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GEROLZHOFEN
Heilige nicht einfach nur kopieren
Für einen Rundfunkgottesdienst braucht es einen guten Prediger, gute Kirchenmusik und eine funktionierende Gemeinde – und zwar gleichzeitig. Das sagte Rainer Dvorak, Rundfunkbeauftragter der Diözese Würzburg auf die Frage nach den Kriterien bei der Auswahl der Sendeorte von Radiogottesdiensten. Und: „Pfarrer Stefan Mai macht das mit Ruhe, Kreativität und Originalität.“  Was Dvorak sich wünschte, erfüllten Pfarrer Mai, die Musiker und die Gemeinde im Rundfunkgottesdienst an Allerheiligen, den der Sender Bayern 1 übertrug. In seiner Predigt erwies sich Pfarrer Stefan Mai als guter Zuhörer, als Etymologe und – einen Tag nach dem Reformationsfest –  als Luther-Interpret in einem.  „Wir sind Kopiermenschen.“ Diese Erfahrung macht der Priester bei Vorbereitungsgesprächen zu Hochzeit und Taufe immer wieder. Gewünscht werden oft die gleichen Lieder und die gleichen Texte. In einem Taufgespräch aber war das anders. Da legten Eltern ein Motto für die Taufe ihres Buben vor. „Mein Wunsch an dich, werde, der du ist.“ Auf dieser Basis wurden sich Pfarrer und Eltern schnell einig über den Schrifttext aus der Abrahamsgeschichte, wo Gott dem Abraham ein Wort auf seinen Weg mitgibt. „Wandle vor mir und sei ganz.“  „Ganz“, das führte Mai zum entsprechenden englischen Wort „whole“. Das wiederum steht von der Entstehungsgeschichte (Etymologie) in Verwandtschaft zu „holy (heilig). Die gleiche Sprachwurzel gab dem Prediger zu denken und führte ihn zu den Heiligen. „Heilige sind Menschen, die versucht haben, durch ihren Glauben ihre Persönlichkeit zu entfalten.“  Heilige als Vorbilder zu haben, heiße nicht, sie zu kopieren und es ihnen einfach nachzumachen. Vielmehr heiße es, sich durch ihre Lebensgeschichte animieren zu lassen, zu dem zu werden, „was ich eigentlich bin.“ Trotzdem aber werde der Mensch Fragment bleiben. Mit Friedrich Hebbel ausgedrückt: „Traurig grüßt der, der ich bin, den, der ich sein könnte.“  Und dann noch Luther: „Einem Gläubigen ist nichts schädlicher, als dass er meint, er habe es schon ergriffen, und es sei nicht nötig, es erst zu suchen.“ Vielleicht würden alle Heiligen sich gegenüber Ratsuchenden dem Wunsch der Eltern aus dem Taufgespräch anschließen: „Werde, der du bist.“  Der Geistliche bekannte, wie wohl es ihm getan hatte, dass besagte Eltern ihren Vorschlag nicht aus irgendeiner Vorlage kopierten, sondern sich selbst originelle Gedanken machten. Und am Allerheiligentag sagte Mai zu sich selbst: „Holy bin ich, wenn ich meinem Whole auf der  Spur bleibe.“  Eine  ganz besondere Note erhielt der Rundfunkgottesdienst durch das Spiel von Daniel Ort auf dem Marimbafon. Besonders nahe kam Ort den Zuhörern durch seine Interpretationen zwischen den Fürbitten. Diese von Steffi Lembcke und Ruthard Ott vorgetragenen Fürbitten waren eine moderne Art der Heiligenlitanei. Angerufen wurden die Heiligen der Schlitzohrigkeit wie Philipp Neri oder Don Bosco, der Askese wie Hieronymus oder Franziskus, der Gescheitheit wie Augustinus oder Thomas von Aquin, der Aufmüpfigkeit wie Katharina von Siena oder Theresa von Avila, der sozial Engagierten wie Elisabeth, Vinzenz von Paul und Mutter Teresa sowie die vielen Stillen, die ihren Glauben im Hintergrund gelebt haben.  Bei einem Probelauf bereits am Dienstag war der Gottesdienst bereits bis ins Detail einstudiert worden. Das Schlusslied, drei Strophen aus dem „Großer Gott“, war drei Minuten vor  elf zu Ende. Die Zeit bis zum Nachrichten–Jingle des BR exakt zehn Sekunden vor elf überbrückte dann Kantor Karl-Heinz Sauer an der Orgel mit der Sortie in F-Dur von Louis James Alfred Lefebure-Wely.  Toningenieur Klaus Brand vom BR-Studio Nürnberg sorgte mittlerweile draußen auf dem Marktplatz zusammen mit zwei Mitarbeitern für die Übertragung des Gottesdienstes nach ganz Bayern.  Rainer Dvorak nannte schließlich die Zielsetzung dieser Gottesdienste. Sie sollen vor allem alte und Kranke erreichen, die nicht mehr zur Kirche gehen können. „Feiern Sie kräftig mit. Das ist der beste Dienst, den Sie diesen Menschen leisten können“, forderte Dvorak zu Beginn des Gottesdienstes die Gemeinde auf. Die tat ihm den Gefallen.
Foto: Norbert Finster | Für einen Rundfunkgottesdienst braucht es einen guten Prediger, gute Kirchenmusik und eine funktionierende Gemeinde – und zwar gleichzeitig.
Norbert Finster
Norbert Finster
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:04 Uhr

Für einen Rundfunkgottesdienst braucht es einen guten Prediger, gute Kirchenmusik und eine funktionierende Gemeinde – und zwar gleichzeitig. Das sagte Rainer Dvorak, Rundfunkbeauftragter der Diözese Würzburg auf die Frage nach den Kriterien bei der Auswahl der Sendeorte von Radiogottesdiensten. Und: „Pfarrer Stefan Mai macht das mit Ruhe, Kreativität und Originalität.“

Was Dvorak sich wünschte, erfüllten Pfarrer Mai, die Musiker und die Gemeinde im Rundfunkgottesdienst an Allerheiligen, den der Sender Bayern 1 übertrug. In seiner Predigt erwies sich Pfarrer Stefan Mai als guter Zuhörer, als Etymologe und – einen Tag nach dem Reformationsfest – als Luther-Interpret in einem.

Der Mensch kopiert gerne

„Wir sind Kopiermenschen.“ Diese Erfahrung macht der Priester bei Vorbereitungsgesprächen zu Hochzeit und Taufe immer wieder. Gewünscht werden oft die gleichen Lieder und die gleichen Texte. In einem Taufgespräch aber war das anders. Da legten Eltern ein Motto für die Taufe ihres Buben vor. „Mein Wunsch an dich, werde, der du ist.“

Auf dieser Basis wurden sich Pfarrer und Eltern schnell einig über den Schrifttext aus der Abrahamsgeschichte, wo Gott dem Abraham ein Wort auf seinen Weg mitgibt. „Wandle vor mir und sei ganz.“

„Ganz“, das führte Mai zum entsprechenden englischen Wort „whole“. Das wiederum steht von der Entstehungsgeschichte (Etymologie) in Verwandtschaft zu „holy (heilig). Die gleiche Sprachwurzel gab dem Prediger zu denken und führte ihn zu den Heiligen. „Heilige sind Menschen, die versucht haben, durch ihren Glauben ihre Persönlichkeit zu entfalten.“

Heilige als Vorbilder zu haben, heiße nicht, sie zu kopieren und es ihnen einfach nachzumachen. Vielmehr heiße es, sich durch ihre Lebensgeschichte animieren zu lassen, zu dem zu werden, „was ich eigentlich bin.“

Trotzdem aber werde der Mensch Fragment bleiben. Mit Friedrich Hebbel ausgedrückt: „Traurig grüßt der, der ich bin, den, der ich sein könnte.“

Lutherr: Suche ist nötig

Und dann noch Luther: „Einem Gläubigen ist nichts schädlicher, als dass er meint, er habe es schon ergriffen, und es sei nicht nötig, es erst zu suchen.“ Vielleicht würden alle Heiligen sich gegenüber Ratsuchenden dem Wunsch der Eltern aus dem Taufgespräch anschließen: „Werde, der du bist.“

Der Geistliche bekannte, wie wohl es ihm getan hatte, dass besagte Eltern ihren Vorschlag nicht aus irgendeiner Vorlage kopierten, sondern sich selbst originelle Gedanken machten. Und am Allerheiligentag sagte Mai zu sich selbst: „Holy bin ich, wenn ich meinem Whole auf der Spur bleibe.“

Eine ganz besondere Note erhielt der Rundfunkgottesdienst durch das Spiel von Daniel Ort auf dem Marimbafon. Besonders nahe kam Ort den Zuhörern durch seine Interpretationen zwischen den Fürbitten. Diese von Steffi Lembcke und Ruthard Ott vorgetragenen Fürbitten waren eine moderne Art der Heiligenlitanei.

Angerufen wurden die Heiligen der Schlitzohrigkeit wie Philipp Neri oder Don Bosco, der Askese wie Hieronymus oder Franziskus, der Gescheitheit wie Augustinus oder Thomas von Aquin, der Aufmüpfigkeit wie Katharina von Siena oder Theresa von Avila, der sozial Engagierten wie Elisabeth, Vinzenz von Paul und Mutter Teresa sowie die vielen Stillen, die ihren Glauben im Hintergrund gelebt haben.

Bei einem Probelauf bereits am Dienstag war der Gottesdienst bereits bis ins Detail einstudiert worden. Das Schlusslied, drei Strophen aus dem „Großer Gott“, war drei Minuten vor elf zu Ende. Die Zeit bis zum Nachrichten–Jingle des BR exakt zehn Sekunden vor elf überbrückte dann Kantor Karl-Heinz Sauer an der Orgel mit der Sortie in F-Dur von Louis James Alfred Lefebure-Wely.

Toningenieur Klaus Brand vom BR-Studio Nürnberg sorgte mittlerweile draußen auf dem Marktplatz zusammen mit zwei Mitarbeitern für die Übertragung des Gottesdienstes nach ganz Bayern.

Alte und Kranke sind Zielpublikum

Rainer Dvorak nannte schließlich die Zielsetzung dieser Gottesdienste. Sie sollen vor allem alte und Kranke erreichen, die nicht mehr zur Kirche gehen können. „Feiern Sie kräftig mit. Das ist der beste Dienst, den Sie diesen Menschen leisten können“, forderte Dvorak zu Beginn des Gottesdienstes die Gemeinde auf. Die tat ihm den Gefallen.

Die besondere Note gab Daniel Ort dem Gottesdienst auf dem Marimbafon.
Foto: Norbert Finster | Die besondere Note gab Daniel Ort dem Gottesdienst auf dem Marimbafon.
Beim Radiogottesdienst an Allerheiligen war Pfarrer Stefan Mai Zelebrant und Prediger.
Foto: Norbert Finster | Beim Radiogottesdienst an Allerheiligen war Pfarrer Stefan Mai Zelebrant und Prediger.
 
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