Im Rahmen der diesjährigen Augustinum-Veranstaltungsreihe „Ideen, die die Welt beweg(t)en“ sprach am Donnerstag der Würzburger Krebsforscher Dr. Thomas Bumm zum Thema „Krebstherapie der nächsten Generation“. Er berichtete von einem weltweit einmaligen Ansatz für eine schonende Immuntherapie bösartiger Erkrankungen, der am Universitätsklinikum Würzburg von einer von ihm geleiteten Arbeitsgruppe entwickelt wird.
Wesentlich daran beteiligt ist Privatdozent Dr. Gernot Stuhler, der Erfinder der so genannten Hemibody-Technik: Mit geteilten Antikörpern sollen Krebszellen zielgenau aufgespürt und vernichtet werden.
Zunächst erklärt Bumm das menschliche Immunsystem, das den Organismus vor schädlichen Krankheitserregern schützt. Als Immunantwort bezeichnet man die Reaktion des Immunsystems auf körperfremde Organismen oder Substanzen. Die allgemeine Abwehr (Haut, Darm), die zelluläre Abwehr (Fresszellen, Killerzellen, Gedächtniszellen, Enzyme) und die humorale Abwehr durch Antikörper bilden ineinander greifende Barrieren.
Was sind Antikörper?
Anschaulich schildert Bumm die Entwicklung der Immuntherapie zur Krebsbekämpfung seit den 1980er Jahren. Zu dieser Therapieform (neben Operation, Chemo- und Strahlentherapie) gehört auch die so genannte Antikörper-Therapie. Antikörper sind körpereigene Stoffe und dienen zur Bekämpfung sowie dem Abbau von allem Körperfremden. Antikörper docken an Antigenen (Markern) auf der Oberfläche von Zellen an.
Immuntherapeutisch geeignete Ziel-Antigene, die einen Tumor eindeutig von gesundem Gewebe unterscheiden, existieren nicht. Alle heute in der Klinik eingesetzten Antikörper binden daher Differenzierungsmarker, die sowohl auf Tumorzellen als auch auf gesundem Gewebe gefunden werden.
Dies führt im Rahmen einer gerichteten Immuntherapie regelmäßig zu schweren Nebenwirkungen, die oft einen Abbruch der Therapie erzwingen - die Krebszellen wachsen weiter.
Im Forschungslabor des Würzburger Uniklinikums entwickelt das Team um Stuhler/Bumm seit etwa acht Jahren einen neuen Therapieansatz. Der kann dem Immunsystem genau sagen, welche Zellen erkrankt sind und angegriffen werden sollen und welche nicht. Dies wurde durch die Entwicklung so genannter „Hemibodies“ erreicht, kleine Bruchstücke von Antikörpern, die sich erst im Tumorgewebe zu ihrer Wirkung vereinen.
Damit werden die entarteten Zellen dem Immunsystem sichtbar gemacht und mit hoher Präzision zerstört. Das gesunde Gewebe bleibt verschont.
Eindrucksvoll schildert Bumm die aufwendige Produktion der Hemibodies im Würzburger Labor. Von der Gewinnung aus Darmbakterien über Fermentation, Zellaufschluss, Aufreinigung, Löslichkeit bis zu den Tests in der Petrischale und am Mausmodell. Bumm nennt ein ehrgeiziges Ziel: In den nächsten zwei bis drei Jahren will man in Würzburg weltweit zum ersten Mal Patienten mit den Hemibodies behandeln.
Zunächst solche, die an einem Multiplen Myelom erkrankt sind, einer bösartigen Erkrankung des Knochenmarks. Wenn es zu einem guten Ansprechen der Therapie kommt, sollen Hemibodies auch gegen andere Tumore entwickelt werden.
Zuletzt spricht Bumm über die hohen Kosten der Hemibody-Entwicklung, die nach der jetzigen prä-klinischen Entwicklung bei der klinischen Entwicklung sprunghaft ansteigen werden. Er ist dankbar für das Engagement und den Erfolg des Würzburger Vereins „Hilfe im Kampf gegen Krebs“, der durch Crowdfunding (Finanzierung durch viele kleine Spenden) im letzten Jahr eine Million Euro für die Weiterführung des Würzburger Forschungsprojektes zusammentragen konnte.
Bumm erwähnt, dass schon jetzt starkes Interesse aus den USA bestehe, die Hemibody-Technologie einzukaufen. Doch er wolle sie mit Dr. Stuhler bis zum klinischen Einsatz in Würzburg weiter entwickeln.
Nur so könne sichergestellt werden, dass das Medikament beim Patienten ankomme und die Wirksamkeit auch klinisch geprüft werde. Doch ohne ausreichende finanzielle Unterstützung sei eine Weiterentwicklung der Erfolg versprechenden Therapie nicht gewährleistet.
Weitere Infos: Hilfe im Kampf gegen Krebs, Tel. (09 31) 2 99 85 095
e-mail: info@kampfgegenkrebs.de