Alle Augen sind nach vorne gerichtet, als Gesundheitsminister Klaus Holetschek zur Knochensäge greift und den Motor anschaltet. Kreischend fräst sich die Säge in das künstliche Kniegelenk und trägt Stück für Stück den Knochen ab. Dank künstlicher Intelligenz kann nichts schiefgehen. Der Minister muss nur den Roboterarm halten, den Rest erledigt die Maschine von alleine.
Die Show-Einlage vor großem Publikum im Gartensaal des Orthopädischen Krankenhauses Schloss Werneck (Lkr. Schweinfurt) hatte Professor Christian Hendrich zur Feier der 5000. Knieprothese organisiert, die mit Hilfe von Robotertechnik in seinem Haus inzwischen eingesetzt worden ist. 2013 war der erste der eine Million Euro teuren Operationsroboter angeschafft worden. Mittlerweile stehen vier davon in den Wernecker OP-Sälen.
Der Roboter ersetze zwar nicht den Chirurgen, betont Professor Hendrich, aber er mache ihn besser. Das MAKOplasty genannte System besteht aus einer Planungsstation, einer 3D-Kamera und einem Roboterarm, mit dem es laut Hendrich möglich ist, Prothesen mit einer Präzision von 0,1 Millimeter an die individuelle Anatomie des Patienten anzupassen. Der Computer gibt exakt vor, wie das Prothesenbett gesägt werden muss und blockiert falsche Schnitte. "Das erhöht die Patientensicherheit enorm", sagt Hendrich.
Mittlerweile werden in Werneck nahezu alle Knie- und Hüftprothesen mit Roboterunterstützung eingesetzt. 1200 solcher Operationen gab es allein im vergangenen Jahr. Damit sei die Klinik in Europa führend in dieser Königsdisziplin der Digitalisierung, so Hendrich.
"Das ist ein Quantensprung für die Patientinnen und Patienten in Unterfranken", verweist auch Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel auf die High-Tech-Medizin im ländlichen Raum. Der Bezirk als Träger der Klinik habe zeitig die Weichen gestellt, sodass Werneck heute technologieführend in Deutschland sei und in der gleichen Liga wie amerikanische Spitzeninstitutionen spiele.
Holetschek fordert finanzielle Hilfe für die Krankenhäuser vom Bund
Zur Feier der 5000. robotergestützten Endoprothese im Schloss Werneck war deshalb auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek eingeladen worden, um sich selbst einen Eindruck zu verschaffen, wie nützlich künstliche Intelligenz und Robotik in der Medizin sein können. "Ich bin beeindruckt", sagte der Gast aus München und lobte das Krankenhaus in den historischen Gemäuern für die gelungene Verbindung von Innovation und Tradition.
Holetschek verwies aber auch auf die Herausforderungen, vor denen der Gesundheits- und Pflegebereich stehe. Die Energiekosten explodieren, die Inflation steige. Den Krankenhäusern fehlten nächstes Jahr neun Milliarden Euro. "Das ist ein kalter Strukturwandel, der auf uns ausrollt." Deshalb müssten die Krankenhäuser schnell Hilfe bekommen. "Das kann das Land nicht alleine schaffen, das kann nur Berlin machen", fordert Holetschek finanzielle Hilfe von der Bundesregierung. Der Freistaat stelle jährlich schon über 643 Millionen Euro für Investitionen zur Verfügung. Gesundheit und Pflege erfordern aber finanzielles Engagement aller Beteiligten.
Förderbescheid über 1,2 Millionen Euro für das Schlosskrankenhaus Werneck
Apropos Geld: Als Beleg, dass der Freistaat auch weiterhin die Kliniken unterstützt, hatte der Minister einen Scheck über 1,2 Millionen Euro mitgebracht. Das Geld kommt aus dem Krankenhauszukunftsfond, der Digitalisierungsvorhaben fördert. Holetschek: "Die Digitalisierung im klinischen Bereich ist wichtig. Das Geld, das wir zusammen mit dem Bund über den Krankenhauszukunftsfonds in die Maßnahmen investieren, ist gut angelegt."
Anlässlich des Besuchs des Staatsministers im Schloss gab Professor Hendrich noch einen Ausblick auf die Orthopädie im Jahr 2030. Als einzige orthopädische Klinik in Deutschland verfüge Werneck bereits über ein Labor im Operationsaal, das eine Herstellungserlaubnis für körpereigene Stammzellen aus Knochenmark erhalten habe. So können Knochen und Knorpel mit körpereigenen Zellen wieder aufgebaut werden. Dank neuester Computertomographie können inzwischen auch große Wirbelsäulenoperationen minimal-invasiv durch die Haut durchgeführt werden. Noch macht es der Operateur, doch künftig wird hier Kollege Roboter ebenfalls im Einsatz sein.
Im Röntgenbereich arbeitet mittlerweile auch ein Roboter, der eigenständig 3D-Bilder erstellt. Im Aufbau ist zudem das digitale Patientenportal, um Patientinnen und Patienten auf die Ferne vor und nach der OP zu betreuen. Die größte Herausforderung der Zukunft sieht Professor Hendrich aber darin, das Fachpersonal zu rekrutieren, um die Patientinnen und Patienten behandeln zu können.