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SCHWEINFURT
Hausverwalter griff in die Kassen der Wohnungseigentümer
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:14 Uhr

Normalerweise geht einer, der 450 000 Euro veruntreut hat, unweigerlich ins Gefängnis. Diese Schadenshöhe hat der 53-jährige Verwalter von elf Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) von 2007 bis 2011 auf deren Konten verursacht.

Dass er trotzdem noch mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe davonkam, hat er dem Umstand zu danken, dass ihm das Schweinfurter Schöffengericht zutraut, den heute noch offenen Schaden von 190 000 Euro auch noch gutzumachen. Der Staatsanwalt hatte drei Jahre beantragt. Eine Aussetzung zur Bewährung wäre da nicht mehr möglich.

Drei Gründe hat der umfassend geständige Angeklagte angegeben, die ihn zum Griff in die Kassen der elf WEGs veranlasst haben. Erstens: Nach der Trennung von seiner Frau habe er eine Steuerrückzahlung über 28 000 Euro schultern müssen. Zweitens habe er einem Bekannten helfen wollen, sein Bauprojekt zu Ende zu bringen. Drittens habe er auch Geld benötigt, um eine bekannte Schweinfurter Gewerbeimmobilie zu sanieren, an der er beteiligt ist, und deren Renovierung viel teurer als geplant geworden sei.

Mit dem Geld Löcher gestopft

In 63 Fällen veranlasste der Mann also Barauszahlungen oder Überweisungen von den Konten der WEGs in Bad Kissingen, Schweinfurt und dem Raum Haßberge: Beträge zwischen 1000 und 31 000 Euro. Überweisungen landeten auf seinen Privatkonten, dem seines Gewerbeobjektes oder auf Konten anderer WEGs, um dort Löcher zu stopfen, die er selbst vorher gerissen hatte. Eine Überweisung ging auch an die Firma „Schauinsland“ – einen Reiseveranstalter. Für seinen privaten Lebenswandel waren manche Barabhebungen, nicht wenige davon im fünfstelligen Bereich, nämlich auch bestimmt.

Besonders schlecht konnte der Staatsanwalt nachvollziehen, warum der Angeklagte, der selbst genügend Finanzprobleme hatte, auch noch dem Bekannten insgesamt 180 000 Euro aus den WEG-Konten zugeschanzt hatte, obwohl dieser die angeblich nur kurzfristig benötigten Beträge nie zurückgezahlt, sondern ihn um immer mehr Geld angepumpt habe. Er sei dumm gewesen, habe ihm vertraut, sagte der 53-Jährige. Der Kumpel habe ihm gedroht, er werde gar kein Geld mehr sehen, wenn er nicht noch mehr zur Fertigstellung des Hausbaus bekomme.

Ziemlich am Ende des Prozesses kam heraus, dass sich der Angeklagte in dem nach wie vor unvollendeten Bauwerk des Kumpels notariell zwei Eigentumswohnungen gesichert hat. „Sonst hätte ich ja gar keinen Gegenwert gehabt“, sagte er. Wie er die abgezogenen Gelder an die WEGs zurücküberweisen wollte, sobald er selbst zu Geld kommt, obwohl er gar keinen Überblick mehr hatte – das konnte der 53-Jährige nicht plausibel erklären.

Erstaunlich ist, wie lange das Treiben des Hausverwalters gut ging. Nur eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Bad Kissingen – eine von elf – bemerkte nach Jahren Ungereimtheiten und erstattete Anzeige. Dann nahmen die polizeilichen Ermittlungen ihren Lauf und führten dazu, dass das ganze Ausmaß des Schadens entdeckt wurde.

Der Staatsanwalt sah trotz des Geständnisses des Angeklagten und der Tatsache, dass er nicht vorbestraft ist, angesichts der hohen Schadenssumme keine Möglichkeit mehr für eine Haftstrafe im bewährungsfähigen Bereich. Er forderte drei Jahre. Der Verteidiger sah nicht hohe kriminelle Energie seines Mandanten, sondern die pure Verzweiflung als Motiv für die Untreue-Taten, die er nicht kleinreden wollte.

Aber: Über die Hälfte des Schadens habe er von 2011 bis jetzt schon gutgemacht. Er sei kein Sozialfall, sondern Miteigentümer einer der größten Schweinfurter Gewerbeimmobilien, deren Darlehen bedient würden und aus der Einnahmen flössen. „Der Angeklagte ist kein Sozialfall, er kann weiter Schadenswiedergutmachung leisten. Wenn er zwei Jahre die JVA Würzburg besucht, wird er seine Immobilie verlieren und ein Sozialfall sein“, so der Verteidiger, dann gingen alle Gläubiger leer aus. Diesem Argument folgte das Gericht, als es auf zwei Jahre mit Bewährung geurteilt hat. Unter dem Aspekt von Schuld und Sühne sei das Urteil eigentlich zu milde und müsste in dem Bereich liegen, den der Staatsanwalt genannt hat. Auf der anderen Seite hofften viele Geschädigte auf Rückzahlung. „Letztendlich sind wir aus Gläubigersicht zu diesem Urteil gekommen“, so der Vorsitzende. Die Bewährungszeit beträgt fünf Jahre, und der 53-Jährige muss monatlich (mindestens) 2000 Euro Wiedergutmachung leisten.

Gegen das Urteil sind Rechtsmittel möglich. Der Anwalt des Immobilieneigners will keine einlegen.

 
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