Aus den Lautsprechern dröhnt harte Rockmusik, die australische Band AC/DC besingt den „Highway to Hell“. Die erwachsenen Models erklimmen den Laufsteg, das Publikum applaudiert frenetisch, die Sportmode steht auf dem Programm. Der Beifall wird zum Jubel, als ein Nachwuchs-Model einen Hai als Schwimmtier mitbringt.
Weitere junge Models wandeln auf dem Laufsteg, das Publikum johlt. Und als ein Rapper eine Einlage bringt, kreischen sich Teenies bald die Lunge aus dem Leib. Ein Saxophonist, Tänzer und die bayerischen Vizemeister im Turnen lösen bei ihren Showeinlagen lautstarke „Zugabe“-Rufe des Publikums aus. Direkt nach der Modenschau bestürmt das Publikum den anwesenden Händler und bestellt gleich zentnerweise T-Shirts, Sweatshirts und Pullis aus der vorgestellten Kollektion.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Wir sind nicht bei einer Modenschau in Mailand oder Paris, und Karl Lagerfeld ist weit und breit nicht zu sehen. Sondern wir befinden uns in der Aula der Mittelschule Gochsheim, und die Schüler und Lehrer präsentieren auf einem eigens aufgebauten Laufsteg – und eingebettet in einer aufwendigen Show – ihre neue Schulkleidung. Eben T-Shirts, Sweatshirts und Pullis, in den verschiedensten Farben, lang- und kurzärmelig.
Wo in anderen Schulen die Schüler Bestellzettel in die Hand gedrückt bekommen und die Eltern, so sie diese Zettel überhaupt zu Gesicht bekommen, dann die Schulkleidung mit dem Logo der Schule bestellen (und die Lehrer wochenlang hinter den Schülern herlaufen müssen), gibt es in der Mittelschule Gochsheim eben eine Modenschau, mit anschließender Bestellmöglichkeit.
„Absolute Spitze“, sagt Jana (17), die mit ihrer Schwester Lena (15) die Modenschau besucht. „An meinem Gymnasium gibt es zwar auch Schulkleidung, aber die trägt kaum einer. Hier wird sie super präsentiert, die Schule selbst präsentiert sich super nach außen. Und die Modenschau war so Klasse, da will man die Kleidung sofort anziehen.“
Diese Meinung teilt auch die Siebtklässlerin Nastja. Gemeinsam mit ihrer Mutter Natalia schaut sie sich den Prospekt der Anbieterfirma an, und bei dessen Vertreter ordern die Eltern gleich reihenweise die Schulkleidung. Sie ist nicht zu verwechseln mit einer Schuluniform, „das wollen die Schüler nicht, und wir Lehrer wollen das auch nicht“, sagt Schulleiter Detlef Haas, der die Kleidung selbst auf dem Laufsteg präsentiert hatte.
Die Idee zu dieser Modenschau stammt von den Schülern. Die Schüler hatten sich einen Tag lang mit dem Thema „Traumschule“ auseinandergesetzt. Dem Schulleiter präsentierten sie „eine ganze Reihe erstaunlich ernst gemeinter und sinnvoller Ideen, unter anderem auch diese Modenschau“. Und natürlich beteiligten sich die Schüler auch fleißig am Rahmenprogramm, mit Rap, Tanz und Turnen.
Die Lehrer banden sich auch mit in die Modenschau ein, der Hausmeister war für die Licht- und Tontechnik verantwortlich, und Andrea Ott, Klassenlehrerin der M9, war die „große Macherin“. Das Ergebnis: strahlende Schüleraugen, begeisterte Eltern, zufriedene Lehrer – und ein Schulkleidungslieferant, der der Schule die gesamte Bestell-Organisation abnimmt, so dass die Lehrer nicht mehr wochenlang hinter den Bestellzetteln herlaufen müssen.