Seit 2013 dürfen in dänischen Neubauten keine Gas- und Ölheizungen mehr installiert werden. In Deutschland ist man noch nicht so weit, doch auch hier geht der Trend weg vom fossilen Brennstoff hin zur innovativen Wärmeversorgung aus regenerativer Energie.
Eine solche könnte es schon bald für die 31 Bauplätze im Neubaugebiet „Am Nützelbach“ geben. Das Zauberwort heißt Kaltwärmeversorgung. Den Anstoß, darüber nachzudenken, gab die geo-net-Fraktion.
Bernhard Bedenk und Alexander Wolf von der Abteilung Energie/Umwelt bei der Unterfränkischen Überlandzentrale (ÜZ) in Lülsfeld stellten dem Stadtrat am Montag die Funktionsweise dieser Versorgungsart vor.
Für das Baugebiet „Am Nützelbach“ hatten die Lülsfelder einen Heizenergiebedarf von rund 560 000 Kilowattstunden im Jahr errechnet. Von den für das Quartier denkbaren Heizsystemen favorisierte Alexander Wolf die Sole-Wasser-Wärmepumpe. Sie habe die geringsten Betriebskosten unter den verfügbaren Systemen und einen Wärme-Arbeitspreis von nur 4,5 Cent pro Kilowattstunde.
75 Prozent der genutzten Energie kommen kostenlos aus der Umwelt. Eine solche Anlage mit ihren Erdsonden erzeuge kaum Geräusche, habe einen geringen Wartungsaufwand und erfordere keine Verbauung des Dachs.
Wolf zum baulich-technischen Ablauf: Erst wird eine Probesonde gesetzt, über sie die exakte Entzugsleistung von Wärme aus dem Boden bestimmt. Dann kommt es zum Genehmigungsverfahren, bevor die Wärmequelle mit Doppel-U-Erdwärmesonden mit einer Bohrtiefe von 90 Metern erschlossen wird. Dem einzelnen Verbraucher bietet die ÜZ Unterstützung bei der Antragstellung und bei der Einstellung der richtigen Heizkennlinie für einen effizienten Betrieb an. Der Verbrauch wird durch Smartmeter kontrolliert.
Die wirtschaftliche Seite: Nach ihrer Amortisation in 15 Jahren hat die Sole-Wasser-Wärmepumpe die geringsten Gesamtkosten pro Jahr. Die Lebensdauer der Erdwärmesonde beträgt nach ÜZ-Angaben mehr als 50 Jahre. Der Gesetzgeber hat die Fördermöglichkeiten für diese Art der Wärmeversorgung für die Bauherrn verbessert. Für ein Einfamilienhaus besteht Aussicht auf 5000 Euro Förderung.
Das Setzen der Probesonde und die Bestimmung der Leistungsfähigkeit der Erdsonden kosten zusammen 9500 Euro, von denen die ÜZ die Hälfte übernehmen würde. Die Probesonde kann später zur Wärmegewinnung weitergenutzt werden.
„Müssen alle mitmachen?“
Die entscheidende Frage stellte Arnulf Koch (CSU): „Müssen da alle mitmachen, wenn wir dieses System installieren?“ Eine flächendeckende Erschließung wäre im Sinne der Synergie schon wünschenswert, meinte Wolf. Die Hälfte der Kosten sollte die Stadt bereits auf den Grundstückspreis aufschlagen. Wenn nur die Hälfte mitmacht, hätten wahrscheinlich andere Versorger wie zum Beispiel beim Gas, auch kein großes Interesse, Leitungen für nur wenige Anschlüsse zu verlegen.
In Schwebheim ist eine vergleichbare Wärmeversorgung erst seit Weihnachten in Betrieb, deswegen könne man noch keine Erfahrungswerte angeben, so Wolf zu Kochs nächster Frage.
Sollte sich der Stadtrat für die Kaltwärmeversorgung entscheiden, müssten vor einer Vergabe neben dem der ÜZ noch weitere Angebote eingeholt werden, erklärte Verwaltungsleiter Johanes Lang.
Um keine Probleme mit dem Grundwasser zu erzeugen, muss eine solche Anlage erst durch Fachbehörden geprüft und genehmigt werden, erklärte Wolf an die Adresse von Birgid Röder (geo-net).
Die Messung des Verbrauchs durch Smartmeter und der Datenschutz passten nicht so recht zusammen, meinte Günter Iff. Dazu Bernhard Bedenk: „Wir wollen den Smartmeter nicht forcieren. Den bauen wir nur auf Kundenwunsch ein.“
Eigene Versorgung für jedes Haus
Der von der ÜZ errechnete Energiebedarf für ein Haus sei hoch angesetzt, deshalb werde es wohl nicht nötig sein, nachzujustieren, sagte Wolf auf eine Frage von Christian Ach. Der hatte die Sorge, dass die Wärme aus dem Boden nicht ausreichen könnte und Hausbesitzer dann andere Versorgungsmöglichkeiten zuschalten müssten.
Nur wenige Pumpen für das ganze Gebiet statt eine auf jedes Grundstück zu bauen, würde sich die ÜZ aktuell noch nicht zutrauen, erklärte Bernhard Bedenk dem Fragesteller Hubert Zink (Freie Wähler). Zink hatte grundsätzlich Bedenken, dem Bauwerber eine bestimmte Art von Wärmeversorgung vorschreiben zu wollen. Darüber muss der Rat nun entscheiden.