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GEROLZHOFEN
Heimatsuche im Gottesdienst
Heimat hier und dort: Pfarrer Jean-Pierre Barraud (rechts) mit Waldemar Bergmann, Leiter der Christengemeinde Gerolzhofen (links), sowie dem in Schwäbisch-Hall ehrenamtlich tätigen Pastor Peter Ens.
Foto: Matthias Beck | Heimat hier und dort: Pfarrer Jean-Pierre Barraud (rechts) mit Waldemar Bergmann, Leiter der Christengemeinde Gerolzhofen (links), sowie dem in Schwäbisch-Hall ehrenamtlich tätigen Pastor Peter Ens.
Mechthild Buck
Mechtild Buck
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:28 Uhr

Was verbindet man mit dem Begriff Heimat? Mit dieser Frage beschäftigte sich der deutsch-russische Gottesdienst in der Erlöserkirche mit Pfarrer Jean-Pierre Barraud. Unter dem Motto „Heimat hier und dort“ sprachen der in Russland aufgewachsene und nun in Schwäbisch-Hall ehrenamtlich tätige Pastor Peter Ens sowie Waldemar Bergmann, der Leiter der Christengemeinde Gerolzhofen, über ihre Erfahrungen.

„Wir haben hier keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir“, so Barraud in der Einführung. Ob Landschaft, Häuser, der Duft nach Kuchen aus der Küche oder der Klang der Kirchenglocken: Viele Vorstellungen würden sich mit dem Begriff Heimat verbinden. Heimat ihrerseits verbinde sich mit dem, was wir sehen, denken, fühlen riechen und schmecken.

Für die einen sei es laut Barraud ein Grundbedürfnis, eine Heimat zu finden: „Menschen die ihre angestammte Heimat verlassen mussten, tragen in sich Bilder, die jahrzehntelang frisch und lebendig bleiben.“ Für die anderen handle es sich dabei um das Alte, das manchmal bis zum Überdruss Bekannte, das man schleunigst hinter sich lassen müsse. Für Christen stelle sich die Frage, ob sich die Heimat tatsächlich nur im Himmel befinde oder ob man auch Zeit- und Hausgenosse auf diesem von Gott geschaffenen Planeten sei, so der evangelische Pfarrer.

Über eigene Heimaterfahrungen berichtete Peter Ens anhand seiner Lebensgeschichte. Seine Eltern waren Kriegsgefangene in Nordrussland und durften später nicht ausreisen. Deutsch zu sprechen, sei in Russland verboten gewesen. Daher habe er den Umgang mit der deutschen Sprache erst später von seinen Eltern gelernt. „Russisch habe ich ganz normal gelernt, auf der Straße, in der Schule und bei der Arbeit.“

Die Familie reiste später von Nordrussland nach Kasachstan, so Ens weiter. Dort lebten viele vertriebene Deutsche. Es konnten sich christliche Gemeinschaften bilden. 20 Jahre habe er in Kasachstan neben einer Kirche gewohnt und dort als ehrenamtlicher Prediger gewirkt. Er habe eine Sehnsucht nach der deutschen Kultur und den deutschen Liedern verspürt. 1995 kam er nach Deutschland und ist seit 1998 ehrenamtlicher Pastor in Schwäbisch-Hall. Für den Gottesdienst spielte er auf seiner Gitarre und sang russische Lieder, deren Texte die Besucher in Übersetzung per Beamer mitverfolgten.

Waldemar Bergmann berichtete von der Übersiedlung aus Kasachstan: „Als wir nach Deutschland fuhren, hat uns die Reisevorbereitung sehr viel Kraft und Mühe gekostet.“ Einerseits habe es bürokratische Hürden gegeben. Anderseits habe man das, was man in Russland aufgebaut habe, zurücklassen müssen.

Zwei Tage waren er und seine Begleiter mit dem Zug von Kasachstan nach Moskau unterwegs. Als er sich dabei mit Gott auseinandersetzte, sei die Frage aufgekommen, ob er für die zukünftige Heimat auch so viel Kraft und Mühe aufbringen müsse wie für die alte. Bergmann sagte: „Da fing für mich die Suche nach dem Sinn des Lebens an.“ Barraud interpretierte das Bild „Über der ewigen Ruhe“ des im 19. Jahrhundert lebenden russischen Landschaftsmalers Isaak Lewitan. Schließlich lasen Marlene Keilholz und Johannes Neumann das Gedicht „Heimat“ von Arnold Scherner. Menschen, Sprache, Haus, Wälder, Luft, was man liebt, Vergangenheit, Gegenwart oder Sorge: alles kann laut Scherner Heimat bedeuten.

 
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