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SCHWEINFURT
High School für die Army: Nur das Maskottchen fehlt noch
Material aus Mannheim: Army-Pressesprecher Nathan Van Schaik, Verbindungsoffizierin Beth Potter und Interimsschulleiterin Sharon O'Donnell mit dem Material, das die Schweinfurter High School geerbt hat.
Foto: Mathias Wiedemann | Material aus Mannheim: Army-Pressesprecher Nathan Van Schaik, Verbindungsoffizierin Beth Potter und Interimsschulleiterin Sharon O'Donnell mit dem Material, das die Schweinfurter High School geerbt hat.
Von unserem Redaktionsmitglied Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 29.07.2011 17:27 Uhr

Die Freigabe des US-Verteidigungsministeriums kam am 28. Juni: Die Schweinfurter Garnison der US Army bekommt eine eigene High School. Eröffnungstermin: 29. August – wie alle anderen High Schools, die das Ministerium unter dem Kürzel DoDDS – Department of Defense Education Activity – in ganz Europa betreibt. Die Vorbereitungen in Schweinfurt laufen seither auf Hochtouren. „Noch 38 Tage“, sagt Beth Potter beim Besuch im Yorktown Village hinter dem Willy-Sachs-Stadion, und fügt mit einem gespielt säuerlichen Lächeln hinzu: „nicht, dass jemand zählen würde.“

Beth ist Liaison Officer, also Verbindungsoffizierin zwischen Schule und Army. Ihr Urlaub ist gestrichen – „ich gehe hier nicht eine Sekunde weg“, sagt Beth. Sie wird den Sommer in Schweinfurt verbringen, ebenso wie das Team, das die Arbeiten koordiniert. Die Sekretärin des Principals, also des Schulleiters, war schon am Flughafen, um in die Staaten zu fliegen, als sie zurückgeholt wurde. Sharon O'Donnell, Leiterin der High School in Wiesbaden, ist für ein paar Wochen nach Schweinfurt gekommen, um alles für den neuen Principal vorzubereiten. Der musste binnen weniger Wochen ebenso gefunden und verpflichtet werden wie das gesamte restliche Lehrerkollegium.

Schulleiter in Schweinfurt wird Vince Diaz, derzeit stellvertretender Chef in Naples, berichtet Sharon. Naples, Florida? „Naples, Italy – your continent“, korrigiert die Schulleiterin. Von Neapel nach Schweinfurt – wird das eine große Umstellung für ihn werden? „Ja“, sagt Sharon trocken, „bisher war er Stellvertreter, jetzt wird er Chef.“

Bisher hatte die Schweinfurter US-Garnison nur eine Elementary und eine Middle School, also die Klassenstufen von eins bis acht. Alle Schüler der Klassen neun bis zwölf fuhren bisher in die High School nach Würzburg und seit deren Schließung 2007 nach Bamberg. „Unsere Schüler waren die reinsten Nomaden“, sagt Beth. Sieben Busse fuhren täglich nach Bamberg, der erste startete um 5.50 Uhr und machte 13 Zwischenstopps. Die Jugendlichen saßen also zwei Stunden im Bus bevor überhaupt die Schule losging.

Für 1,7 Millionen Dollar, knapp 1,2 Millionen Euro, wird derzeit die bisherige Middle School provisorisch zur High School für 170 Schüler umgebaut. Die Middle School wiederum wird mit der Elementary School zusammengelegt. Die Gesamtkosten beziffert ein Artikel in der Online-Ausgabe von „Stars and Stripes“ auf 2,4 Millionen Dollar. Noch sei nicht endgültig entschieden, ob Schweinfurt als dauerhafter Standort deklariert werde, so der Artikel weiter. Sollte dies aber eintreten, müsse ein Neubau für 200 Schüler errichtet werden. Kostenpunkt dann: 34 Millionen Dollar.

Einstweilen werden die naturwissenschaftlichen Labors aufgerüstet, es wird Unterrichtsräume geben, in denen Online-Unterricht gemeinsam mit der High School in Bamberg möglich ist, und einen Saal voller Herde für Kochunterricht.

Dass die Militärgemeinde ab nächstem Schuljahr ihre eigene High School hat, ist nicht nur eine riesige praktische Erleichterung. Das Projekt erfüllt alle mit Stolz und Vorfreude. Derzeit läuft eine Umfrage unter Schülern und Eltern, welches Schulmaskottchen und welche Farben die High-School-Teams bekommen sollen. „Das ist das Top-Thema unter den Vätern und Müttern, die gerade in Afghanistan sind“, erzählt Beth Potter. Für die Anfangszeit müssen allerdings die Trikots aus Mannheim reichen – hier wurde nämlich gerade die High School geschlossen, und mit den Trikots hat Schweinfurt deren Bibliothek und jede Menge anderer Schulmaterialien geerbt, vom den Schulterpolstern der Football-Spieler über die Pompons der Cheerleader bis hin zu einem lebensgroßen Skelett für den Biologie-Unterricht.

Im amerikanischen Bildungssystem gehen alle bis zur 12. Klasse gemeinsam zur Schule. Und erst in den Jahren ab der 9. Klasse zeichnet sich ab, welchen beruflichen und nicht selten auch Lebensweg die Schüler gehen werden. „Kinder entwickeln sich unterschiedlich schnell“, sagt Sharon mit Blick auf das deutsche Schulsystem, „unser System hat zum Ziel, sie alle fit fürs College zu machen.“

Dabei sollen zwei Programme helfen, die die Militärgemeinde zusammen mit der High School genehmigt bekommen hat: Das AJROTC – Army Junior Reserve Officer Training Corps – soll nach dem Vorbild einer Militärakademie Disziplin, Führungsqualitäten und akademische Bildung vermitteln. Und AVID – Advancement Via Individual Determination – soll Schüler, die unter ihren Möglichkeiten blieben, mittels einer Art Bildungsvertrag und anspruchsvolleren Kursen in Richtung Uni fördern.

Einen Brauch haben Beth und Sharon allerdings dem deutschen Schulsystem abgeschaut: Wenn der neue Schulleiter und sein Stellvertreter ihr Amt antreten, bekommen sie Schultüten überreicht.

Scherze mit Skelett: Beth Potter und Sharon O'Donnell
| Scherze mit Skelett: Beth Potter und Sharon O'Donnell
 
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