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OBERSCHWARZACH
Herz aus Freilandhaltung
Kraftvolle satirisch-kritische Texte: „Wortfront“, alias Sandra Kreisler und Roger Stein, begeisterten die Gäste im Salon des Wiesenhofs.
Foto: Beck | Kraftvolle satirisch-kritische Texte: „Wortfront“, alias Sandra Kreisler und Roger Stein, begeisterten die Gäste im Salon des Wiesenhofs.
Matthias Beck
 |  aktualisiert: 13.10.2013 16:41 Uhr

Die Wortfront GmbH, alias Sandra Kreisler und Roger Stein, überzeugte die Gäste im Erich-Kästner-Kinderdorf als Duo mit Worten, Synthesizern und vielen Soundideen. Ihre Mixtur aus literarischem Cabaret-Chanson, Hip-Hop und Elektro-Pop ergänzten sie mit ihren kraftvollen satirisch-kritischen Texten. So waren tiefsinnige, bissige, ironische, humoristische aber auch mitunter melancholisch angehauchte Texte im Salon des Wiesenhofs im Rahmen der Kästnerwoche zu hören.

Ob sie nun den Lebensstil der Kombination aus Bio-Mentalität und Profit-Streben in „Postmodernes Arschloch“ auf dessen Widersprüchlichkeiten hin beleuchteten oder die „pensionierten Punks“ besangen, die sich nur noch an die „gute alte Zeit“ erinnerten: Sandra Kreisler, die Tochter des unter anderem für seine Chansons bekannten Georg Kreisler, und Roger Stein reflektierten Lebensbilder unserer Informationsgesellschaft mit Rückblick auf die Vergangenheit und Ausblick auf die Zukunft.

Unbewusstes Grillen

Unterstützt haben die in Berlin lebenden Musiker ihre Lieder durch allerlei Ideen zum Sound: So bildete das Ticken einer Uhr bei ihrem Stück „Zeit“ den dazugehörigen Rhythmus, auf den die Sängerin den lebensphilosophisch-nachdenklichen Text über genutzte und vertane Zeit rappte.

Oder der meist an den Synthesizern spielende, aber auch singende Roger Stein funktionierte einen Salzstreuer zur Rassel um. Er summte ins Mikrofon, nahm das Ganze auf und schon hatte er Akkorde und Rhythmus, um darauf zu singen.

Auch spielten die gebürtigen Wiener, wie Kreisler ankündigte, ein Lied für die Kinder vom Kinderdorf. Ihr Song „Freilandherz“ reflektierte den Begriff Heimat: „Ich muss jetzt wieder weiter, weil mein Herz aus Freilandhaltung stammt“, so eine der Liedzeilen.

Überhaupt beherrschten die Musiker es, ihr Publikum anzusprechen. So starteten sie eine kleine Umfrage, ob man in der Schule lieber einen männlichen oder einen weiblichen Lehrer hatte. Sandra Kreisler meinte aufgrund der Anzahl der Handzeichen, dass wohl nun sie mit dem Erklären dran wäre.

Zumindest dem Anschein nach ging es um die Frage, wer von beiden das „Grillgedicht“ vortrage, in dem Philosophie und Literatur mit dem „liebsten Hobby“ der Deutschen verwurstelt wurde. Jedenfalls übernahm Stein den Prolog: Demnach hätten Kant, Schopenhauer, Schelling, Fichte und Nietzsche über das Grillen philosophiert und „Sigmund Freud sprach voller Lust, 'Der Mensch grillt oft auch unbewusst'“.

Im Gedicht selbst ließ Kreisler die Dichterfürsten Goethe und Schiller, die sich zum Grillen getroffen hätten, um eine Wurst zanken. Anlass des Streits sei die verbrannte Wurst Schillers gewesen und Goethe wollte seine mit ihm nicht teilen. So ging es hin und her: „Goethe war nun aufgebraust, und drohte ihm mit seinem Faust“, „Schiller aber, selbst nicht fein, warf mit einem Wallenstein“.

Lied über eine Amöbe

Im Vordergrund der Darbietung stand jedoch die Musik. Beispielsweise erklärte Stein den Gästen, dass er Tierlieder sammle. Die Musiker zählten Bienen, Entchen, Füchse oder Gänse auf, die sich im deutschsprachigen Liederschatz befinden. Doch laut Stein gibt es darin ein Tier noch nicht, über das er deshalb ein Lied verfasste. Es handelte von der Amöbe „Ferdinand“.

Die Musiker schlossen mit einem Stück über das heimliche Hören und Produzieren von Volksmusik ab. Selbstironisch sangen sie, dass Wortfront mit dem Schreiben solcher Stücke subventioniert würde. Das hob die Stimmung bei den Gästen und so spielte das Duo noch einige Stücke als Zugabe.

 
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