
"Die Geschichte schreibt sich nicht selbst, die Menschen schreiben die Geschichte", dieses von Paul Beinhofer stammende Zitat hat sich bei Hilmar Spiegel besonders eingeprägt. Seine ganz eigene Lebensgeschichte wird nun schon seit acht Jahrzehnten geschrieben, denn am Sonntag feierte der Kreisarchivpfleger aus Zeilitzheim seinen 80. Geburtstag. Die Geschichte für die Nachwelt zu erhalten und damit die Lebensleistung der Vorfahren zu bewahren, hat sich Spiegel ein Stück weit auch zu seiner eigenen Lebensaufgabe gemacht und seine Erfüllung darin gefunden.
Der runde Geburtstag ist ein gebührender Anlass, um in Spiegels persönlichem Buch des Lebens zurückzublättern. Geboren ist er am 12. März 1943 im hessischen Watzenborn, da sein Vater zeitweise im benachbarten Gießen stationiert war. Bereits im Juni desselben Jahres ging es für ihn aber mit seiner Mutter nach Zeilitzheim. Hier besuchte er die Volksschule, anschließend absolvierte er zwei Semester an der landwirtschaftlichen Fachschule, ehe er im Oktober 1962 eine Lehre bei der BayWa in Volkach begann. Nach erfolgreichem Abschluss arbeitete er dort in unterschiedlichen Funktionen bis zu seinem Renteneintritt.
Kopf, Motor und Herz des historischen Arbeitskreises
Mit seinem Heimatort und dessen Historie identifiziert sich Hilmar Spiegel wie kaum ein anderer zuvor. Seit mehr als 50 Jahren sammelt er ehrenamtlich jegliche Art von Zeugnissen, die mit der Geschichte seines Heimatortes zusammenhängen. Seit über 30 Jahren ist er Kopf, Motor und Herz des historischen Arbeitskreises in Zeilitzheim, welcher auf seine Initiative hin mit dem Ziel gegründet wurde, "zu erforschen, wie sich ein Dorf und seine Generationen entwickeln". Insgesamt 14 Ausstellungen und zahlreiche Projekte, welche die Geschichte des Orts lebendig und sichtbar machen, konnten seitdem verwirklicht werden.
Seit fast drei Jahrzehnten ist Spiegel Kreisarchivpfleger im Landkreis Schweinfurt und dabei für 17 Kommunal- und 62 Gemeindearchive im südlichen Landkreis zuständig. Bis auf eines seien alle Archive in seinem Sprengel geordnet und verzeichnet. Er sei glücklich und zufrieden, dass dies gelungen ist, denn ein "Archiv ist die geschriebene eigene Geschichte der eigenen Vorfahren", betont Spiegel, der zudem auch noch ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege ist.
Von Landrat Florian Töpper bekam er im Jahr 2021 für sein Wirken um die Geschichte in seiner Heimat und der ganzen Region die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Den umgangssprachlich als Bundesverdienstkreuz bezeichneten Orden hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verliehen. Der Landkreis würdigte sein ehrenamtliches Engagement bereits 2014 mit einer Ehrenurkunde.
Leidenschaft für die Musik
Neben der Geschichte hat Hilmar Spiegel auch eine Leidenschaft für Musik. Seit 1957 spielte er im evangelischen Posaunenchor und seit 61 Jahren singt er im Männerchor Frohsinn im 1. SC Zeilitzheim. Sein persönliches Lebensmotto, erzählte er in einem Gespräch, habe er bei Philosoph Seneca gefunden: "Willst du glücklich sein, so mehre nicht deinen Besitz, sondern mindere deine Ansprüche."
Die ereignisarme Zeit der Corona-Pandemie hat Spiegel genutzt, um einige Vorhaben vorzubereiten, die demnächst umgesetzt werden sollen. So wird in Fortsetzung seines ersten Buches "Kinderzeit in Zeilitzheim" bald das nächste Werk mit dem Titel "Jugendzeit in Zeilitzheim" erscheinen, welches bereits im Rohmanuskript fertiggestellt ist. Weiterhin ist eine Handwerkerausstellung sowie als – wie er selbst sagt – vermeintlich letztes großes Projekt unter seiner Regie eine Ausstellung in Planung unter dem Titel "Von Chulingishem nach Zeilitzheim – eine Jahrtausendgeschichte". Sie soll die Entwicklung des Orts von der Steinzeit bis heute nachzeichnen.
Einzigartige Errungenschaften hinsichtlich der Zeilitzheimer Ortsgeschichte, um die er sich wie kein zweiter verdient gemacht habe, seien ihm zu verdanken, lobte Bürgermeister Horst Herbert den rührigen Historiker, der wiederum in diesem Zusammenhang auch die stets hervorragende Zusammenarbeit mit Herbert und der gesamten Gemeinde hervorhob. Zu seinem Ehrentag gratulierten dem Jubilar ganz besonders seine Frau Gisela sowie die drei Kinder mit sieben Enkelkindern.