Todesfalle bilden dagegen häufig offene Regenfässer. Hier können ein Deckel oder eine Gitterabdeckung Abhilfe schaffen. Sollte es dennoch einmal passieren: Bitte auch scheinbar tote, regungslose Käfer noch retten! Denn sie benötigen manchmal mehrere Stunden, um wieder zu sich zu kommen. Solchen Hirschkäfern kann man auch einen Energiedrink aus Marmelade oder reifem Obst anbieten. Manchmal sieht man auch Käfer, die versuchen, eine Straße zu überqueren. Diese sollten immer in der Nähe des Fundortes geschützt an einem Baum oder Strauch ausgesetzt werden. Sie können fliegen und am Abend selbst entscheiden, ob sie bleiben oder weiterziehen wollen. Bei Grabarbeiten im Garten entdeckte Engerlinge könnten auch Hirschkäferengerlinge sein, vor allem, wenn man sie an oder neben einem alten Baumstumpf entdeckt hat. Zu all diesen Fragen, auch wie man einen Hirschkäfer anfasst, ohne gekniffen zu werden, findet man Informationen auf der Webseite unseres Kooperationspartners www.hirschkaefer-suche.de

Was ist für Sie als Fachmann das Beeindruckendste an einem Hirschkäfer? Was macht diesen so besonders?

Vogel: Auf den ersten Blick natürlich erstmal die Größe. Ein Hirschkäfer kann damit locker mit tropischen Käferarten mithalten. Aber auch der Flug eines Hirschkäfers, insbesondere der Männchen ist etwas Besonderes. Stellen Sie sich einen heißen Frühsommertag vor und Sie hören zunächst ein lautes Brummen, bevor Sie den Käfer zwischen den Baumkronen fliegen sehen.

Wann haben Sie Ihren ersten Hirschkäfer gesehen?

Vogel: An meinen ersten lebenden Hirschkäfer kann ich mich nicht mehr gezielt erinnern, allerdings an ein anderes, eindrückliches Erlebnis im Stadtwald von Bad Windsheim, einem Mittelwald: Zur Mittagszeit Anfang Juni vor zwei oder drei Jahren saßen etwa ein Dutzend männliche Hirschkäfer an einer einzelnen Eiche mit Saftfluss, am Stammfuß noch mehrere Weibchen. Es herrschte ein reges Treiben, auch in der Luft. So etwas habe ich seitdem auch nicht mehr gesehen.

Aufruf der Forscher: Hirschkäfer-Funde online melden

Noch bis Ende August 2022 können Interessierte im Internet unter www.hirschkaefer-suche.de ihre aktuellen Hirschkäfer-Beobachtungen mit Angabe von Fundort und Funddatum melden – am besten mit einem Foto des Käfers, heißt es in einer Pressemitteilung des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU). Wer das Glück hat, einen solchen Käfer zu entdecken, darf diesen jedoch keinesfalls der Natur entnehmen, heißt es dort weiter.
Die höchsten Chancen, die nachtaktiven Tiere fliegen oder krabbeln zu sehen, bestehen dem LfU zufolge an schwülwarmen Abenden während der Flugzeit der Hirschkäfer von Mitte Mai bis Ende Juli. Die Männchen lassen sich leicht anhand ihres namensgebenden, geweihartigen Oberkiefers ausmachen. Ihre Körpergröße schwankt zwischen dreieinhalb und neun Zentimetern. Hirschkäferweibchen sind dagegen mit einer Länge von drei bis fünf Zentimetern deutlich kleiner und verfügen über einen wesentlich weniger ausgeprägten Oberkiefer. Kennzeichnend sind auch die schwarzbraune Grundfarbe sowie das rotbraune Schimmern der Flügeldecken.
Ein Flyer zu der Aktion kann im Internet auf der Seite des Bayerischen Umweltministeriums heruntergeladen werden.
Quelle: LfU
 
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