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Schweinfurt
Hilferuf: Familie flüchtet mit Dackel aus der Ukraine und sucht dringend eine Wohnung
2300 Kilometer hat Ludmilla mit ihren beiden Söhnen und zwei Dackeln auf der Flucht vor dem Krieg in der Ukraine hinter sich gebracht. Jetzt hofft sie auf Hilfe in Schweinfurt.
Endlich in Sicherheit: Ludmilla ist mit ihren beiden Söhnen Nasar (links mit Dackel Alpha) und Stanislav (rechts mit Dackel Jessica) vor dem Krieg in der Ukraine geflohen. In Schweinfurt suchen sie nun eine Wohnung, in der auch die tierischen Familienmitglieder leben dürfen.
Foto: Anand Anders | Endlich in Sicherheit: Ludmilla ist mit ihren beiden Söhnen Nasar (links mit Dackel Alpha) und Stanislav (rechts mit Dackel Jessica) vor dem Krieg in der Ukraine geflohen.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 09.02.2024 02:58 Uhr

Sie haben alles verloren. Für Ludmilla und ihre beiden Söhne Nasar und Stanislav sind ihre beiden Dackel das einzige, was ihnen noch aus der Heimat bleibt. Fünf Tage waren sie auf der Flucht. 2300 Kilometer haben sie teils mit Auto, teils zu Fuß bewältigt. Jetzt sind sie mit ihren Tieren in Schweinfurt in Sicherheit und brauchen dringend eine Wohnung. Wer kann der jungen Familie mit den beiden kleinen Dackeln helfen?

Alpha und Jessica, so heißen die zweijährigen Geschwisterhunde, waren schon in der Nacht vor der Flucht unruhig. Eigentlich sollten sie bei den Großeltern in der Ukraine zurück bleiben. So hatten es Ludmilla und ihr Ehemann beschlossen, der als Mitglied einer territorialen Verteidigungsgruppe in Tscherkassy, einer 270.000-Einwohner-Stadt etwa 170 Kilometer von Kiew entfernt, zurück blieb. Doch als es am Morgen losgehen sollte, hätten sich die 10 und 13 Jahre alten Söhne geweigert, ohne die Hunde fortzugehen.

"Es gab einen Riesenzirkus", übersetzt Kornelia Schistka-Streck. Bei der in Schweinfurt lebenden Ukrainerin, die für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie für Justizbehörden dolmetscht, ist die junge Frau mit ihren Kindern und den Hunden vorübergehend untergekommen. Sie hilft der Familie bei allen Formalitäten und bei der Wohnungssuche. Wegen der beiden Hunde habe sie bislang leider aber nur Absagen von Vermietern bekommen.

Dackel unter dem Anorak versteckt

Viele Flüchtlinge aus der Ukraine nehmen ihre Haustiere mit. Doch nicht überall dürfen sie über die Grenze gebracht werden. Auch Nasar und Stanislav hatten Angst, dass die slowakischen Zöllner ihnen die Hunde abnehmen würden. "Sie kommen dann in einen Käfig und werden in den Bergen ausgesetzt", weiß Kornelia Schistka-Streck. Eine Bekannte in der Ukraine hat einige solcher Tiere aufgelesen und versorgt sie auf ihrem Hof. Manche Flüchtlinge müssen ihre Haustiere auch alleine zurücklassen. Das wäre für die beiden Brüder überhaupt nicht in Frage gekommen. "Lieber wollen wir mit den Dackeln sterben", hätten sie den Eltern gesagt.

Der Vater brachte seine Familie und die Hunde dann mit dem Auto in die Nähe der slowakischen Grenze. Von dort an mussten sie zu Fuß weiter. Auf dem Rücken einen Rucksack und die beiden Dackel bei den Jungs unter dem Anorak versteckt. "Die Hunde waren mucksmäuschenstill, als wir von den Zöllnern kontrolliert wurden", erzählt Ludmilla. Sie hätten gespürt, dass dies eine gefährliche Reise war.

Fünf Tage war die 31-Jährige mit ihren beiden Söhnen und den Hunden unterwegs. Übernachtet haben sie im Auto und einmal auch in einem Kloster. Am vergangenen Samstag sind sie dann endlich bei Kornelia Schistka-Streck angekommen, die von Schweinfurt aus die Flucht mitorganisiert hatte.

Auch die Hunde sind traumatisiert

Die hilfsbereite Schweinfurterin hat kurzerhand ihre Wohnung umgeräumt, die Teppiche zusammengerollt und Decken für die Hunde ausgelegt, damit sie sich in der fremden Umgebung wohlfühlen. Denn auch Tiere sind nach solchen schrecklichen Erlebnissen traumatisiert. "Am ersten Tag hier waren sie total verängstigt", erzählt Kornelia Schistka-Streck.

Als versehentlich die Balkontür offenstand, seien sie in Panik durch den Garten auf die Straße geflüchtet. Die Dolmetscherin rannte im Pyjama hinterher und konnte sie wieder einfangen. Inzwischen haben die beiden Dackel schon Vertrauen gefasst, sitzen abends mit am Sofa und lassen sich das Hähnchenfleisch schmecken, das Kornelia Schistka-Streck für sie kocht.

Apropos Kochen: Ludmilla serviert beim Pressegespräch selbst gemachte Piroschky. Die mit Kraut gefüllten Hefeteigtaschen sind ein typisches Gericht aus ihrer Heimat. Für die Kaffeetafel tischt sie sogar noch eine süße Variante mit Kirschen und Creme-Plätzchen auf. Die zierliche Frau hat sechs Kilogramm seit dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine abgenommen.

Schutz vor den Raketen suchte die Familie in den öffentlichen Bunkern. Manchmal sei dort auch kein Platz mehr gewesen. "Dann sind wir wieder in die Wohnung zurück gerannt und die Raketen sind über unsere Köpfe geflogen", erzählt Ludmilla. Ihren älteren Sohn haben die Raketenangriffe besonders zugesetzt. "Er war total panisch."

Kornelia Schistka-Streck will versuchen, die beiden Jungs so schnell wie möglich in einem Sportverein unterzubringen. Auch zur Schule sollen sie baldmöglichst gehen. "Sie können schon bis zehn zählen", sagt Ludmilla stolz. Die junge Mutter will den Lebensunterhalt für ihre Familie selbst verdienen. Sie ist Floristin und auf der Suche nach Arbeit. Doch zu allererst braucht sie eine Wohnung, in der auch die beiden Dackel Alpha und Jessica leben dürfen. Denn die Hunde sind Familienmitglieder. "Jetzt haben wir 2300 Kilometer geschafft, da werden wir das auch schaffen", meint die junge Frau optimistisch.

Wer der jungen Familien eine Wohnung vermitteln kann, soll sich bei Kornelia Schistka-Streck melden, Telefon (0170) 6276440 oder nstreck@gmx.de

 
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Kommentare
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  • Mila
    Eine Wohnung zu finden, ist wie ein Sechser im Lotto, schon mit Kindern schwierig, aber mit Tieren fast utopisch. Spreche hier aus eigenen Erfahrungen: alle wollen ruhige, gutsituierte und handwerklich begabte Mieter, die möglichst alles auf eigene Kosten reparieren und dazu noch sämtliche Reinigungsarbeiten im und um das Haus herum freiwillig, und natürlich auch umsonst erledigen. Husten nur in Zimmerlautstärke, auf keinen Fall im Treppenhaus. Frag mich: waren diese Vermieter nie Kinder? Viel Glück.
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  • Zugut
    @mila
    Das ist doch Unsinn. Ihr Kommentar macht die Suche der Familie nicht leichter, er bedient Vorurteile. Ich wünsche der Familie alles erdenklich Gute.
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