"Wer war Maria Magdalena, was bewegte die 13. Apostelin?" Antworten auf diese Fragen gab es am Freitag in Gerolzhofen. Hundert Gäste verfolgten in der evangelischen Erlöserkirche das neue Stück von Amelie Auer. In einem emotionalen Monolog erzählte die Schauspielerin aus dem Leben Maria Magdalenas - ohne Jesus und mit ihm. Das Publikum erlebte den leidenschaftlichen Auftritt einer selbstbewussten Frau, die sich eineinhalb Stunden mit Wort, Gesang und Bewegung öffnete. Wegen der großen Resonanz (ausverkauft) gibt es am 12. April um 20 Uhr in der Erlöserkirche eine weitere Aufführung.
Es ist mucksmäuschenstill in dem Gotteshaus, als Amelie Auer barfuß durch die Reihen schlendert und die Augen ihrer Gäste kontaktiert. "Herzen auf, nur Mut!" fordert sie die Besucher auf, dabei zu sein als Teil der Inszenierung. Gemeinsam erleben und gemeinsam gestalten lautet ihr Motto. "Atmen Sie mit mir", sagt sie, während sanfte Klavierklänge den weiten Raum durchstreifen. Mit dem Bild der Ruhe in Form eines schwebenden Blattes kehrt sie zurück zum Tag der Kreuzigung Jesu und darüber hinaus. "
Gründe, für die Lehre Jesu zu sein
Als Jesus in mein Leben trat, wurde er Teil meiner Geschichte, und ich Teil seiner", schlüpft sie in Maria Magdalenas Rolle. "Wenn Du glücklich sein willst, dann setze auf die Dinge, die dir niemand entreißen kann", wendet sie sich an das Publikum. Es erfährt, warum sich Maria Magdalena Jesu Lehre anschloss – energisch und sensibel, emotional und authentisch gespiegelt von Amelie Auer. Immer wieder holt sich die Darstellerin während des Stückes die Erlebnisse und Begegnungen Maria Magdalenas ins Bewusstsein. "Mit diesen vielen Bildern von Menschen fühle ich mich überhaupt nicht alleine", sagt sie. Wenn Maria Magdalena von anderen Personen erzählt, sind diese auf der Bühne präsent. Mit Herzblut und hochkonzentriert lebt Amelie Auer ihre Rolle. Mit stehendem Applaus würdigt das Publikum die Aufführung.
Auf die Idee für das Stück kam Amelie Auer bei der Betrachtung eines Judas-Schauspiels in Berlin. "Das hat mich damals so interessiert, dass ich mir das Drehbuch schicken ließ", erinnert sich die Schauspielerin. Zusammen mit Christoph Auer, der den Judas spielte, brachte sie als Regisseurin Judas auf die Bühne. Im vergangenen Jahr führten sie das Stück in Gerolzhofen auf. "Danach war es nur konsequent, dass nach Judas eine Frau zu Wort kommt", spannt sie einen Bogen zu dem Stück, das sie selbst geschrieben hat, und bei dem nun Christoph Auer sein Regiedebüt feiern durfte.
Maria Magdalena sei die Figur in der Judas-Geschichte gewesen, die sie wahnsinnig spannend fand mit einer "irrsinnigen Präsenz". Bis die Autorin ihr neues Stück starten konnte, galt es zu "sammeln, recherchieren, mit anderen Menschen darüber sprechen und fühlen". Von der Idee bis zur Fertigstellung vergingen fast zwei Jahre. Als die Vorarbeit geleistet war, ging ihr das Schreiben gut von der Hand. Innerhalb von zwei Wochen war die Geschichte über die 13. Apostelin (erst seit 2016) von Jesus fertig.
Prozessarbeit
Zug um Zug schufen Spontanität und Intuition bei den Proben das Drehbuch. "Es war Prozessarbeit während des Sprechens", erzählt die Schauspielerin. Ausprobieren und Spüren lautete die Devise bei dem Stück, das Carolin und Christoph Auer inszenierten und musikalisch begleiteten. "Konnten wir durchatmen, so wussten wir: So darf es sein." Mit ihrem feinen Gespür für Klänge untermalte Caro Auer einzelne Szenen intuitiv mit dem Klavier und unterstrich so die magischen Momente.
In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten sich Amelie und Christoph Auer gemeinsam mit Pfarrer Rainer Apel und seinem katholischen Kollegen Stefan Mai den Fragen des Publikums. Dabei betonten die Vertreter beider Kirchen die theologische Richtigkeit des Stücks sowie die beeindruckende Darstellung einer starken Maria Magdalena.
Ein Kind des Theaters
Schon als Kind bezeichnete Amelie Auers Mutter Petra ihre Tochter als "Schauspielerin". Von klein auf habe sie sich wohlgefühlt, in andere Rollen zu schlüpfen. "Das ist meine Passion, Emotionen haben mich schon immer interessiert", schildert sie. Bei einem Abstecher zum Fernsehen stellte sie schnell fest, "dass ich ein Kind des Theaters bin". Wichtig ist für sie immer, wie sich das Publikum fühlt. "Es war ein guter Theaterabend, wenn sich das Publikum wohl gefühlt hat", erläutert die 33-jährige Vollblutschauspielerin und Mutter zweier Töchter. Die gebürtige Schweinfurterin, die einige Jahre in ganz Europa unterwegs war, ist gerade dabei, ihren Wohnsitz wieder nach Gerolzhofen zu verlegen.