Sie sind wieder da. Nach mehr als zwanzig Jahren kehrt die "Compagnia d‘Opera Italiana‘ di Milano" mit einer großen italienischen Opern-Gala nach Schweinfurt zurück. In den 70er-Jahren wurde das Ensemble vom ersten Schweinfurter Theater-Intendanten Günther Fuhrmann entdeckt und dann jährlich Saison für Saison zu einem der Höhepunkte im Gemischten Abo-Programm. Fast schon legendär wurden die Sonntags-Matineen, veranstaltet zu wohltätigen Zwecken von den Mitgliedern des Zonta Clubs Schweinfurt-Bad Kissingen, die nicht nur ausverkauft waren, sondern für die auch Warte-Listen ausgelegt werden mussten.
Wieder entdeckt, nun vom Schweinfurter Intendanten Christof Wahlefeld, gab es bei der ersten Gala nach Jahrzehnten zwar noch 50 Restkarten. Dafür kann aber jedem, der den Abend verpasst hat, in das Stammbuch geschrieben werden, dass er den absoluten Höhepunkt der laufenden Saison verpasst hat. Wahlefeld, nunmehr seit mehr als zwei Jahren im Amt, hat der Ersatzspielstätte Theater Gemeindehaus nach der ersten, holprigen Anlaufphase mittlerweile seinen eigenen, erfolgreichen Stempel aufgedrückt und das Haus weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht.
Projekte wie die "Rocky Horror Show", das "Ukulele Orchestra of Great Britain" oder der "Erste Schweinfurter Theaterball", der es zu Weihnachten bundesweit in die Live-José-Carreras-Sendung des MDR schaffte, wurden zu begeistert aufgenommenen Vorstellungen. Nur, einen solch lautstark umjubelten Abend mit Getrampel, Geheul und stehenden Ovationen wie bei der Rückkehr der "Compagnia", mit einer einzig allein auf Schweinfurt zugeschnittenen "Italienischen Operngala", hat es bislang in der Ersatzspielstätte noch nicht gegeben.
Engagiert aufspielendes Orchester
Der Abend hat für lange Zeit Maßstäbe gesetzt, die erst einmal getoppt werden wollen. Warum? Die Hintergrund-Analyse und Kritik sind einfach. Nimm sieben junge, aber international versierte Solisten von den berühmtesten Opernhäusern Italiens. Dazu ein engagiert und inspiriert aufspielendes Orchester ("Orchestra di Cortona") und ein Dirigenten (Alvaro Lozano), der so unter Strom steht, dass er nicht nur mit kräftig, sonorer Tenorstimme beim Trinklied aus Verdis "La Traviata" mitsingt, sondern auch (erfolgreich) das Publikum animiert.
Die hohe Qualität des nur 15 Personen umfassenden Orchesters wurde bereits bei Rossinis Ouvertüre zum "Barbier von Sevilla" hörbar. Das war nicht nur mitreißend "a la Italiana" musiziert, sondern klangschön und intonationssicher. Bei der Blumenarie aus Bizets "Carmen" füllte Tenor Vladimir Reutov die problematische Akustik des Gemeindehauses mühelos, wie bei der Arie des Cavaradossi "E lucevan le stelle" aus Puccinis "Tosca". Pures Vergnügen, ihm zuzuhören.
Die erste Überraschung dann bei der großen Chorszene, dem "Te Deum" aus Puccinis "Tosca". Der Chor hatte sich in den letzten Reihen des Sperrsitzes "versteckt", um dann aus dem Publikum heraus den Bariton Richard Crampton (mit Durchschlagskraft, aber bisschen rauhkehlig) stimmgewaltig "a-capella" zu unterstützen. Zum Abschluss des ersten Teils das Trinklied aus Verdis "Traviata", mit allen Solisten, Chor und einem singenden Dirigenten – einfach nur mitreißend. Und überraschend.
Publikum singt lauthals mit
Dass es dabei Alvaro Lozano am Pult gelingt, das normalerweise etwas spröde Schweinfurter Klassik-Publikum lauthals zum Mitsingen zu bewegen, hat schon Alleinstellungsmerkmal (und es sollte nicht zum letzten Mal an diesem Abend sein). Alleinstellungsmerkmal und die vielleicht schönste Stimme des Abends der wundervoll lyrische Sopran von Francesca Bruni (Arie der Michaela aus Bizets "Carmen", zweiter Akt und "O mio babbino caro" aus Puccinis "Gianni Schicchi"), perfekter Lagenwechsel, aus der Mitte in die Höhe, ohne jegliche Schärfe. Ovationen – vollkommen zu Recht.
Zum Abschluss das Quartett "Bella figlia dell' amore" aus Verdis "Rigoletto" (Eva Macaggi, Sopran, Allesandra Masini, Mezzosopran, Ricardo Crampton, Bariton, und Rocco Sharkey, Tenor), genau in der Abstimmung der vier unterschiedlichen Stimmen, einfach klangschön. Lautstarke Bravos im ganzen Haus, stehende Ovationen eines Publikums, das sich gemeinsam wie ein Mann erhob und Di Capuas "O sole mio" mit dem gesamten Ensemble als Zugabe. Und – wieder wird vom Schweinfurter Publikum lauthals mitgesungen.
Man feiert einen außerordentlichen Abend mit Emotionen, die einfach heraus müssen. Ein Professor hat einmal im Grundstudium Musikwissenschaft gesagt: "Es gibt die seltenen Abende, da kommen Sie von der Musik besoffen nach Hause." Die "Compagnia" ist nach zwei Jahrzehnten zurück. Um Himmels willen – lasst uns solche Abende beibehalten und gemeinsam feiern.