
Wer kennt hierzulande Kabuli Palau? Das Reisgericht mit Lammfleisch, Nüssen, Rosinen und Möhren ist das afghanische Nationalgericht. "So schmeckt meine Heimat", sagt Soheila Rasuli. Auch die Menschen in und um Schweinfurt sollen erfahren, wie ihre Heimat schmeckt und dabei ein gutes Werk tun. So lädt Soheila Rasuli zu einem Benefiz-Dinner zugunsten notleidender Familien in Afghanistan ein. Gemeinsam mit fünf anderen Frauen aus Afghanistan wird sie am Samstag, 13. November, in der Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung "Maria Theresia" ein afghanisches Drei-Gänge-Menü zubereiten und dieses um 19 Uhr servieren.
Soheila Rasuli lebt seit 30 Jahren in Deutschland, aber ihre Heimat hat sie nie losgelassen. Fast täglich telefoniert sie mit ihren beiden Brüdern in Kabul. Wenn keine Zeit zu einem Gespräch ist, dann erfährt sie über ein Smiley, wie die Lage vor Ort ist. Und diese ist seit dem Rückzug der internationalen Truppen und der Machtübernahme durch die radikal-islamischen Taliban "schlimm", sagt die 48-Jährige. Noch während sie erzählt, bestätigt eine Push-up-Nachricht auf meinem Smartphone ihre Schilderungen: "Das Militärkrankenhaus in der afghanischen Hauptstadt Kabul ist Ziel eines Angriffs geworden. Es werden mehrere Tote und Verletzte gemeldet."
Soheila Rasuli blutet das Herz, wenn sie solche Nachrichten aus ihrer Heimat hört. Die Terroranschläge seien zwar weniger geworden, die Not der Menschen aber größer. In Afghanistan herrsche Armut, Hunger, Elend, Arbeitslosigkeit. "Die Kinder laufen barfuß, haben nichts zu essen." Familien leben in Zelten mit Nichts außer ein paar Habseligkeiten. Vor allem Mädchen und Frauen gehe es schlecht. "Die Töchter meiner Brüder dürfen nicht mehr Schule", erzählt Soheila Rasuli. Mädchen würden nur noch bis zur fünften Klasse unterrichtet. Auch Studieren und Arbeiten sei für Frauen verboten. Gerade in den vergangenen zwei Monaten habe sich die Lage zugespitzt.
Festliches Dinner für 50 Gäste
Für Soheila Rasuli ist klar: "Wir müssen helfen!" Aus diesem spontanen Gedanken heraus entstand die Idee zu einem Benefiz-Essen zugunsten notleidender Familien in Afghanistan. Die 48-Jährige unterrichtet seit zwölf Jahren im Interkulturelle Begegnungszentrum für Frauen (IBF) Migrantinnen in Deutsch und hatte ursprünglich geplant, für diesen Kreis ein Essen zu kochen. Doch spontan erklärten sich fünf andere Frauen aus Afghanistan bereit mitzuhelfen, so dass nun ein festliches Dinner für 50 Gäste angerichtet werden kann.

Die Speisekarte klingt verlockend: Als Vorspeise werden gefüllte Teigtaschen und Linsensuppe serviert, als Hauptgericht das traditionelle "Kabuli Palau" und als Dessert Süßspeisen mit Kürbis, Datteln, Feigen und Granatapfel. Dazu gibt es Safrantee und andere exotische Getränke wie Dough, das persische Nationalgetränk mit Joghurt. Alle Gänge natürlich auch in vegetarischer Variante.
Künstler fertigt Kalligrafien für die Gäste

Besonders freut es Soheila Rasuli, dass im Kochteam ein junges afghanisches Mädchen mitwirkt und die Familien aller Beteiligten das Benefiz-Essen unterstützen. Sogar ihr in Münster lebender Bruder, der afghanische Künstler Omar Ayobi, der auch einige Jahre in Schweinfurt verbrachte, wird kommen und im Rahmen der Veranstaltung personalisierte Kalligrafien für die Gäste fertigen.
Speziell für die Ankündigung der Benefizveranstaltung hat der Künstler ein Lieblingsgedicht von Soheila Rasuli des persischen Dichters Saadi als Kalligrafie angefertigt: "Die Adamskinder sind miteinander wie Glieder verbunden, von der Schöpfung her ein und diesselbe Essenz. Bringt das Schicksal ein Glied zum Schmerzen, dann lässt es die anderen Glieder nicht ruhig. Und falls du arglos mit ihren Belangen umgehst, kannst du dich nicht als Mensch bezeichnen."
Für die 48-Jährige drücken diese Worte ihre Gefühle aus, wenn sie das Leid in Afghanistan sieht. "Da fühle ich mit, das spüre ich am ganzen Körper." Soheila Rasuli hat selbst Krieg und Zerstörung in ihrer Kindheit in Kabul erlebt. Dank eines Stipendiums konnte sie mit 18 Jahren nach dem Abitur in Berlin ein Studium beginnen. Deutschland ist inzwischen ihre zweite Heimat geworden. Seit 14 Jahren lebt sie mit Ehemann und drei Töchtern in Schweinfurt und engagiert sich ehrenamtlich im IBF. Rund 1000 Migrantinnen hat sie in dieser Zeit schon geholfen, in der deutschen Sprache Fuß zu fassen.
Spenden werden von der Stiftung Afghanischer Frauenverein verteilt
Nun möchte sie auch ihren Landsleuten in Afghanistan helfen. Wer nicht am Benefiz-Dinner teilnehmen kann, hat die Möglichkeit, eine Spende im IBF-Büro abzugeben. Um sicherzustellen, dass die Spenden direkt in Lebensmittel oder Hilfsgüter investiert werden, hat Soheila Rasuli Kontakt zu der Stiftung Afghanischer Frauenverein geknüpft. Mit Spenden aus Schweinfurt könne vielen Familien – zumindest eine Weile – mit dem Allernötigsten geholfen werden.
Wie wichtig das ist, erfährt die 48-Jährige immer wieder in den Telefonaten mit ihren Brüdern in Kabul. Einer arbeitet an einem Bildungszentrum und hat seit vier Monaten kein Gehalt mehr bekommen. An Erspartes komme man nicht heran, weil die Banken geschlossen seien. Auch Lebensmittel würden nicht mehr importiert, weshalb viele Menschen Hunger leiden. "Uns geht es allen hier sehr gut", meint Soheila Rasuli, weshalb sie auf die Spendenbereitschaft der Schweinfurter hofft.
Und sie hat einen Appell: "Solange es Waffenexporte gibt, wird in Afghanistan keine Friedenstaube fliegen." Und auch andere Länder dieser Welt "werden nicht zur Ruhe kommen".
Information: Das Benefiz-Dinner findet am Samstag, 13. November, um 19 Uhr in der Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung "Maria Theresia" in der Carl-Zeiss-Straße 14 in Schweinfurt statt. Der Spendenbeitrag pro Person beträgt 50 Euro. Anmeldungen können bis zum 10. November im Interkulturellen Begegnungszentrum für Frauen (IBF), Obere Straße 14, in Schweinfurt, erfolgen. Reservierungen sind auch telefonisch möglich, (09721) 5419818 oder (0157) 38747514, oder per E-Mail info@ibf-scheinfurt.de Für die Veranstaltung gilt die 2G-Regel (genesen oder geimpft).